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Heulsuse der Woche: Der spuckende Schnorrer gegen den empflindlichen Österreicher

Weil sie ihm keine Zigarette geben wollten, hat ein Bochumer zwei Menschen angegriffen, und ein Österreicher hat die heute-Show angezeigt.
Screenshot von Facebook "ZDF heute-show"

Es ist mal wieder an der Zeit, sich über ein paar Menschen zu wundern, die mit der Welt nicht fertigwerden.

Heulsuse #1: Der spuckende Schnorrer

Der Vorfall: Jemand hat zwei Menschen am Dortmunder Hauptbahnhof nach einer Zigarette gefragt und keine bekommen.

Die angemessene Reaktion: Weitergehen und den Geizhälsen heimlich einen zügigen Krebstod wünschen.

Die tatsächliche Reaktion: Der Frau ins Gesicht spucken und dem Mann mit beiden Händen an die Gurgel springen.

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Es war nicht sein Tag: Am Mittwochabend gegen halb neun sprach ein 50-Jähriger aus Bochum einen Mann und eine Frau vor einem Schnellrestaurant am Dortmunder Hauptbahnhof an und fragte die Frau nach einer Kippe. Als die ihm keine geben wollte—wir wissen nicht, ob sie überhaupt welche hatte—, rastete der stark alkoholisierte Mann aus: Er spuckte ihr ins Gesicht und griff dann ihren Begleiter an, den er mit beiden Händen am Hals würgte.

Dummerweise für den Betrunkenen liefen gerade in dem Moment zwei Bundespolizisten auf dem Weg zur Arbeit an der Szene vorbei, die ihn überwältigten und mit auf die Wache nahmen. Dort stellten sie dann noch fest, dass es wegen einer unbezahlten Schwarzfahrgeldstrafe einen Haftbefehl gegen den Mann gab, und steckten ihn ins Gefängnis. Dort wird er jetzt noch 43 Tage sitzen müssen. Es war eben echt nicht sein Tag.

Heulsuse #2: Der empfindliche Österreicher

Der Vorfall: Die heute-show macht sich über den Ausgang der österreichischen Bundespräsidentenwahl lustig, indem sie ein Schnitzel in Hakenkreuz-Form postet.

Die angemessene Reaktion: Sich auf Facebook darüber aufregen. Oder: Ein Schnitzel essen gehen und sich dabei vorstellen, das sei Oliver Welkes Gesicht.

Die tatsächliche Reaktion: Ein junger Österreicher hat die heute-show angezeigt—unter anderem aufgrund des Böhmermann-Paragrafen!

Letzten Sonntag hat der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, überraschend die erste Runde der Bundespräsidentenwahl gewonnen—mit ganzen 35,5 Prozent. Für die FPÖ war das ein Triumph, für viele Österreicher ein Schock, und für die Deutschen ein guter Grund, sich kurz halbherzig Sorgen um das Nachbarland im Süden zu machen. Die heute-show reagierte mit dem ihr eigenen Sinn für subtile politische Satire und postete das:

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Man kann natürlich geteilter Meinung sein, wie witzig das jetzt wirklich ist, oder ob man der FPÖ auch irgendwie anders als mit Godwin's Law beikommen kann. Man kann sich natürlich auch auf Facebook wahnsinnig darüber aufregen und es als "geschmacklos und so gar nicht lustig" geißeln, wie ein sehr empörte Herr, der dann trotzdem mit "liebe grüße aus österreich" endet und für diesen Kommentar stolze 6,114 Likes bekommen hat. Oder man zeigt die heute-show an.

Wie die Hannoversche Allgemeine berichtet, hat es tatsächlich zwei Anzeigen gegen das ZDF gegeben: Eine von einem Deutschen, und eine von einem aufgebrachten Jura-Studenten aus Österreich. Er fände es untragbar, dass "derart respektlos vorgegangen wird", erklärte der Student, der früher auch mal in der FPÖ war, gegenüber der Nachrichtenseite oe24. Hofer habe sich noch nie etwas zuschulden kommen lassen und nichts mit dem Nationalsozialismus zu tun. Zu der Vergangenheit des abgebildeten Schnitzels wollte der Student allerdings keine Aussage treffen.

Interessanterweise beruft sich der junge Mann dabei nicht nur (wie normalerweise üblich, wenn Leute politische Gegner wegen ihrer Äußerungen anzeigen) auf Volksverhetzung, sondern auch noch auf den durch den Fall Böhmermann gerade sehr bekannt gewordenen Paragrafen 103 des StGB: "Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten". Das ist insofern optimistisch, da es sich bei Hofer weder um ein Organ noch um einen Vertreter handelt—er hat ja nur die erste Runde gewonnen.

Der Witz an der Geschichte ist natürlich, dass die Anwendung des Paragrafen 103 im Fall Böhmermann für große Empörung gesorgt hatte, weite Teile der Öffentlichkeit sahen mindestens die Satire-, die Presse- und die Meinungsfreiheit bedroht. Vor allem aus dem rechten Lager wurde Angela Merkels Entscheidung, den Fall verhandeln zu lassen, für einen weiteren Beweis ihres fehlenden Demokratieverständnisses gesehen. Es ist also einigermaßen komisch, wenn ein gekränkter FPÖ-Fan jetzt nichts dabei sieht, eine Satire-Show dafür anzuzeigen, dass sie Satire macht.

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