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Video Games Killed the Radio Star

„Guitar Hero Live“: du machst mich krank

Dieses Spiel macht süchtig—und wird euch dazu bringen, Lieder vor euch hinzusummen, die ihr immer gehasst habt.

Ich laufe jetzt seit ein paar Tagen durchs Haus und brumme scheiß-schreckliche Melodien vor mich hin. Das beschissene Guitar Hero Live geht mir nicht aus dem Kopf und stört meinen Frieden mit Liedern von Skrillex und Mumford & Sons, Calvin Harris und One Direction. Vor meinem geistigen Auge fallen kleine schwarze und weiße Noten herunter, jedes Mal wenn ich die Augen zumache, und meine linke Hand zuckt dabei zum Takt dieser grausamen Melodien, dieses zuckersüßen Drecks, dieses seelenlosen Schmutzes. Aber ich will immer mehr. Ich bin unersättlich. Ich kann nicht aufhören. Es ist wie diese Erdnussflips mit exotischen Geschmacksrichtungen: Zuerst denkst du, dass du dieses Zeug unmöglich essen kannst, doch dann probierst du ein paar der Dinger, und bevor du „E-Stoffe" sagen kannst, stopfst du dir im Rekordtempo ganze Tüten davon rein.

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Guitar Hero Live: Du machst mich krank.

Na ja, zumindest müde. Das Comeback von Guitar Hero, fünf Jahre nach dem Vorgänger Warriors of Rock, hält mich wach und schränkt mein Schlafpensum ein. Und das liegt nicht am Inhalt der Disk, so beeindruckend der Live-Aspekt dieses Titels auch ist. Es ist so, dass der Entwickler FreeStyleGames hier zwei Guitar Heroes zum Preis von einem Spiel abgeliefert hat.

Zuerst sind da die visuell beeindruckenden Konzerte, bestehend aus 42 Tracks, welche über zwei fiktive Musikfestivals aufgeteilt sind (inklusive einer abschließenden Party in einer kleinen, realistisch vollgestopften Location), die unterschiedliche Bühnen sowie einzigartige (und völlig frei erfundene) Bands zum Mitspielen bieten.* Diese Songs stellen eine Solo-Herausforderung dar: Du gehst drei oder vier davon gleichzeitig an, als Teil eines umfassenderen Sets, mit dem Ziel, das Publikum—echte Menschen, die echten Scheiß nach dir werfen, wenn du einen Akkord oder vier nicht triffst—bei der Stange zu halten, während sich die Bandmitglieder an deiner Seite befinden. Die Full-Motion-Video-Ästhetik wurde hervorragend umgesetzt, und auch wenn man weiß, dass eine Menge Greenscreen eingesetzt wurde, wirkt der Effekt dennoch überzeugend, während du dich durch eine ordentliche Palette Metal-, Pop-, (neumodische Indie-) Folk- und Classic-Rock-Songs spielst.

(*Ein kurzer, schmerzhafter Hinweis. Das Publikum einer dieser Bühnen enthält Nachtschwärmer, die modische Versionen von indianischem Kopfschmuck tragen. Das ist eine sehr schlechte Sache und ich bin überrascht, dass FreeStyleGames erlaubt hat, dass sich das ins Spiel einschleicht. Angesichts der Art der Aufnahmen ist es unwahrscheinlich, dass sie sich durch einen Patch magisch entfernen lassen.)

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Es sieht grundlegend fantastisch aus und die überarbeitete Grafik wird durch einen neuen Controller unterstützt, wobei sich die Gitarre von Live von den bewährten (und mittlerweile irgendwie langweiligen) fünf Noten pro Reihe auf dem Bund-Modell wegbewegt und eine Lösung wählt, die ich für eleganter halte—zwei Dreier-Reihen übereinander. Es sind also sechs Knöpfe im Spiel, die für mehr Kombinationen und verkrampfte Hände sorgen. Noten werden in Schwarz (oben) und Weiß (unten) angezeigt, und da die Bahnen leicht überladen werden und das Gehirn des Spielers verwirren, sorgt die Kompaktheit des Controllers dafür, dass deine Hand, die den Bund hält, nie nach links oder rechts abrutscht, wodurch sichergestellt wird, dass deine Finger an der richtigen Stelle bleiben. Natürlich kann man leicht danebengreifen, wenn man sich an ein herrlich übertriebenes Metal-Stück wagt. Aber wie sagt man so schön? Übung sorgt für ein vollkommen langweiliges Gespräch in der Kneipe.

Aber wenn du „Full Combo" bei Biffy Clyros „Victory Over the Sun" erreichen willst, was jenseits des Schwierigkeitsgrads Casual nicht einfach ist, kannst du das tun: Du kannst den Inhalt der Disk so oft wie du willst und wann du willst spielen, ohne auch nur 1 Cent mehr auszugeben als das, was du für das Spiel und die Gitarre gezahlt hast. Das bringt mich zum zweiten Teil von Guitar Hero Live, dem Modus, von dem ich denke, dass er das rhythmische Action-Genre neu erfunden hat und die gesamte Konkurrenz erdrückend veraltet und hinsichtlich der Lebensdauer ziemlich begrenzt aussehen lässt.

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Guitar Hero TV ist ein ständig streamender Onlineservice, der zum Zeitpunkt der Veröffentlichung zwei Kanäle mit rotierenden Musikvideos bietet, bei denen du mitspielen kannst. Es stehen über den Service bereits mehr als 200 Songs zur Verfügung—heute Morgen spielte ich „Breaking the Law" von Judas Priest, „Buddy Holly" von Weezer und „Famous" von Charli XCX, um dir einen Eindruck von der Vielfalt des verfügbaren Materials zu verschaffen. Auf diesen Kanälen gibt es Shows, die Songs basierend auf einem Genre oder einem vagen Thema bieten. Nach ein paar Sessions, bei denen du nicht unbedingt alle richtigen Noten erwischt hast, gibt es die Chance auf eine Verschnaufpause: Dir wird das Ergebnis mit einer Stern-Bewertung sowie die aktualisierte Position in den weltweiten Ranglisten angezeigt, und nette kleine Idents tauchen von Zeit zu Zeit auf, zusammen mit kurzen Clips neu hinzugefügter Songs, die darauf warten, von dir erobert zu werden.

Der Inhalt dieser Kanäle kann nicht vom Spieler gewählt werden—stell dir die Kanäle wie MTV und MTV2 früher vor, als sie noch einen ständigen Strom an Musikvideos und nicht diesen Reality-TV-Dreck angeboten haben, nur dass du jetzt selber die Musikvideos spielen darfst. (Ich weiß nicht, wie man davon nicht vollkommen überzeugt sein könnte.) Wenn du aber nur deine Favoriten spielen möchtest, ist das möglich—du kannst die Live-Kanäle von Guitar Hero TV verlassen und kommst dann in ein Menü, wo du alle momentan verfügbaren Songs auswählen kannst, für den Preis eines In-Game-Tokens.

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Du hast vielleicht gelesen, dass es Mikrotransaktionen im Spiel gibt. Die gibt es tatsächlich! Du kannst echtes Geld ausgeben, um für einen begrenzten Zeitraum alle Songs freizuschalten—die Hersteller sagen, dass sich das toll für Partys eignet. Du kannst die Token aber auch mit den Münzen kaufen, die du für das Spielen der TV-Kanäle erhältst, und ich ertrinke bereits in dieser nutzlosen Währung. Auch dein Level steigt beim Spielen und verschafft dir weitere Vorteile—Noten abräumende Bomben, die Option, Abschnitte leichter zu machen—und mehr von diesen Spiel-was-immer-du-willst-Tokens. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich je nach meinem Geldbeutel greifen werde, da ich mit den ganzen Inhalten der TV-Kanäle so viel Spaß habe. Und dann gönne ich mir ab und zu ein paar Favoriten. „Diamond Eyes" von Deftones war der erste Song, bei dem ich keine Note verpasste. Kurz danach folgte seltsamerweise „Still Into You" von Paramore. Ich kann den Song nicht ertragen, aber im Spiel macht es wahnsinnig viel Spaß, mitzuklopfen.

Das bringt mich zum Anfang zurück und wie Guitar Hero Live komplett unter meine Haut gelangt ist, wie ein Piercing, von dem ich nicht wusste, dass ich es wollte, aber jetzt kann ich nicht mehr aufhören, damit herumzuspielen, weil es sich so gut anfühlt. Ich spiele einen Song nach dem anderen und dann krieche ich genau um die Zeit ins Bett zurück, wenn wirkliche Club-Gänger schlafen gehen. Im Spielmodus kann ich mir sogar die Scheiße von Warrant and Ratt geben—und kehre gern für eine Zugabe zurück. Wenn du den Bullshit aber auf meiner heimischen Anlage abspielst, schlage ich dich grün und blau.

Das Live-Element von Guitar Hero 2015 ist schön und hinterlässt einen hervorragenden ersten Eindruck. Aber man kann es an einem Nachmittag „durchspielen" und ein erneutes Spielen lohnt sich nur für High-Score-jagende Perfektionisten und für den Duell-Modus, wenn zwei Gitarren angeschlossen sind. Aber Guitar Hero TV hat das Potenzial, jahrelang regelmäßig über meinen Bildschirm zu flimmern, solange die Hersteller neue Songs durch meine Internetverbindung liefern. Wenn dieser Strom einmal versiegt, muss ich meine Begeisterung überdenken, aber im Moment ist das Spiel eine Bedrohung für den Rivalen Rocket League. Es ist genial, auch wenn der Soundtrack in jedem anderen Kontext dreckiger Müll ist. Wegen des dämlichen Spiels singe ich „Thirty Seconds To Mars" in der Dusche. Bäh.

@MikeDiver

Diese Review wurde durch die Unterstützung von NVIDIA SHIELD möglich. Die NVIDIA SHIELD Library findest du hier.