Andreas Gabalier spielte am vergangenen Wochenende in der Wiener Stadthalle. Über 14.000 Besucherinnen und Besucher schunkelten und johlten zum Tourabschluss in ihrer bester Lodentracht zu “Hulapalu” und “I Sing A Liad Für Di” und tauchten gemeinsam mit ihrem “Andee” für zweieinhalb Stunden in die “kleine, steile, heile Welt” des selbsternannten “Volks-Rock’n’-Rollers” ab.
Wie die Tageszeitung Kurier am 15.12. berichtete, fiel Gabalier während des Konzerts aber nicht nur mit seinen eng anliegenden Lederhosen und der überdrehten Rausch-Musik auf, sondern beglückte seine Fans zusätzlich mit angeblichen Fakten zu zwei österreichischen Medienhäusern, die in der Vergangenheit kritisch über ihn berichtet hatten.
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Gabalier bezeichnete die Zeitungen Der Standard und Falter als “Standort” und “Flater”, behauptete, dass deren Chefredakteure am 24.12. “nichts zu tun” hätten, weil sie sich nicht um Traditionen scheren würden und meinte, dass deren Journalisten “undercover” auf seinem Konzert wären.
Zeit also, die Aussagen von Andreas Gabalier einem Fakten-Check zu unterziehen:
Gabalier dichtete die Tageszeitung Der Standard und die Wochenzeitung Falter in “Standort” und “Flater” um.
Nur um nochmal sicher zu gehen: Es gibt weder eine Tageszeitung namens “Standort”, noch eine namens “Flater”. Nur Standard und Falter, die gibt’s.
Ein Standort gibt üblicherweise eine Position an – die geographische zum Beispiel, oder aber auch die politische. Politisch scheint sich Gabalier in einer Zeit wohlzufühlen, als es Der Standard noch nicht mal gab. Der Steirerbub dreht die Uhr zwischen seinen Liedern über “Schnackseln”, “Schnitzel” und “Scheitelknien” lieber in die 1950er-Jahre zurück.
Oder wenn er wie im Jahr 2014 die österreichische Bundeshymne mit dem alten Text und ohne den “Töchtern” herunterträllert – selbstverständlich nur, weil er vor Frauen “den allergrößten Respekt” habe.
Oder aber wenn er sich zur Rolle der Frau äußert. Seine sei ein “tapferes Mädel” und bleibe “als Mutter natürlich zu Hause”.
Oder um es in den Worten von Gabalier zu sagen: “Man hat es nicht leicht auf dieser Welt, wenn man als Manderl noch auf Weiberl steht”.
Übrigens: Was ein “Flater” sein soll, können wir euch leider nicht beantworten. Es könnte so etwas wie die österreichische Version von Trumps “cofefe” sein, klingt aber auch ein wenig nach der unkontrollierten Spannung des Schließmuskels – und heißt im Niederländischen “Dummheit”.
Die Redakteure von “Standort” und “Flater” seien laut Gabalier “undercover in der Halle” gewesen, um “verheerende Geschichten über ihn zu schreiben”.
Kulturredakteur Gerhard Stöger gibt auf unsere Anfrage an, dass weder er noch andere Redakteure aus der Redaktion des Falters das Konzert besucht haben. Auch Journalist Karl Fluch (Der Standard) war am Samstag nicht in der Wiener Stadthalle. Noisey gegenüber schreibt er: “Die Wehleidigkeit, die dieser Unterstellung zugrunde liegt, sagt einiges über ihren Erfinder aus und fügt sich ganz gut ins Gesamtbild, das ich bisher von Andreas Gabalier gewinnen konnte – wobei das Wort ‘Gewinn’ hier ein wenig verwegen Einsatz findet.”
Wie Gabalier trotzdem auf die Idee kommt, dass Journalistinnen und Journalisten “undercover” auf seine Konzerte schleichen, wissen wir leider nicht. Der Veranstalter LS Konzerte wollte Noisey auf Nachfrage jedenfalls keine offiziellen Zahlen zu Presseakkreditierungen zukommen lassen.
Journalistinnen und Journalisten lassen sich oft für eine Veranstaltung akkreditieren, wenn sie darüber berichten wollen. Tickets kosten Geld, im Falle von Gabalier sogar recht viel. Also wird per Mail oder Telefon angefragt und dann gibt es eine Ab- oder Zusage vom Labelmitarbeiterinnen, Veranstaltern oder Promoterinnen. Undercover sieht anders aus.
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“Standort” und “Flater” bekommen Presseförderung in Millionenhöhe, um diesen Quargl abzudrucken.”
Standard und Falter bekämen “Presseförderung in Millionenhöhe”, hat Gabalier am Samstag der Menge gegröhlt. Blöd nur, dass das nicht ganz stimmt.
Die Presseförderung setzt sich in Österreich aus einer Vertriebsförderung, einer Förderung zur regionalen Vielfalt und einer Qualitätsförderung zusammen. Die Kommunikationsbehörde Austria veröffentlicht jedes Jahr die Summen, mit denen die unterschiedlichen Medien gefördert werden. Der Standard erhielt 2018 insgesamt 1.194.733 Millionen Euro – eine Summe, die seit Jahren stagniert und gut ein Achtel der absoluten Förderung ausmacht. Trotzdem hat Gabalier soweit recht, wenn er von einer “Millionenhöhe” spricht.
Allerdings bekommt der Falter vergleichsweise wenig Presseförderung. 83.764 Euro standen der Wochenzeitung im Jahr 2018 zu. Da fehlen also noch zwei ganze Stellen vor dem Komma. Es ist natürlich trotzdem kompletter Quatsch zu behaupten, dass diese Zeitungen allein dafür gefördert werden, um den armen Gabalier runterzumachen.
Gabalier unterstellt den Chefredakteuren von Falter (Florian Klenk) und Der Standard (Martin Kotynek), dass Traditionen und christliche Feste “nichts für sie” wären und beide am 24.12. “nichts zu tun” hätten.
Leider wissen wir auch nicht, was die beiden an Weihnachten treiben. Aber mal im Ernst: Wer sich zur besinnlichen Jahreszeit einen Tannenbaum ins Wohnzimmer stellen will, der soll das tun. Wer ihn mit Kerzen schmückt und im dämmrigen Schein besinnliche Lieder singt, der soll das tun. Wer sich Zeit für Freunde und Familie nimmt, der soll das natürlich auch tun. Aber von christlichen Traditionen zu faseln, und gleichzeitig wie ein eingeschnapptes Kind unchristlich auszuteilen, weil man den 120-Zoll-Flachbildfernseher doch nicht bekommen hat? Das ist einfach eine ziemliche Oarsch-Aktion.
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