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Auf nächtlichem Honigraubzug in Burkina Faso

Wir gingen immer in der Nacht auf Honigjagd. Die Bienenzüchter von Zogore, einem kleinen Dorf im Norden von Burkina Faso, wussten, dass man den Bienenstöcken am Tag lieber nicht zu nahe kommen sollte. Die afrikanischen Honigbienen sind viel aggressiver als ihre europäischen Cousins. Wenn du sie einmal verärgerst, lässt das so schnell nicht nach und sie verfolgen Eindringlinge über eine Strecke von bis zu einem Kilometer. Sie sind für das „Killer” im Namen der südamerikanischen Bienenkreuzung verantwortlich, die aus dem Labor entkamen und sich im Südwesten Amerikas ausbreiteten. Um also das friedliche westafrikanische Dorf nicht in Aufruhr zu versetzen, warteten wir, bis es dunkel wurde. In der Nacht würden die Bienen einen Angriff auf ihre Waben widerstandsloser zulassen.

Aus irgendeinem Grund war es immer bewölkt, wenn wir mitten in der Nacht auf winzigen Pfaden kilometerweit mit dem Fahrrad durch den Busch fuhren und uns zwischen Gebüsch und Steine durchschlängelten. Die Wolken verdeckten den Mond und die Sterne und die Sicht war demnach gleich null. Mein Guide, Alexandre, bestand darauf, keine Lichter zu verwenden, damit er besser im Dunkeln sehen könne. Ich hatte Schwierigkeiten, dem entferntesten Schein seines Schutzbleches zu folgen. Wenn ich zurückfiel, auch nur einen Meter, musste ich gegen meine Intuition blind in die Pedale treten, ansonsten riskierte ich, ihn in den Tiefen der Nacht zu verlieren.

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Traditionelle Bienenstöcke werden aufgeschnitten. Fotos von David Noyes.

Als wir in der kleinen Lichtung mitten im Busch ankamen, waren die anderen Bienenzüchter, Abdulaye und Moumouni, bereits vor Ort. In der Lichtung befanden sich auf Podesten zwei hölzerne Bienenstöcke, die Abdulaye mit seiner Taschenlampe anleuchtete. Ein paar Bienen schwirrten immer noch vor den Eingängen herum. Ein entferntes Summen war aus dem Inneren zu hören. Die Ruhe sollte aber nicht lange anhalten.

Wir füllten einen Smoker aus Metall mit einem glimmenden Haufen Eukalyptusblätter und pumpten ein bisschen Luft hinein, sodass am anderen Ende aromatische Rauchschwaden herauskamen. Es gab nur zwei Imkeranzüge. Alexandre und ich zogen also die dicken Tuniken, die Netzmasken und die Handschuhe an, während die anderen einen Sicherheitsabstand einhielten. Wir hatten nur ein paar Schutzschuhe, also stopfte ich einfach die Hosenbeine, so gut es ging, in meine Schuhe.

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Dann wird der Bienenstock mit glimmenden Eukalyptusblättern ausgeräuchert.

Die Anzüge, die Smoker und die maschinell hergestellten Bienenstöcke aus Holz sind relativ neu im Bestand der technologischen Hilfsmittel der westafrikanischen Imker. Traditionell bauten die Leute die Bienenstöcke selbst aus Materialien, die natürlich vorkamen wie Gras, Schilf, Holzscheiter und Schlamm. Die beliebteste Methode in Zogore war, eine zylindrische Struktur mit trockenen Gräsern zu bauen, diese mit Schlamm zu umsäumen und über einem Feuer zu trocknen. Das Feuer wurde mit geheimen Kräutern angeheizt, um den Bienenstöcken einen Geruch zu verleihen, der die Schwärme anziehen soll. Als es Zeit war, den Honig zu ernten, setzten die Bienenzüchter den Bienenstock in Brand und töteten oder verscheuchten so die Bienen.

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Bienen sammeln sich am Rand eines modernen Bienenstocks an.

Obwohl diese Methode effektiv ist, ist sie nicht ideal, weil die Imker dadurch wieder von vorne anfangen müssen. Außerdem kann das Feuer den Honig verbrennen und somit den Geschmack beeinträchtigen. Mit moderner Ausrüstung lassen sich manche dieser Probleme lösen, aber leider ist sie meist viel zu teuer für Imker, die in einem der ärmsten Länder der Welt arbeiten. Einige der Jungs aus Zogore haben es jedoch geschafft, eine Förderung für die Ausrüstung und Ausbildung zu bekommen.

Die modernen Bienenstöcke lassen sich oben öffnen und so können die Imker die Holzrahmen mit den Waben einzeln herausnehmen. Dann werden die mit Honig gefüllten Waben herausgeschnitten, während die restlichen Waben mit Eiern und Larven unbeschädigt bleiben. Mit dem Smoker werden die Bienen beruhigt, was sowohl bei den modernen als auch bei den traditionellen Bienenstöcken funktioniert. Bei den modernen können die Jungs das Bienenvolk aber am Leben lassen, anstatt sie anzuzünden. Die Funktion der Anzüge ist selbsterklärend, obwohl manche Bienenzüchter auch mal darauf verzichten. Abdulaye verkündete, er habe keine Angst vor den Bienen und zog sogar sein Hemd aus, weil ihm an diesem lauen Abend zu warm war.

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Die kostbaren Honigwaben in einem traditionellen Bienenstock.

Alexandre und ich näherten uns dem ersten Bienenstock. Ich pumpte den Eingang mit Rauch voll, während er die Abdeckung oben abnahm, um sich die Waben anzusehen. Sofort strömten zahlreiche Bienen heraus und befielen unsere Anzüge. Der Rauch ist zu einem gewissen Maße effektiv—ein immer größer werdender Haufen Bienen versammelte sich am Rand des Bienenstocks und saß einfach wie versteinert da—aber viele hunderte waren immer noch ziemlich aufgebracht. Das Summen wurde immer lauter, als sie über meine Maske krabbelten, nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt.

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Nicht alle Bienen ließen sich vom Rauch beirren.

„Pump weiter”, sagte Alexandre. „Sie sind heute aggressiv.” Und plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Handgelenk. Ich wurde gestochen—aber wie? Ich blickte nach unten und sah, wie mehrere Bienen durch ein Loch in meinem Handschuh in meinen Anzug gelangen. Drei oder vier weitere stachen mich. Und dann stach mich eine am Fuß—die Biene hatte den Weg in meinen Schuh gefunden. Ich spürte wie eine weitere um meinen Knöchel kroch, aber war mir nicht sicher, ob sie mich schon gestochen hatte oder kurz davor war. Meine Instinkte sagten mir, ich solle mir die Schutzkleidung vom Leib reißen und wie wild um mich schlagen, aber aus offensichtlichen Gründen war das keine Option. Ich konnte nichts tun, außer still stehen und weiterhin mit dem Smoker Rauch in den Bienenstock pumpen. Ich erlitt noch fünf oder sechs weitere Stiche in meine Hand und meinen Fuß, bevor Alexandre endlich den Honig aus der zweiten Wabe entnommen hatte. Die meisten Bienen waren mittlerweile durch den Rauch ziemlich benommen. Wir bewegten uns von den Bienenstöcken weg und fegten uns gegenseitig mit einem Stöckchen die übrigen Insekten von unseren Anzügen, bevor wir die Schutzkleidung ablegten. Ich schüttelte tote und verendende Bienen aus meinem Handschuh und meinem Schuh.

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Die Waben wurden erfolgreich entnommen.

Als Belohnung für unsere Mühen hatten wir zumindest einige Waben voll von köstlichem, dunklem Honig erbeutet, den wir auch sofort probierten. Wir kauten das Wachs und saugten den Honig heraus, bevor wir die Überreste wieder ausspuckten. Es war überraschend süß und meine Zähne schmerzten davon.

Die Bienenzucht ist ein kleiner, aber wichtiger Teil der ländlichen Wirtschaft in Burkina Faso. Die Bienen befruchten die Bäume, die Leute essen die Früchte und den Honig. Diese Nahrungsmittel liefern den Leuten der Region, die sich ansonsten fast ausschließlich von Hirse und Saucen aus Blättern ernähren, kostbare Antioxidantien. Das Bienengewerbe ist zwar nicht annähernd groß genug, um Honig zu einem festen Bestandteil der Ernährung der Leute zu machen, aber wenigstens ist es hin und wieder eine leckere Gaumenfreude.

Aber alles hat seinen Preis. Nach diesem verhängnisvollen Trip schwollen mein Handgelenk und mein Knöchel extrem an und ich hinkte ein paar Tage lang. Ich kann aber den Bienen keinen Vorwurf machen, wenn ich daran denke, wie tapfer sie ihre Zuhause vor den Dieben beschützt hatten.