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Berliner Taxifahrer erleben gestörte Sachen

Ich hab mich mit ein paar Taxifahrern unterhalten und dabei seltsame Geschichten gehört: Bodybuilder-Nazis, die dank Fitness-Tipps nett zu Ausländern werden, Estländer, die furzen, und Frauen, die ihre Ehemänner im Puff suchen.

Fotos: Benedikt Bentler

Ich fahre nicht gerne Taxi. Vielleicht habe ich Taxi und Taxi Driver zu oft gesehen, aber ich stelle mir Taxifahrer immer als rasende Psychopathen vor, die immer einen Umweg fahren. Andererseits ist das nächtliche Ein- und Ausladen von Betrunkenen sicherlich auch kein Picknick. Höchstwahrscheinlich bin auch ich einigen Fahrern schon auf die Nüsse gegangen, weswegen sie den Umweg fahren, um mir eins auszuwischen.

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Weil in diesem Teufelskreis auf allen Seiten Gefühle verletzt wurden, beschloss ich, zum Taxistand am Berliner Hauptbahnhof zu gehen und mich (vor allem nüchtern!) mit den Taxifahrern zu unterhalten. Und siehe da, die Meisten waren sehr nette und erstaunlich schüchterne Zeitgenossen, die keinen Groll gegen mich Stellvertreterschnapsleiche hegten. Zum Abschied erzählten mir einige auch noch ihre kuriosesten Taxigeschichten.

Ein Ausländer und vier Nazis

Ich bin Ausländer, und bei mir sind einmal vier Nazis eingestiegen. Ich sollte die vom Prenzlauer Berg nach Pankow fahren. Die haben mich während der Fahrt immer schon so angekuckt. Du weißt schon, bärtig, dies, das. Der neben mir holte sein Handy raus, und da waren die üblichen Kreuze zu sehen. Jemand rief ihn an, und er musste einen Straßennamen buchstabieren. Da fing er an mit ‚H‘ wie ‚Himmler‘ und so weiter. Wir unterhielten uns während der Fahrt. Das waren außerdem so 100-Kilo-Brocken, die Bodybuilding gemacht haben. Ich arbeite selber noch als Fitnesstrainer und konnte denen ein paar Tipps geben. Das fanden die super. Als ich sie zu ihrem Ziel gefahren habe, sagte einer: „Was machst du eigentlich, wenn dein Kunde nicht bezahlen will?“ Ich meinte: „Das kommt immer drauf an, wie der Kunde aussieht. Wenn ich sehe, dass er es mit ein bisschen Ärger bezahlt, dann mache ich ihm Ärger.“ Dann schaute er mich an, sagte „Bist ein korrekter Typ“ und gab mir einen Handschlag und 15 Euro Trinkgeld.

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- Shamil

Auf dem Puff-Parkplatz

Ich stand auf dem Parkplatz vorm Artemis, Berlins größtem Puff. Ich las meine Zeitung, als plötzlich ein dicker, silberner Benz auf den Parkplatz gefahren kam und eine Frau ausstieg. Sie war wirklich sehr hübsch und elegant. Sie stöckelte zu dem ersten Taxi in der Kolonne und zeigte dem Fahrer ihr Handy. Zehn Sekunden später drehte sie sich um, ging zum nächsten Wagen und streckte dem nächsten Fahrer ihr Telefon hin. Dann kam die Frau zu meinem Taxi und zeigte mir ihr Handy. Auf dem Display war ein Bild von einem 120-Kilo-Typen mit Glatze und La-Martina-Hemd. „Haben Sie meinen Mann hier gesehen?“, fragte sie. Ich stand an diesem Abend zum ersten Mal auf dem Parkplatz vorm Artemis. „Nein, habe ich leider nicht“, antwortete ich. „Aber Sie haben einen richtig schicken Wagen.“ Sie schaute mich an und meinte nur: „Scheiß mal auf den Wagen. Den habe ich von dem Hurensohn.“

- Matthias

„Darf ich pupsen?“

Vor einer Woche habe ich vier Touristen aus Estland gefahren. Sie waren sehr laut und betrunken. Der Typ in der Mitte auf der Rückbank fragte mich irgendwann ganz ernsthaft: „Darf ich pupsen?“ Ich drehte mich um und sagte genervt: „Nein! Sie dürfen nicht pupsen!“ Ich drehte mich wieder zurück. Plötzlich hörte ich wie beim verrückten Professor ein lautes PUUUPS. Und es hat richtig gestunken. Ich riss sofort das Lenkrad zur Seite und bin auf der Leipziger Straße stehen geblieben. Hinter mir fuhr die Polizei und die hielt natürlich auch sofort an. Der eine Polizist kam auf mein Taxi zu und hatte schon seine Pistole in der Hand. Er schaute in das Auto und fragte, was passiert ist. Ich habe ihm erklärt, dass der Idiot in der Mitte gefurzt hat, ohne dass ich es ihm erlaubt hatte. Der Polizist schaute mich an, steckte seine Pistole in die Tasche und sagte: „Viel Spaß noch.“ Dann ist er wieder abgehauen. Danach hat keiner mehr gepupst, und ich habe zwei Euro Trinkgeld bekommen.

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- Mohamed

Der Kleinwüchsige und die Transe

Bei mir ist einmal ein Kleinwüchsiger eingestiegen. Er hatte einen Anzug an und erzählte mir, dass er sehr wohlhabend war. Wir fuhren durch die Stadt, und er zeigte mir, welche Geschäfte er besaß. Einige Zeit später fuhr ich die Schönhauser Allee runter, und wer hielt mein Taxi an? Der Mann im Anzug. Aber dieses Mal hatte er eine ältere Frau dabei, die so 1,80 Meter groß war. Als sie sich zusammen auf die Rückbank setzten, sah ich, dass sie eine Transe war. Bei der ersten roten Ampel musste ich mich umdrehen, um dieses Bild zu sehen: Ein Geschäftszwerg im Anzug und eine etwa 50-jährige Transe mit Leopardenkleid und Handtasche. Die Beiden wollten übrigens zum KitKatClub.

- Marc

„How do YOU do?“

Vor über 20 Jahren stieg mal ein sehr bulliger, dunkelhäutiger, amerikanischer Soldat bei mir ein. Er setzte sich auf den Beifahrersitz und schwieg erst mal. Irgendwann fragte ich ihn: „How do you do?“ Er schaute mich an, und wie aus dem Nichts packte er mich mit einem Würgegriff am Hals und sagte: „How do YOU do?“ Ich bog ihm den kleinen Finger zurück, bis er losließ und sagte: „I don’t like that!“ Und dann meinte er nur: „Oh, I’m sorry.“ Den Rest der Fahrt zur Kaserne fuhren wir schweigend nebeneinander.

- Werner

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