Am 20. Juni lockte auch in Zürich wieder die Pride, wo ich schon letztes Jahr als Halb-Hete abgestempelt und dennoch eingebunden wurde. Auch dieses Jahr wurde ich wieder in diese Schublade gesteckt, allerdings nicht so benannt. Eine Gruppe älterer Frauen lud mich zu ihrem Lesben-Stammtisch ein und reagierte irritiert, als ich ihnen erklärte, dass ich es mir noch überlege. Mein schwuler Begleiter schnappte mir daraufhin den Flyer aus der Hand. Mit wissender Miene stiess mich das Mädel in die Rippen und meinte: „Wirst schon noch ganz auf den Geschmack kommen. Kommst halt mal vorbei.” Dann zwinkerte sie mir zu und ging weiter.
Ich bezeichne mich selber als Mensch mit bisexuellen Tendenzen. Trotzdem gehöre ich nicht ganz dazu, bin keiner von „ihnen”, aber voller Liebe für sie. Ich fühle mich mitten im farbigen Umzug jeweils pudelwohl. Nicht nur aus Solidarität, sondern auch, weil mich die allgegenwärtige und offen gelebte Liebe unglaublich berührt. So auch letzten Samstag.
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Während ich hinter einer Gruppe Gay-Fussballer herlief, fiel mein Blick auf zwei Jungs—sie waren vielleicht 14 Jahre alt—die sich gemeinsam in eine Regenbogenfahne eingewickelt hatten. Ein Knoten vor der Brust machte sie unzertrennlich. Sie hielten ihre Hände wie zwei Kinder, die den Mut gefasst hatten, der ganzen Welt die Stirn zu bieten. Wenn die Parade stoppte, versanken sie jeweils in innigen Umarmungen, als ob die Welt um sie herum verglüht wäre.
Neben erstaunlich vielen Teenagern war auch eine ganze Bimmelbahn voller Kinder vor Ort, Rainbow-Kids, die in ihren „Zugabteilen” eine grosse Party feierten und nach Mama und Mama oder dem Sperma-Papa (Das vielleicht vierjährige Kind rief wirklich „Sperma-Papa”!) brüllten. Ein mit Make-up grundierter Transvestit küsste mich auf die Wange, nachdem ich für ein Foto vor ihr in die Knie gegangen war. Eine Schicht Make-Up blieb an meinem Gesicht kleben.
In Russland wäre die Gay Pride nicht so friedlich verlaufen
Besonders freute ich mich auch über das BDP-Kondom, das mir eine etwas verklemmte, ältere BDP-Politikerin in die Hand drückte und über das darauf gedruckte, nicht allzu kreative Propaganda-Sätzchen: Das nächste Mal hast du EINE Wahl. Der Helden-Wagen stellte die anderen Umzugs-Wagen musikalisch in den Schatten und überzeugte mit ravigem Techno. Ich sollte mittwochs mal wieder im Provitreff vorbeischauen. Nach Umzugs-Ende fuhr ich mit Gay-Sticker beklebt und einem breiten Grinsen nach Hause und staubte noch zwei Free-Hugs von unglaublich netten Menschen ab.
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