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(Halb-)legale Räusche

"Wenn ihr schon einmal versucht habt, auf Salvia Divinorum gleichzeitig zu lachen und zu kotzen, wisst ihr, dass das keine einfache Übung ist.​"

Foto von Nick Thompsonflickr | CC BY 2.0

Muskatnuss

Während andere in ihrer Schulzeit versucht haben, Mentos mit Cola in ihrem Mund zum Explodieren zu bringen, habe ich mit meinem besten Freund und meiner besten Freundin Muskatnuss geraucht. Damit will ich nicht sagen, dass wir so viel cooler waren—im Gegenteil, wir waren die noch viel erbärmlicheren Nerds, weil wir weder zu ehrlicher Idiotie mit Spritz-Sprudel, noch zum Aufstellen echter Drogen fähig waren. Stattdessen haben wir uns auf dem Balkon der Wohnung ihrer Eltern gegenseitig die Füße massiert, Vodka-Apfelsaft aus blumig bedruckten Kindertassen getrunken und anschließend kleine Muskatnuss-Späne in einen Joint gebröselt, um uns fast umzubringen. Wie ich erst ein paar Jahre später erfuhr, als das Studieren ethnobotanischer Fachpublikationen für mich zur Partyvorbereitung gehörte, wie bei anderen das Auftragen von Eye-Liner, ist Muskatnuss nämlich ein MAO-Hemmer (mehr dazu unter: Ayahuasca) und kann in großen Mengen in Kombination mit Alkohol zum Tod führen.

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Uns, die wir gerade betrunken Zehen kneteten, während wir das Zeug inhalierten, war sowas natürlich unbekannt. Der Logik des Abends folgend, setzte ich mich auf dem Nachhauseweg ein paar Mal neben die Bänke diverser Bus-Wartehäuschen und kam mit leicht angeschlagenem Steißbein an so mancher Werbetafel zum Lehnen, bevor mich zu meiner großen Überraschung meine Eltern zuhause mit Gulasch empfingen. Ich hatte irgendwie damit gerechnet, dass es schon gegen Mitternacht und völlig still in der Wohnung war. Tatsächlich war es erst Hauptabendprogrammzeit und ich hatte ziemlich viel Mühe, beim Auslöffeln des Gulaschs den Teller zu treffen. Nachdem ich zirka mit der halben Portion fertig war, bemerkte ich, dass mich meine Mutter die ganze Zeit über anstarrte. Ich denke, sie haben mich davor noch nicht mal betrunken gesehen. Als ich gerade zu meiner Verteidigung irgendwas davon lallen wollte, dass wir wenigstens nicht am Donauufer mit den Junkies unterwegs gewesen wären, sagte sie plötzlich: „Bist du schon so müde heute?“ Ich nickte erleichtert, ließ mir das Gulasch abservieren und legte mich in mein kleines Nerd-Bettchen, wo sich die Welt noch zirka drei Stunden drehte, während ich von Vodka und Füßen träumte.

MAX FRIGIDO

Foto von Dr. Motte | flickr | CC BY 2.0

Mushrooms

Ich habe keine Ahnung, ob man Magic Mushrooms immer noch irgendwo in der gesetzlichen Grauzone erwerben kann oder ob sie irgendwann zwischen meiner Jugend und meinen frustrierenden Mittzwanzigern (LINK ZU HANNAS ARTIKEL) verboten wurden. Eigentlich ist das auch völlig egal, denn die Menschheit wird sie immer züchten und vernaschen, weil fast nichts auf dieser schönen Erde so viel Spaß macht, wie ein Trip auf Pilzen (der eigentlich eine Pilzvergiftung und daher natürlich nicht zu empfehlen ist, aber hey, YOLO und so).

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Mein erstes Mal auf Schwammerl hatte ich im zarten Alter von 14. Ich war auf einem kleinen, zweitägigen Festival und kam erst nach sechs Tagen wieder nach Hause. Das Festival war eigentlich schon vorbei und wir schon auf dem Heimweg, als irgendjemandem einfiel, dass er noch eine Packung schmackhafte Pilze im Rucksack hatte. Wir sind also total betrunken in irgendein Strandrestaurant eingefallen und haben die Köche gefragt, ob sie uns gegen eine kleine Spende von einem Euro ein paar Nudeln mit Pilz-Sugo zubereiten könnten. Das hat erstaunlicherweise gut geklappt und so verspeisten wir unser Dinner vor der Tür des Restaurants. Nach einer Stunde—und schon deutlich benommen—fiel uns ein, dass ein Schlafplatz ziemlich praktisch wäre, denn unser Zelt war auf mysteriöse Weise verschwunden. Vermutlich haben wir es für den Euro verkauft, den wir dann in die Zubereitung der Schwammerl-Nudeln investiert haben.

Eines der Mädchen meinte jedenfalls, das Problem des fehlenden Unterschlupfs gelöst zu haben und erzählte stolz, dass ihre Tante ein Hotel im Ort hätte. Also latschten wir dorthin und quartierten uns ein. Die Unterkunft war ein klassisches, ländliches Hotel mit viel Zirbelholz und ausgestopften Tieren, was mir und meinen Freunden in diesem Zustand wirklich Angst machte. Wir drehten alle völlig durch und wollten gerade die Flucht vor den Murmeltieren und Auerhähnen aus dem Fenster antreten, als irgendjemand laut zu lachen anfing und uns mit Tränen in den Augen mitteilte, dass wir uns im 4. Stock befänden.

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Dieser beinahe durchgeführte Massensuizid hat unsere Stimmung dermaßen gerettet. Nachdem wir uns wieder eingekriegt hatten, sind wir in die Dorfkneipe gegangen und haben dort in Pyjamas (woher hatten wir Pyjamas?!) mit der Mafia, die eigentlich der Stammtisch war, Geschäfte gemacht. Ich habe mir irgendeinen Typen aufgerissen, weil ich dachte, er sei ein Mädchen und habe dem armen, nüchternen Jungen stundenlang bewundernd die Muster der Holzvertäfelung erläutert. Auch meine Hand war verdammt spannend. Das absolute Highlight (im wahrsten Sinne des Wortes) der Nacht war jedoch der Pupillenlichtreflex. Wir haben stundenlang das Licht ein- und ausgeschaltet, um unseren Pupillen dabei zuzusehen, wie sie sich weiteten und wieder zusammenzogen. Auf Drogen lernt man die kleinen Dinge des Lebens wirklich zu schätzen.

Nach einem oder drei Tagen, ich weiß es wirklich nicht mehr, hat mich meine Mutter abgeholt und mir gesagt, dass ich stinke, womit sie vermutlich recht hatte. Wochen später sind wir wieder volltrunken zusammengesessen und haben über unsere Erfahrungen philosophiert. Irgendwann hat das Mädchen, die Nichte der Frau mit dem Hotel, gefragt, wie wir eigentlich in dieses Hotel gekommen wären. Sie hatte weder eine Tante in diesem Dorf, noch kannte sie irgendwelche Hotelbesitzer. Ich frage mich bis heute, wie wir zu unserer Herberge gekommen sind und warum wir nicht verhaftet wurden.

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ANNA TALER

Foto von Bastian | flickrCC BY 2.0

Herbal Ecstasy

Egal, was ihr macht, nehmt kein Herbal Ecstasy. Dieses Zeug ist das Allerletzte. Ich habe es zweimal ausprobiert, wobei ich beim ersten Mal einfach nichts gemerkt habe und beim zweiten Mal einen fürchterlichen Horrortrip hatte. Er war so grauenhaft, dass ich nicht mal mehr daran denken oder darüber schreiben will. Weil ich aber gerade in der VICE-Redaktion arbeite und von meinen Chefs verbal auf eine Wortspende hingepeitscht werde, tue ich es trotzdem.

Ich war in einem Club, die Musik, die mich normalerweise zum Tanzen gebracht hat, hat mich nur gelangweilt und plötzlich war mir unfassbar schlecht. Ich bin quer durch die ganze Stadt gerannt und habe versucht, irgendwie nach Hause zu finden. „Zu Hause“ war zu diesem Zeitpunkt noch circa 500 Kilometer von Wien entfernt, aber das war mir in diesem Zustand egal. Ich wollte nur irgendwie weg von den vielen angsteinflößenden Menschen, Bäumen und Öffis, mich irgendwo verkriechen und sterben. Als ich irgendwann in irgendeiner Wohnung gelandet war und versucht habe zu schlafen, wurde alles nur noch schlimmer: Leute sind in Taucheranzügen durch die Wohnung gelaufen und überall waren Hanfpflanzen. Ich glaube allerdings, dass diese Dinge wirklich da waren und ich mir das nicht nur eingebildet habe. Scheinbar bin ich in meinem Rausch in einer ziemlich abgefuckten Hippie-WG gelandet, die mich für ein Geschenk Gottes gehalten haben muss. Egal wie, mein Zustand war einfach nur ekelerregend. Die halbe Nacht habe ich am Klo verbracht und versucht mich zu übergeben, was natürlich keinen Sinn macht, wenn man weder etwas gegessen noch getrunken hat. Am nächsten Tag bin ich über neun Stunden mit einem Regionalzug nach Hause gefahren, weil ich meinen Kopf unbedingt aus dem Fenster halten wollte, man aber in Schnellzügen die Fenster nicht öffnen kann. Die Schaffner haben alles versucht, mich zu beruhigen und zum Hinsetzen zu bewegen, aber ich blieb standhaft. Nach ungefähr einer Woche hörte ich endlich auf zu zittern, vergessen habe ich diese Nacht des Schreckens aber nicht: Meine Experimentierphase ist definitiv abgeschlossen.

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ANNA TALER

Foto von Joshua Zamrycki | flickrCC BY 2.0

Slivovits aka „Schliwo“

Meinen ärgsten Trip habe ich eigenartigerweise auf Slivovits, kurz: Schliwo, gehabt. Meine Anfangserfahrungen beruhten auf die Bekanntschaft meiner Eltern mit Jasna, eine der kämpferischsten und größten Frauen, denen ich je begegnen durfte. Aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls brachte sie meinen Eltern (und eigentlich mir) immer selbstgebrannten Schliwo aus Nova Gradicka mit. Abgefüllt in grünen Sprite-Flaschen, hineingestopft in „Polen-Taschen“, kreuzte dieser neben selbstgemachten Würsten die EU-Außengrenze. Getrunken wurde er dann auf Partys, wo irgendein bulgarischer Optiker-Sohn aus der Klasse unter mir mit der Tochter des ehemaligen Berliner Polizeipräsidenten ins Bett ging, oder ich zusehen musste, wie meine erste große Liebe mit einem Gehbehinderten mit einer Hand abgeschleppt wurde. (Ihr seht schon, ich hatte den Schliwo bitter nötig.)

Ansonsten trug der Schliwo dazu bei, dass ich mich trotz meiner finanziellen Lage bei ruhigen, fast Pensionisten-artigen Treffen mit Torky Tork im ehemaligen Klub Kurvenstar an der Bar besaufen konnte. Das war billig, denn wir bestellten nur Bananensaft, füllten unter der Theke den Schliwo nach und torkelten dann irgendwann aus dem Lokal. Den Höhepunkt erlangten meine Schliwo-Exzesse jedoch in Wien. Es war kalt und der Wind wehte—früher wehte der aus der eurasischen Tiefebene kommende Wind in Wien noch viel krasser. Damals beschloss ich, meine Freunde aus Linz (fatal) und ein paar französische Erasmus-Studentinnen einzuladen, an denen wir uns trotz, oder gerade wegen der langjährigen Freundinnen, platonisch aufgeilen konnten und unter der Hand immer nur „Die Franzmösinnen“ nannten. Und natürlich meine Freundin. Ihr erster Kommentar bei Erst-Ankunft in meiner Garçonnière war: „Jakob, wozu legst du den Boden mit Klarsichtfolie aus?“

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Es kam, wie es kommen musste in meiner Substandard-Wohnung. Das Menü meiner Partys hat sich bis jetzt nicht geändert: Fischkonserven, Kartoffeln und Topfen. und damals halt auch noch Schliwo. Nach einer Stunde stand Thibaut schon im Türsturz mit geöffneter Hose und pinkelte über den Hausflur hinweg in mein Außen-WC. Meine Freundin sah mich entsetzt an, die Französin verlor eine Kartoffel von ihrer Gabel (sie rührte die schwedischen Fisch-Konserven nicht an) und ich fragte mich nur, warum ich nicht bloß das Stiegenhaus auch mit Zellophan ausgelegt hatte. Thibaut pinkelte also vor allen Leuten und während des Essens über den Gang in mein Außen-Klo und schrie die Worte: „Jakob, du hast ja gar keine Substandard-Wohnung!!!“

Ich machte noch eine Sprite-Flasche mit Schliwo auf. Der Abend ging dann damit weiter, dass am Ende eine Schwanzparade in der Küche stand (die Frauen waren irgendwie weg), die sich gegenseitig—außerhalb der Duschkabine—mit dem Duschkopf nass zu spritzen versuchte. Die Römer haben ja das Kolosseum damals auch geflutet. Der Schliwo wirkte schon.

Um 23 Uhr schmiss ich alle raus. Johlend wie in einem Studentenfilm der 30er-Jahre torkelten wir mit Schliwo über die Hernalser Hauptstraße dem Gürtel entgegen. Mir war sonnenklar, dass meine Mutter mich nicht unter Schmerzen aus sich rausgepresst hatte, damit ich frierend des nächtens eine ergraute Vorstadtstraße entlang torkeln konnte. Wie es der Zufall wollte, waren gerade ein paar Hippies am Umziehen. Ich hatte wirklich nichts anderes zu mir genommen, aber fünf Sekunden später fuhr ich mit offener Ladeluke vom roten VW-Bus und einer verängstigten Frau als Beifahrerin stadtauswärts. Der Zündschlüssel hatte gesteckt, ich hatte umgedreht und sie schrie: „Ich möcht heim“. Ich (assimilierter Neo-Wiener): „Passt eh, passt eh.“

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Ein paar hundert Meter später, mittlerweile beim Elterleinplatz angelangt, fiel mir ein, dass ich noch nie im Leben alkoholisiert gefahren war, aber genau das jetzt gerade machte. Also blieb ich stehen und stieg aus. Am Ende hatten mich die Hippies laufend und außer Atem verfolgt und es kam zu einer leichten Rangelei, die vom angehenden Gynäkologen in unserer Gruppe mit den Worten beendet wurde: „Burschen, habt’s doch Verständnis: Der Typ ist schizophren.“

Damit war die Sache gegessen. Der Abend endete damit, dass der jüngere Ex-Mormone in unserer Schwanzparade-Truppe seine 2MP(!)-Digicam verlor und ich mit Schüttelfrost heulend bei meiner Freundin auftauchte—mit dem Wissen, dass meine Wohnung im Arsch ist, und warum der Balkankrieg so war, wie er war. Schliwo.

JULIUS WEICHER

Foto von Shell Daruwala | flickrCC BY 2.0

Ephedrin

Meine Erfahrungen mit Ephedrin liegen schon ein ganzes Stück zurück. Ich war ungefähr 18, 19 Jahre alt. Die Zeit, als man schon über aufputschende Mittel nachdenkt, Kokain und Speed aber noch scary und auch nicht einfach zu bekommen sind, wenn man nicht direkt in einer Großstadt aufwächst. Ich hab auf Ephedrin eine durchgekiffte und eine durchgefeierte Nacht erlebt: Ersteres war eigentlich ziemlich gut, weil ich als der Extrem-Kiffer, der ich damals war, endlich mal so viel rauchen konnte wie ich wollte, ohne dabei einzuschlafen.

Um fünf Uhr morgens zu Pink Floyd völlig bewegungslos, aber wach auf einer Hütte zu liegen, ist ein bisschen douchy, aber für das Alter echt okay. Die zweite Nacht ist ein bisschen aus dem Ruder gelaufen, weil ich soviel getrunken habe wie sonst, irgendwann wirklich völlig jenseitig war, aber eben wieder nicht eingeschlafen bin. Es gibt heute noch ein Foto davon, wie ich mit hochgereckten Armen apathisch in der Ecke sitze und ausschaue wie Jigsaw. Die Kombi würde ich nicht empfehlen, zumal es auch nicht ungefährlich ist. Insgesamt ist Ephedrin okay, aber keine Erlebnis, ohne das man nicht sterben darf.

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HORST HUMUNGUS

Foto von Eric Parker | flickrCC BY 2.0

Klebstoff

Aus einem merkwürdigen Grund, den ich nicht genau benennen kann, haben mich Drogen schon sehr früh magisch angezogen. Ich muss so 11 Jahre alt gewesen sein, als ich zum ersten Mal in der Hoffnung davon zumindest ein bisschen high zu werden, Nutzhanf angebaut habe. Ich hab keine Ahnung, ob damals ein Effekt eingetreten ist—und falls ja, lag es vermutlich eher an meiner eigenartigen Weise Joints zu bauen als am THC-Gehalt des Krauts. Ich hatte keine Ahnung von Papers und so waren in meiner Unwissenheit ein Blatt weißes Papier und Uhu meine MacGyver-Antwort auf den Wunsch, mich von der Welt auszuklinken. Womit wir schon beim eigentlichen Thema wären: Uhu. Beziehungsweise auch Klebstoff von einer anderen Marke.

Während der Hauptdarsteller aus Gummo irgendwo in den Vereinigten Staaten Klebstoff aus Plastiksackerln inhalierte, machte ich ein Jahr lang dasselbe in einem kleinen Dorf in Oberösterreich. Wir haben Uhu-Lines angezündet, sie zu lustigen kleinen Klumpen geformt und stundenlang unsere Finger zusammengeklebt. Aber vor allem haben wir immer und immer wieder daran gerochen.

Ich hab keine Ahnung, ob sich daraus jemals eine Sucht entwickelt hat, ob ich Schäden davon getragen habe und ob es überhaupt den gewünschten Effekt gebracht hat. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Nach einem Jahr war jedenfalls alles wieder vorbei—was vermutlich auch damit zu tun hatte, dass aus dem Nutzhanf echtes Gras geworden war.

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BUNNY BOY

Foto von Sean Ganann | flickrCC BY 2.0

Poppers

Als Mensch, der heute zuweilen immer noch verstohlen an halbgeöffneten Nagellack-Fläschchen oder dicken Edding-Stiften schnuppert, muss ich zugeben, dass mich diese vaporisierte Chemie im unverkennbaren, braunen Glasbehältnis auf einem gewissen Level furchtbar abstoßt. Nicht nur, weil es für Außenstehende so aussieht, als ob man sich Omas Krampfadertinktur unter die Nase halten würde, mutiert die meist männlich dominierte Meute unter dem Einfluss des Frontallappen zersetzenden Dunsts von Poppers zu sabbernden, rotgesichtigen Hyänen—ein bisschen wie die aus König der Löwen.

Wir feierten damals unseren Maturaball, unsere Reifeprüfung, und hatten nach der Mitternachtseinlage nichts Besseres zu tun, als unsere Nebenhöhlen mit Poppers beinahe zu überschütten—was einem Kumpel Monate später tatsächlich passieren und keinen großen Anklang finden sollte. In verschwitzten Anzügen lachten wir gackernd und geisteskrank in den Duschen der Turnhalle von Turnvater Jahn, bis tatsächlich ein ganzes Fläschchen aufgebraucht war. Erst Jahre später habe ich dann erfahren, dass Poppers als Sex-intensivierende Droge vorwiegend von Homosexuellen verwendet wird. Ach, sie haben einfach den besseren Party-Lifestyle. „So Long, Frontallappen!“

JOSEF FROH

Foto von VICE Media

Engelstrompeten

Ich neige leider dazu, mich mit Naturdrogen zu vergiften. Schwammerl und Holzrosen haben mich schon kurz vor ein Nierenversagen getrieben, aber wirklich schlimm sind mir Engelstrompeten in Erinnerung. Das sind auch verdammt noch mal Zierpflanzen, hochgewachsen und respekteinflößend. Trotzdem haben die Eso-Punks aus dem BORG immer Tee daraus gemacht. Bis wir dann gehört haben, dass Leute aus den benachbarten Orten an diesem Gartenschmuck sich damit ein bisschen zu high gemacht haben und daran gestorben sind. Die kleine Chance, so etwas wie Halluzinationen zu generieren, war es mir dann nie wert, meinem anfälligen Körper diese Engelstrompeten zuzumuten, auch wenn noch so viele darauf schwören—und die eine Fesche mit den schwarzen langen Haaren auch immer mitgemacht hat. Ich sage also lieber: „Natural why?“

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JOSEF FROH

Foto von Simon | [flickr](http:// https://www.flickr.com/photos/red5standingby/1060552187) | CC BY 2.0

Salvia divinorium/Zaubersalbei

Viele Leute werden über Zaubersalbei sagen, dass das Zeug rausgeschmissenes Geld ist. Wobei „viele“ hier eher relativ ist, weil Zaubersalbei immer noch nicht in den Top 3 der legalen Drogencharts vertreten ist. Und vermutlich auch nicht in den Top 10. Er ist eher dieser eine Trap-Track, der es ein Mal fast in die Charts geschafft hätte.

Zaubersalbei sieht aus wie Mohn, zumindest in seiner konzentrierten Form als Extrakt, und hat mit Mohn gemeinsam, dass es ihn in allen Abstufungen von „schwarze Gewürzbrösel“ bis hin zu „Serious Wacko-Shit“ gibt. Natürlich ist auch das 30-fache Extrakt nicht mit Heroin zu vergleichen, aber wenigstens in Sachen Weltflucht kann ein guter Salvia-Trip halbwegs mithalten. Ich habe Salvia eine Zeit lang fast jedes Wochenende einmal geraucht, in den unterschiedlichsten Dosierungen und mit den unterschiedlichsten Wirkungen. Die meisten Male passierte einfach nur gar nichts (abgesehen vielleicht vom vielfach heranzitierten, Placebo-induzierten Tabak-Flash).

Einmal, als ich mit einem Freund bei einer Party in der Wohnung meiner Eltern einen Salvia-Spliff rauchte, trieb uns die Wirkung (gemeinsam mit einem ordentlichen Hunger und unserer Spätpubertät) dazu, zwei rohe Fertig-Cordon bleus zu essen, uns ans Donauufer zu setzen und anschließend eine Stunde lang das Essen wieder an den Kieselstrand zu erbrechen, während wir wie zwei manische Massenmörder lachten. Falls ihr schon einmal versucht habt, gleichzeitig zu lachen und zu kotzen, wisst ihr, dass das keine einfache Kombination ist.

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Aber der wirklich schlimme Salvia-Rausch—und wahrscheinlich der Grund, weshalb mir die Körnchen überhaupt in Erinnerung geblieben sind—passierte ein anderes Mal. Damals saßen wir nach dem Fortgehen noch in der Wohnung meiner Freundin beisammen und rauchten gleich mehrere Salvia-Joints. Okay, wir waren vermutlich generell nicht mehr ganz nüchtern, aber was als nächstes geschah, war schlimmer, als alles, worauf mich eine Clickbait-Formulierung wie „was als nächstes geschah“ vorbereiten konnte. Ich nahm einen Zug vom Salbei und war plötzlich weg. Komplett. Und damit meine ich: so weg, dass ich nicht mehr wusste, dass ich gleichzeitig irgendwo anders da war. Ich hatte keine Ahnung mehr, dass ich mich in der Wohnung meiner Freundin befand. Ich wusste nicht mal, dass ich noch ein anderes Leben hatte. Ich weiß, man hört das öfter, aber erlebt habe ich es sonst noch nie. Selbst bei LSD gibt es immer einen kleinen, schizophrenen Teil des Ichs, der während des ganzen Trips klar bleibt und das Erlebnis als außenstehender Beobachter fast logisch betrachtet. Bei diesem einen Salvia-Trip waren meine inneren Waldorf und Statler völlig ausgeknockt.

Stattdessen war ich auf einem postapokalyptischem Spielplatz, bei Sonnenuntergang, und sah meine Freunde (die währenddessen aus der Wohnung meiner Freundin auf mich einredeten) als Jackpot-Symbole auf einem einarmigem Banditen. Ich versuchte, ihre Gesichter in einer Reihe zum Stehen zu bringen (Jackpot!), was mir irgendwann auch gelang—kurz, bevor mir bewusst wurde, dass das hier nicht mein wirkliches Leben war und ich eigentlich woanders auf der Couch lag. Als ich die Augen öffnete, starrten mich zirka fünf Menschen an und meinten, ich sollte aufhören, so hysterisch zu lachen. Die Sache ist bis heute der verstörendste Trip meines Lebens—ganz einfach weil ich es nie für möglich gehalten hätte, mit nur ein paar Zügen zum Protagonist in einer Philip K. Dick Geschichte werden zu können.

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MAX FRIGIDO

Foto von Gideonflickr | CC BY 2.0

Ayahuasca/Yage

Wenn ihr zu den Menschen gehört, die William S. Burroughs und Allen Ginsberg lesen, gerne vor merkwürdigen Lichtflackermaschinen sitzen, um ihre inneren Cut-ups zu ergründen und zu jedem Treffen mit Freunden ein ethnobotanische News-Item mitbringen, das eure Rolle als alpine Schamanen in die Annalen der Wiener Weed-Szene zementiert, dann seid ihr vermutlich auch längst mit Ayahuasca vertraut.

Das klingt an sich schon ein bisschen esoterisch, aber ich meine das eigentlich nur im Amazon-Sinn des Satzes: „Kunden, die The Ticket That Exploded gelesen haben, haben auch versucht, Yage zu kochen.“ Vermutlich habt ihr euch, als alte Beat Generation-Freunde, über den literarischen Umweg der The Yage Letters dem Thema angenähert, in denen besagte Altherren Burroughs und Ginsberg sich gegenseitig homoerotische Briefe darüber schreiben, wie sie durch den Amazonas reisen, alle Krankheiten des Urwalds bekommen, sich von Schamanen fast vergiften lassen und den spirituell überhyptesten Trip ihres Lebens haben. Es war schmutzig, es war abgehoben, es war abenteuerlich und überkandidelt. Unnötig zu sagen, dass ich genau das auch wollte.

Da zwischen mir und den Yage Letters aber ein halbes Jahrhundert liegt und die Globalisierung vor Spaßbotanik nicht Halt macht, führte mich mein Ayahuasca-Erlebnis während meiner Studentenzeit nicht in den Amazonas, sondern nur ein paar Gemeindebezirke weiter in den Wiener GLW-Shop. G und L standen für Gesundes Leben und W vermutlich für Wohlfühlen oder Weisheit—mit Sicherheit kann ich es nicht mehr sagen, weil der Shop inzwischen nicht mehr existiert. Ich bin aber ziemlich sicher, dass ich ihn mir nicht nur eingebildet habe (auch wenn er bereits damals keine Website hatte, hm). Jedenfalls verkaufte er so ziemlich alles, wo „Ethnobotanik“ und „Nur für biologische Zwecke—nicht zur menschlichen Konsumation!“ draufsteht.

Genommen haben wir das Zeug nach mehrtägiger Recherche und eintägigem Fasten im Haus eines Linzer Freundes, wo ich mich mit zwei meiner besten Nerd-Freunde zum wochenendlichen Yage-Kochen traf. Das Problem mit Yage ist nämlich nicht nur, dass es der Badass unter den Rauschmitteln ist, sondern dass es außerdem aus einer Mischung besteht, die zu einem Teil MAO-Hemmer und zum anderen Teil Spaß ist. MAO steht für Mono-Amino-Oxidase. Falls euch das nichts sagt, müsst ihr eigentlich nur wissen, dass damit eine Art Türsteher unseres Immunsystems gemeint ist, den man besser nicht auf Pause schicken sollte; erst recht nicht, wenn ein ethnobotanischer Schlägertrupp im Anmarsch auf den Club eures Körpers ist. Es ist ziemlich erstaunlich, welche Lebensmittel man alle nicht mehr verträgt, wenn man MAO-Hemmer intus hat. Die Liste beinhaltet Käse, Spinat, Chianti, Fleisch und ist insgesamt so lange, dass jede Website am Ende empfiehlt, lieber zu fasten, als etwas Falsches zu erwischen. Immerhin könnte das zum Tod führen—dem erklärten Freund aller legalen Drogenspäße.

Die Zubereitung ist—neben dem Fasten—das Mühsamste, das ich jemals für irgendeinen Rausch gemacht habe. Sie beinhaltete das mehrstündige Reiben einer hölzernen Liane bis zu dem Punkt, wo meine Finger Brandblasen hatten, die genauso gut von Zigaretten hätten kommen können, und anschließend das ebenfalls mehrstündige Einkochen des Lianen-Gemischs. Ihr könnt euch vermutlich vorstellen, dass nach 6 Stunden Zubereitung nicht mehr viel von der ursprünglichen „YAY, DROGEN!“-Euphorie übrig ist, mit der man sich anfangs in das gemeinsame Goonies-Abenteuer geworfen hat.

Um das Ganze abzukürzen: Am Ende haben wir den Sud wie Tequila Shots hinuntergeschüttet, gingen der Reihe nach kotzen und ließen den Samstagabend mit einem Waldspaziergang ausklingen. Nicht, dass es uns überrascht hatte—sich übergeben zu müssen wird in jeder einzelnen Quelle als Nebeneffekt von Yage beschrieben und gehört wohl zur Initiation irgendwie dazu. Faszinierend war nur, dass danach genau nichts geschah. Ich für meinen Teil hatte nur ein kurzes halluzinogenes High direkt vor dem Kotzen.

Beim Spaziergang sagte niemand von uns ein Wort. Es war, als hätten wir gegenseitig unsere Penisse gelutscht ohne dass auch nur einer gekommen wäre. Wahrscheinlich hätten wir eher das tun sollen. Es hätte uns zumindest weniger Zeit gekostet.

MAX FRIGIDO

Foto von Ianus | flickrCC BY 2.0

Ägyptischer Lotus

Meine mystische Reise begann, als mich die frisch kennengelernte „verrückte“ Freundin einer Freundin beim Fortgehen fragte, ob ich Papers hätte. 20 Minuten später saßen wir mit ihr und einer Freundin in ihrem Zimmer einer WG, die wohl 10 oder mehr Leute beherbergte und mich mit ihren vielen Türen und engen Gängen sofort an ein Irrenhaus erinnerte. Die verrückte Klara (Name von der Redaktion geändert) drehte also einen Joint, der so lange war wie mein Unterarm und verteilte etwas darüber, das wie eine zerbröselte Libelle aussah. „Ägyptischer Lotus, das ist Friede!“, meinte sie. Nach ein paar kräftigen Zügen fragte ich mich, ob sie dieses Zeug wirklich im Shop um die Ecke oder aus den Gräbern von Ramses dem Dritten hat. Ich war ziemlich schnell ziemlich dicht (okay, ich habe davor auch gut getrunken), aber auch irgendwie ziemlich euphorisiert und ein klein wenig horny. Die verrückte Klara hielt es nun für eine gute Idee, mit ihrem kleinen Auto in Maximalgeschwindigkeit um den Block zu fahren, während sie zu russischer Diskomusik abging und unser aller Leben gefährdete. Ich habe noch nie so eine reale Angst vor dem Sterben gehabt, und mir geschworen, ein besserer Mensch zu sein, sollte ich es heil überstehen.

Wieder in der Wohnung angekommen, rauchten wir munter weiter, doch bei der zweiten (beziehungsweise dritten) Libellentüte musste ich ablehnen: Ich war zwar euphorisiert und irgendwie auf eine seltsame „Wir bestehen alle aus dem selben Sternenstaub“-Art geil, aber Klara war von meiner Schwäche nicht begeistert und ging schlafen. Ich legte mich aufs Sofa und versuchte, auch ein wenig auf unseren Planeten zurückzukehren. Meine Paranoia war jedoch so stark, dass ich ein Auge offenließ und bereit war, sofort aus dem Fenster, das sich hinter dem Sofa befunden hat, zu springen, wenn der Kettensägenmörder (der in dieser WG bestimmt ein Zimmer bezogen hatte) rein kommen sollte um meine Organe zu ernten. Noch nie war ich so bereit, aus dem Fenster zu springen, und  diese seltsame Mischung aus Euphorie, kosmischer Geilheit  und der Angst vorm Sterben hat mich dazu gebracht, ein für alle Mal die Finger von ägyptischen Pflanzen zu lassen.

ANDREAS GOLDIGBERGER