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Cop Watch

Die Freundin des erschossenen Cannabis-Dealers fordert Gerechtigkeit

Bis heute wurde keine Anklage gegen den Polizisten erhoben, der vor einem Jahr einen unbewaffneten Verdächtigen erschoss. Jetzt hat die Freundin des Opfers eine Petition gestartet.

Foto: Polizei Waffe via photopin (license)

Vor fast einem Jahr tötete ein Zivilfahnder im bayerischen Burghausen einen unbewaffneten Verdächtigen, indem er dem Flüchtenden in einem belebten Hinterhof aus nächster Nähe in den Hinterkopf schoss. Der Polizist wurde zwar suspendiert, aber bis heute nicht angeklagt (er verbringt seine Freizeit zum Beispiel damit, unsere Leser anzuzeigen). Jetzt hat die Freundin des Opfers André B. eine Petition gestartet, um eine Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu erwirken.

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„Der Fall wird von der Staatsanwaltschaft verschleppt", heißt es im Begleittext zur an die Staatsanwaltschaft Traunstein gerichteten Petition. „Über zehn Monate nach dem ungerechtfertigtem Tod Andrés, gibt es noch immer keine Anklage gegen den Zivilfahnder. Stattdessen werden Gutachten beantragt, die nicht nachvollziehbar sind."

Der Text enthält weitere Details zu den Umständen von Andrés Tod: So wird erklärt, es habe zwar einen Haftbefehl wegen Verdachts auf Rauschgifthandel gegen André gegeben. Tatsächlich sei aber weder in seiner Wohnung noch bei der Obduktion irgendwelche Spuren von Drogen gefunden worden.

Das könnte bedeuten, dass André B. zum Zeitpunkt seines Todes kein Gras gedealt hat. Natürlich verdienen auch Grasdealer absolut keine polizeiliche Exekution im eigenen Hinterhof—aber es wirft ein noch bizarreres Licht auf diesen Fall, wenn sich herausstellen sollte, dass Andrés wegen eines Haftbefehls erschossen wurde, dem „einzig die Aussage eines ehemaligen, mittlerweile verurteilen Freundes und Andrés Vorgeschichte" zugrunde liegt. Weiter behauptet der Text:

„Der Schütze und sein Kollege waren für diesen Tag zur Stadionsicherheit bei einem Spiel des SV Wacker Burghausen eingetragen, observierten dennoch die Wohnung der Freundin des Opfers. Schon bevor sie André sichteten, zog der Schütze seine Waffe. Besonders tragisch: Ein Querschläger hätte auch spielende Kinder treffen können, die sich direkt nebenan auf einem Grünstreifen befanden.

André soll versucht haben, vor der Polizei zu flüchten. Obwohl sein eigener Kollege zwischen dem Opfer und ihm selbst stand, schoß der Zivilfahnder André in den Hinterkopf. Der zweite Zivilfahnder hatte selbst Angst, getroffen worden zu sein."

Das Detail mit den Kindern im Hof war schon im Juli bekannt und von der schockierten Presse aufgegriffen geworden. Dass der Zivilfahnder an dem Tag gar nicht auf der Suche nach André, sondern mit Stadionsicherheit beschäftigt war, wirft ein immer schrägeres Licht auf die Geschichte, ebenso wie die Behauptung, er haben seine Waffe gezogen, „schon bevor sie André sichteten".

Kein Witz: Derselbe Polizist hat kurz danach mehrere unserer Leser angezeigt.

Ob die von Andrés Freundin erhobenen Vorwürfe zutreffen oder nicht—es wäre höchste Zeit, dass ein Prozess zur Klärung der Umstände von André B.s Tod beiträgt. Ob diese Petition genug Druck auf die Staatsanwaltschaft ausüben kann, wird auch davon abhängen, wie viele Menschen sie unterschreiben.