Popkultur

Was würde passieren, wenn ein Bär Kokain frisst?

Der Film 'Cocaine Bear' soll auf einer wahren Geschichte beruhen. Wir haben einen Wildtierexperten gefragt, wie realistisch das ist.
Ein Bär im Schnee, in dem neuen Film Cocaine Bear geht ein zugekokster Bär auf Menschenjagd, wir haben einen Experten dazu gefragt.
Ein Grizzly im Schnee, wahrscheinlich nüchtern | Foto: Mark Newman / Getty Images

Was würde passieren, wenn ein Bär ein Kilo Koks verhaften würde? Würde er dich stundenlang volllabern? Oder sich drei Signature Moves ausdenken und eine Influencer-Karriere einschlagen?

Zugegeben, diese Frage haben wir uns bis vor Kurzem auch noch nie gestellt. Aber dann erschien letzten Donnerstag der Trailer für Cocaine Bear. Die Story des Films basiert auf der wahren Geschichte eines rund 80 Kilo schweren Schwarzbären, der sich 1985 über Plastikcontainer voller Koks hermachte, die ein Schmuggler aus einem Flugzeug über dem Wald abgeworfen hatte. In dem Thriller von Elizabeth Banks, der im Februar 2023 ins Kino kommt, verwandelt sich das Tier durch das weiße Pulver in eine zugedröhnte Killermaschine. 

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Der Trailer beginnt mit einem Rettungswagen, der vor einer unscheinbaren Holzhütte hält. Als die arglosen Sanitäter eintreten, sehen sie einen Ort des Schreckens. Eine Leiche blockiert die Eingangstür, das Haus ist verwüstet, an den Wänden klebt Blut. Als einer von ihnen eine weitere Tür öffnet, taucht aus dem Dunkeln ein riesiger schwarzer Bär auf mit blutverschmierter Schnauze.

Der Koksbär.

Im weiteren Verlauf des Trailers sehen wir den angefixten Bären beim Menschenjagen, Menschentöten und auf der Suche nach mehr Koks.

Was unerwähnt bleibt: Der echte Bär ist damals an einer Hirnblutung und Nierenversagen gestorben und steht heute ausgestopft in einem Geschäft in Kentucky. Aber ist das zwangsläufig das Schicksal jedes Bären, der Koks probiert? Wäre das Szenario der aufgeputschten Killermaschine nicht doch rein theoretisch möglich? Um diese sehr wichtige Frage ein für alle Mal zu klären, haben wir mit dem Wildtierarzt Romain Pizzi gesprochen. Pizzi ist Vizepräsident der British Veterinary Zoological Society und hat jahrelang mit verschiedensten Bärenarten gearbeitet.


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VICE: Was hältst du von dem Cocaine Bear-Trailer?
Romain Pizzi:
Fast alle Verhaltensweisen, die wir darin sehen, sind vollkommen unrealistisch. Selbst wenn ein Bär Kokain gefressen hätte, wäre es unwahrscheinlich, dass er so reagiert. Die Behauptung, dass der Film auf einer wahren Begebenheit beruht, finde ich auch sehr unehrlich. Das ist ungefähr so, als wäre jemand von einem Dach gefallen und gestorben, und dann würde jemand einen Spider Man-Film machen und behaupten, er würde auf einer wahren Begebenheit beruhen. 

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Die große Analogie hier ist Der weiße Hai. Der Film hat Haien jahrzehntelang sehr geschadet, weil Menschen sie nur noch als diese schrecklichen Killer sahen. Das hier ist das gleiche. In Wahrheit haben Bären Angst vor Menschen.

Würde ein Bär überhaupt süchtig nach Koks werden, wie der Film suggeriert?
Wir wissen nicht, welchen Geruch das Kokain hatte oder was ihn darauf neugierig gemacht hat. Es ist nicht so, als hätte ein Bär ein angeborenes Bedürfnis danach. Es ist auch extrem unwahrscheinlich, dass ein Bär, der zuvor noch nie mit der Droge in Kontakt gekommen ist, plötzlich extrem süchtig danach wird. Selbst wenn er ein bisschen was genommen hätte, würde er nicht so schnell eine Sucht entwickeln. Das ganze Konzept scheint mir einfach fundamental falsch zu sein.

Würde ein Bär denn aggressiv werden, wenn er eine große Menge Kokain frisst?
Wenn wir Bären testen müssen, benutzen wir dafür Medikamente, auch Betäubungsmittel aus der Familie der Dissoziativa und sehr starke Opioide wie Fentanyl. Das ist etwa tausendmal so stark wie Morphium. Wenn ein Bär eine Dosis bekommt, die ihn nicht vollkommen betäubt, kriegt er, wenn überhaupt, mehr Angst. 

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Bären große Furcht vor Menschen haben –, auch wenn sie sich in Nordamerika an eine gewisse Nähe zu ihnen gewöhnt haben. In Skandinavien hat man in Langzeitstudien den Cortisolspiegel von Bären gemessen. Cortisol ist ein Stresshormon. Je näher die Tiere an Menschen lebten, desto höher waren ihre Stresswerte.

Könnte ein zugekokster Bär denn Menschen angreifen?
Bären greifen Menschen an, aber es ist nicht so wie in dem Film. Sie machen es, wenn sie Angst haben, wenn es eine Mutter mit ihren Jungen ist und sie in eine Ecke getrieben sind oder getrennt werden. Im Trailer wird der Bär als "Apex Predator" bezeichnet, also als Raubtier, das an der Spitze der Nahrungspyramide steht. Aber noch nicht mal das stimmt. Ein Großteil ihrer Nahrung besteht nicht mal aus Tieren. Sie essen alles von Motten über Beeren bis hin zu Lachs.

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