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Sex

Der Pfahl in der Welthauptstadt der Prüderie: Porny Days 2014

Während dem Sex-Filmfestival "Porny Days" versteckt sich Zwingli im Grossmünster.
Love Battles. Zur Verfügung gestellt von Doc&Film Worldsales

Es ist schwer, in unserer hypersexualisierten Mainstreamporno-Welt kein total desillusioniertes, abstrahiertes und verwirrtes Verhältnis zu Sex zu haben. Getrieben von Vorurteilen, Sex-Stereotypen und kulturellen Konventionen, bleibt den meisten nichts anderes übrig, als sich der Youporn-Fabrik hinzugeben.

Die ist wenigstens einigermassen gesellschaftlich akzeptiert: Jeder macht's—niemand gibt's zu. Schliesslich heisst es, Sex sei wichtig, aber bitte so, dass die Nachbarn das private Gestöhne nicht mitbekommen.

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Aber wo bleibt da die Vielseitigkeit, die Individualität? Mag denn wirklich jeder kahle Pussys und Riesenbrüste? Seit einer Ewigkeit kämpfen Anti-Porn-Feministinnen für das Verbot von sexuellen Darstellungen, aber wie wir nur zu gut wissen, hat Zensur ganz fiese Nebenwirkungen und noch nie wirklich was gebracht.

Foto zur Verfügung gestellt von Manuel Scheiwiller​

In diesem Konflikt räumen die „Porny Days" mit der Neoprüderie und standardisiertem Mainstream -Sex auf. Das Sex-Filmfestival ist ein Lichtblick in der lustlosen Vorweihnachtszeit in Zürich, der Hauptstadt der zwinglianischen Prüderie. Ich mit meiner langjährigen Erfahrung in der Zürcher Beziehungswelt bin wahrscheinlich etwas zu ernüchtert und nicht gerade voll Hoffnung dafür, dass sich die Zürcher dem Thema Sex mehr öffnen, aber vielleicht ist genau darum ein Zürcher Sex-Filmfestival nötig.

Doch wer glaubt, sich mit dem Festival den nächsten Youporn-Shot zu ersparen oder eine neue Grindr-Plattform zu finden, liegt falsch. Gekitzelt wird allenfalls, abgespritzt aber woanders.

Foto zur Verfügung gestellt von Manuel Scheiwiller​

Wer an die Soft-Version einer Erotikmesse denkt, die auch Ästheten was bietet, liegt auch falsch. Mit einem kurzen Blick über die Programmschwerpunkte, die von Swedish Feminist Power bis zu BDSM im Dokumentarfilm gehen, stelle ich fest, dass die „Porny Days" nicht die omnipräsente Frage nach gutem oder schlechtem Sex stellen.

Vielmehr wollen sie Sex kritisch, kontrovers, sinnlich, aber auch humorvoll darstellen. Aber ist nicht gerade die Problematik unserer hypersexualisierten Gesellschaft, dass wir viel zu viel Sex zu sehen bekommen und den Bezug zum echten, wahren Sex verlieren? Der Lösungsansatz Zensur ist keine Option. (Auch wenn radikale Feministinnen dies immer für das einzige Mittel gegen sexuelle und häusliche Gewalt halten—die haben meiner Meinung nach die Problematik falsch verstanden.)

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Tribe. Zur Verfügung gestellt von Alpha Violet World Sales​

Der einzige Weg, der für mich Sinn macht, ist die Lösung innerhalb der Industrie zu finden. Mit der Filmauswahl der „Porny Days" 2014 „Vom Zelebrieren der Lust bis zur verstörenden Gesellschaftskritk" soll diese Brücke zwischen Sex-Positivismus und Kritik geschaffen werden. Dennoch weiss ich nicht, ob mich die Unkonventionalität des Festivals nicht überfordern wird.

Wie soll ich mir am Sonntagmorgen beim Porny Brunch ein Gipfeli und einen Sex-Streifen reinziehen? Oder wie soll mich Manuel Scheiwiller mit seiner Performance MakeOut4Ultimate am Samstagabend zum Knutschen bringen, wenn ich direkt vom Filmblock über „Sex under Oppression" oder „Swedish Feminist Power" komme? Aber vielleicht macht es genau diese Spannung aus, Sex offen, ohne Vorurteile zu betrachten und dabei die dunklen Seiten nicht zu ignorieren. Schlimmstenfalls ist dies Horizont erweiternd.

Love Battles. Zur Verfügung gestellt von Doc&Film World Sales​

Vielleicht kommt meine Skepsis auch daher, dass ich mich viel zu viel mit dem Thema Sex und Feminismus auseinandersetze und als bekennende Feministin bis heute noch nicht ganz geschnallt habe, wieso meine feministischen Genossinnen beleidigt sind, wenn ich mich so lustvoll und offen auslebe, wie ich will.

Auf was ich mich an den Porny Days wirklich freue, ist die Vielfältigkeit und den natürlichen Approach. Es scheint mir, dass nicht mit der Banalität und Künstlichkeit von „sex-sells" gearbeitet wird.

Die ​Porny Days finden dieses Jahr vom 5. bis 7. Dezember 2014 im Kino Riff Raff und in der Ambossrampe in Zürich statt.

Die ​Performance von Makeout4ultimate braucht noch Unterstützung: Sie bietet Lasershow, Lapdance, Knutschworkshop, fortgeschrittenes Küssen, Folter, Akrobatik, Musik und vieles mehr. Wer noch eine Ausrede braucht, ein erstes Date auf subtile Art zum Knutschen zu bringen, sollte unbedingt was beisteuern.