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GAMES

Adventures sind tot? Bullshit.

Ob du es glaubst oder nicht: Heute erscheinen mehr gute Adventures als in deiner Kindheit. Hier ein paar der besten Beweisstücke.

Screenshot via offizielle Website

Sie tragen Namen wie Space Quest, Monkey Island, Gabriel Knight und Legend of Kyrandia—Point-&-Click-Adventures haben unsere Jugend vor dem Computer geprägt. In einer Zeit, in der die meisten Spiele inhaltlich sehr simpel daherkamen, waren bei den Adventures gerade Geschichten, Figuren, Dialoge und Rätsel tonangebend.

Natürlich sind Sachen wie Heavy Rain, The Walking Dead oder The Wolf Among Us fein—also cinematische Storyspiele die ihre Wurzeln im Adventure-Genre haben—aber sie sind eben nicht das gleiche wie ein waschechtes Point-and-Click-Fest der alten Schule, wie sie Ende der Achtziger bis Anfang der Neunziger populär waren und die sich mit dem Wachsen des Marktes in Richtung Mainstream sowie dem Aufkommen schneller 3D-Polygongrafik irgendwann in einer winzigen Nische wiedergefunden haben.

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So um die Mitte der Nuller-Jahre herum sind die Adventures dann mit dem Aufkommen neuer digitaler Vertriebsformen, diverser Indie-Szenen und dem allgemeinen Retro Chic zurückgekommen und konnten in einigen Fällen sogar wieder kommerzielle Mainstream-Erfolge verbuchen. Trotzdem glauben viele, es gäbe keine guten Adventures mehr—wahrscheinlich vor allem deshalb, weil es so viele schlechte gibt.

Osteuropäische Detektiv- und Horror-Adventures voller geschmackloser 3D-Umgebungen und allgemeiner unerträglicher Biederkeit wechseln sich ab mit oberflächlichen Wimmelbildspielen für gelangweilte Hausfrauen. Ja, selbst die vermeintlich "guten" Spiele wie Deponia von unseren deutschen Freunden Daedalic, Runaway von den Spaniern Pendulo oder Moebius von Genre-Adel Jane Jensen sind im Vergleich zu den Genre-Höhepunkten von vor zwanzig Jahren so aufregend, sympathisch und originell wie eine Taube, die mehrmals von der Straßenbahn überfahren worden ist.

Wenn man seine Infos nur aus Medien wie der GameStar bezieht und noch nie in seinem Leben einen Indie-Blog wie Superlevel oder Rock, Paper, Shotgun gelesen hat, dann könnte man mitunter fast glauben, das wäre echt alles. Kein Wunder, wenn man da seit zwanzig Jahren einem imaginierten Goldenen Zeitalter nachweinen muss. Die gute Nachricht ist, es gibt keinen Grund dafür! In Wirklichkeit erscheinen heute viel mehr gute Adventures als in der vermeintlichen Hochphase des Genres—und abgesehen von unsterblichen LucasArts-Klassikern wie The Secret of Monkey Island und Day of the Tentacle sind die meisten davon auch um einiges besser designt als früher. Hier sind fünf ausnahmslos brilliante Beispiele, alle aus den letzten fünf Jahren.

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Gemini Rue

Screenshot via offizielle Website

Die Könige des Point-and-Click-Adventures heißen heute Wadjet Eye Games. Dahinter steckt ein sympathischer New Yorker namens Dave Gilbert, der nicht nur selbst hervorragende Spiele schreibt, sondern auch als Publisher und Produzent für garantiert erstklassige Genreware tätig ist. Musterbeispiel: Das Cyberpunk-Adventure Gemini Rue von Joshua Nuernberger. Nicht nur die dystopische SciFi-Geschichte ist richtig gut, auch das erfrischend nachvollziehbare Rätseldesign zeigt Wege aus den gestörten Item-Kombinier-Orgien der Adventure-Vergangenheit.

The Sea Will Claim Everything

Eigener Screenshot

Dieses außergewöhnliche Adventure vom deutsch-griechischen Künstler Jonas Kyratzes, kongenial illustriert von seiner Ehefrau Verena Kyratzes, ist eines der besten Adventures, die je erschienen sind, und eines der tollsten Spiele der letzten Jahre. The Sea Will Claim Everything stellt den bisherigen Höhepunkt ihrer Lands of Dream-Serie dar, die politische Kritik in kindlich-fantasievolle Fabeln kleidet. Und: So viele Mushroom-Puns. Hunderte.

The Dream Machine

Screenshot via offizielle Website

Normalerweise gibt es gerade bei Adventure-Spielen wenig, das schöner ist als so richtig niedrig aufgelöste Pixelart-Grafik. The Dream Machine gehört zu den Ausnahmen: Spielwelt und Figuren sind aus Materialen wie Ton und Karton handgebastelt und werden per Stop-Motion-Verfahren animiert. Das Ergebnis ist ein wunderschönes, surreales Gruselmärchen zwischen Alltag und Alptraum, das in insgesamt sechs Episoden veröffentlicht wird. Vier davon sind schon fertig.

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Time Gentlemen, Please!

Wer sich am liebsten an Sam and Max Hit the Road erinnert und Adventures vor allem für den anarchischen Humor gespielt hat, der kommt um Time Gentlemen, Please! (und dessen beigepackten Gratis-Vorgänger Ben There, Dan That!) nicht herum. Die Genre-Vorväter bis zurück zum Text-Adventure werden in diesem krude gezeichneten Gag-Feuerwerk der britischen Kumpels Ben Chandler und Dan Marshall gleichzeitig verarscht und vergöttert. Es gibt nicht viele Spiele, die einen "Racism"-Slider im Optionsmenü haben und den vollgeschissenen, blutverschmierten Arm von Adolf Hitler als nützlichen Inventargegenstand einzusetzen wissen.

Botanicula

Screenshot via offizielle Website

Vom tschechischen Entwickler Amanita Design kennen die meisten wohl vor allem den modernen Indie-Eh-Schon-Klassiker Machinarium. Für meinen Geschmack spricht man aber zu wenig über den Nachfolger Botanicula. Der sieht weniger wie ein deprimierender Ostblock-Cartoon aus, hat aber den gleichen wunderlichen Charme und visuellen Einfallsreichtum. Wir steuern unsere tapfere Heldentruppe, bestehend unter anderem aus einem Zweig, einem Pilz und einer Feder, durch all jene Abenteuer, die einem in der Natur so widerfahren können, wenn man nur ein paar Zentimeter groß ist. Wie in Machinarium wird kein Wort gesprochen und die Rätsel gehören zur Varietät "Rumdrücken, ausprobieren, begreifen, staunen". Es lebe die Neugier!

Andi auf Twitter: @schirmsprung

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