Ihr kennt Avi Jakobs vielleicht als ein Mitglied der Fab 5 von Queer Eye Germany. Wohlwollend und erfahren zeigt die non-binäre Avi dort, welcher Style zu Menschen passt. Dabei war es für sie selbst gar nicht so leicht, den eigenen zu finden.
Wir haben Avi Jakobs gefragt, womit sie sich entspannt, und festgestellt: Am Ende finden Menschen ihren Safe Space da, wo man ihn nicht vermuten würde. Oder halt gerade doch.
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VICE: Hast du Filme, Serien oder Bücher, in die du fliehst, wenn der Alltag dir zu viel wird?
Avi Jakobs: Ab und zu schaue ich Gilmore Girls zum Einschlafen, aber eigentlich nicht so wirklich.
Schaust du kein Fernsehen?
Bei linearem Fernsehen ist man ja immer ein wenig dem ausgeliefert, was gerade läuft. Wenn ich etwas schaue, will ich dabei aber etwas mitnehmen. Auch wenn ein Film mich nicht inhaltlich bereichert, oder optisch oder von den Looks her, schalte ich schnell ab. Darum suche ich da eher online gezielt nach Formaten, egal ob auf YouTube oder in Mediatheken.
Gibt es dann etwas, was dich bereichert, womit du abschalten kannst?
Seit ich 15 war, ist das ganz einfach das Internet. Anfangs MySpace, dann YouTube, heute vor allem Instagram.
Was gibt es da?
Früher waren es meistens Make-up-Tutorials, aber auch zu Frisuren und Fashion. Ich habe einerseits die Sachen der anderen konsumiert, aber später auch selbst Make-up-Looks präsentiert. Dort hole ich meine Kreativität her, da treffe ich aber auch Gleichgesinnte. Vor allem in meiner Jugend war das wichtig.
Warum?
Gerade als ich noch in einer Kleinstadt und später in München gewohnt habe, sah ich auf der Straße kaum Menschen, mit denen ich mich identifizieren konnte. Die habe ich im Internet gefunden.
Was hat dir das gegeben?
In der Realität haben mich die meisten Menschen nicht verstanden, aber gerade in der Jugend braucht man Rückhalt und ein Zugehörigkeitsgefühl. Ich habe mich immer mit den Misfits identifiziert, wie ich es auch schon selbst immer war.
Das Internet ist aber doch auch voller Hass.
Das hört man immer und es stimmt sicher auch, dass das Internet gefährlich sein kann wegen der Trolle und so weiter.
Aber?
Für mich war es immer der Ort, an dem ich über meine Gedanken sprechen konnte, wo ich mich gefahrlos präsentieren konnte. Ein paar Worte, die mir im Internet nicht gefallen, sind etwas anderes als auf der Straße.
Wer hat dir besonders viel gegeben?
Jeffree Star. Der trug immer pinkes Haar, meistens Vokuhila und war stark geschminkt. Inhaltlich war er ein bisschen zu aggro, was ich heute schwierig finde, was mir damals aber sehr geholfen hat.
Was heißt das?
Er hat Videos gemacht, in denen er zeigte, wie Leute auf ihn reagieren und wie er super hart dagegen hält. Das war rückblickend nicht so cool, auch wenn es empowernd gemeint war. Mir hat es aber die Kraft gegeben, auch selbst dazu zu stehen, wer ich bin.
Du stehst heute selbst in der Öffentlichkeit und wirst bewundert. Was sollen Menschen von dir mitnehmen?
Es ist OK, mit Baby Steps anzufangen. Neulich kam eine männlich gelesene Person auf mich zu und machte mir Komplimente für mein Make-up. Sie sagte, dass sie das auch gern tragen würde, sich aber nicht traue. Ich riet ihr, einfach mit einem bisschen Mascara anzufangen. Andere bemerken das vielleicht gar nicht, aber du kannst dich langsam reinfühlen.
Und dann hocharbeiten?
Schmink dich erst mal zu Hause, probier dich aus. Und wenn du dann irgendwann damit auf die Straße gehst, hast du ein bisschen mehr Sicherheit, fühlst dich nicht ganz so unwohl.
Wie viel Zeit steckst du ins Internet?
Ohne Scheiß, meine ganze Zeit.
Immer noch in Tutorials?
Heute schaue ich mehr Sachen, die mich inhaltlich bereichern.
Wie kommt’s?
Mittlerweile lebe ich in Berlin und habe viel mit Leuten zu tun, die über manche Sachen mehr wissen als ich. Darüber will ich mich dann selbst bilden. Ich will immer weiter wachsen.
Avi Jakobs ist Teil der VICE-Produktion ‘Beyond Fashion’ für ARD Kultur.
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