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Ich habe versucht, im Internet einen Schimpansen zu kaufen

Im Internet werden Tausende bedrohte Tiere—lebend, tot oder in Einzelteilen—angeboten. Also habe ich versucht, mir eins davon zu besorgen.

Tiere üben eine endlose Faszination auf Menschen aus. Warst du mal im Internet? Kennst du Vine? Wusstest du, dass es bei YouTube mittlerweile 225.000 Videos von Rehkitzen gibt? Alles Beweise, dass die unergründliche Fremdheit von Tieren uns bis in alle Ewigkeit fesseln und Fragen stellen lassen wird. Fragen wie „Können wir wirklich mit Delfinen kommunizieren?" oder „Warum sehen Widder immer so unentspannt und griesgrämig aus?"

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Unser reges Interesse für die vielfältige Fauna unseres Planeten hat allerdings auch seine Schattenseiten—und ich spreche nicht nur von der Frau, die eine lebende Katze in die Mülltonne geworfen hat. Diese dunkle Seite besteht vor allem aus einer kleinen Gruppe von Menschen, die sich nichts Schöneres vorstellen können, als sich ihr Zuhause mit Körperteilen bedrohter Tierarten zu dekorieren.

Tatsächlich konnte eine Studie des Internationalen Tierschutz-Fonds (IFAW) im Internet 33.000 Angebote für bedrohte Tiere oder Körperteile bedrohter Tiere ausfindig machen, wobei sich Deutschland mit 1.666 Annoncen—davon 1.551 für lebende Tiere—hinter China auf den zweiten Rang der Weltrangliste fragwürdiger Verkaufsangebote gemausert hat.

Großbritannien, wo ich wohne, schaffte es in dieser Liste des Grauens immerhin noch auf Position vier, wobei Elfenbein die hier am häufigsten feilgebotene Ware ist—das ist an sich zwar überaus verabscheuungswürdig, andererseits dann aber auch irgendwie langweilig. Der Stoßzahn eines Elefanten wird dich nicht mit einer herzlichen Umarmung begrüßen, wenn du erschöpft von der Arbeit nach Hause kommst. Nach dem Kauf wirst du aller Wahrscheinlichkeit keine nennenswerte Erlebnisse mehr mit deiner Anschaffung haben—mal abgesehen von den ganzen Leuten, die das sehen und dich dann dafür zur Sau machen, dass du aktiv an einer der vielen grausamen, verabscheuungswürdigen Praktiken teilnimmst, die die Menschheit zur schlimmsten Heimsuchung machen, die unserem Planeten je widerfahren ist.

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Es gab aber auch Internetseiten, auf denen man angeblich lebendige Schimpansen, Tiger, Orang-Utans, Bären und „stubenreine" Gorillas kaufen kann. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum man überhaupt das Bedürfnis hat, einen Schimpansen zu halten. Die alten PG Tips-Werbefilme fand ich schon immer unglaublich gruselig und absolut jede Dokumentation, die ich bis jetzt über Menschen gesehen habe, die sich Primaten in ihrem Zuhause halten, endete genau so, wie es laut ebendieser Menschen gegenüber dem Moderator niemals enden würde: mit Blut, Tränen und einem Anruf beim Tierschutz.

Nichtsdestotrotz wollte ich herausfinden, wie einfach es eigentlich ist, sich einen Affen zu besorgen. In der Studie hieß es, dass diese Tiere auf „öffentliche[n] Webseiten […], die für jeden frei zugänglich sind", angeboten werden, also schloss ich meinen TOR-Browser wieder und begab mich auf ins World Wide Web.

Die erste vielversprechende Seite, auf die ich stieß, war babieschimpanzee.webs.com. Auf den ersten Blick hätte es sich dabei auch um das Myspace-Profil einer Peta-Aktivistin handeln können—wenn man von der ganzen „Monkeys for Sale"-Geschichte mal absieht (ich bin mir nicht ganz sicher, wie Peta dazu steht). Hier lernte ich ein paar sinnvolle Ratschläge über die Haltung von Schimpansen. Zum Beispiel: „Bau eine Beziehung zu deinem Haus-Äffchen auf, indem du mit weicher Stimme zu ihm sprichst. Sag seinen oder ihren Namen oft. Sandra, Sandra, SANDRA, haha."

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Ich kann mir bildhaft vorstellen, wie eine solche Unterhaltung wohl abläuft: „Guten Morgen, Sandra. Warum schaust du mich so böse an, Sandra? Hey, lass Papas Kopf los—nimm deine Daumen aus meinen Augen! Um Gottes Willen, lass mein Gesicht los, SANDRA, haha!"

Leider sollte mir diese Seite nicht dabei behilflich sein, meine Theorie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Obwohl der Betreiber seine Kontaktdetails nicht weniger als sechs Mal auf der Seite angibt, bekam ich auf keine meiner vielen E-Mails eine Antwort. Es war auch etwas besorgniserregend, dass diese Seite, die ansonsten einen durchaus seriösen Eindruck vermittelte,Schimpansen—ein Mitglied der Familie der Hominiden und im Englischen gemeinhin „ape"—öfters als „monkey", also Äffchen, bezeichnete—also lieber schnell zum nächsten Angebot.

Mercattel ist eine spanischsprachige Kleinanzeigen-Webseite, die es irgendwie geschafft hat, noch unseriöser als babieschimpanzee.webs.com auszusehen—was für mein Vorhaben allerdings ein durchaus vielversprechendes Zeichen sein konnte.

Auf der Seite wird wirklich alles Mögliche beworben und angeboten—darunter auch eine Vielzahl „legaler Abtreibungskliniken"; jemand, der mit Zaubereien bewirken kann, dass du in der „Lottory" gewinnst; und ein „Super power magic ring of wonders"—was zur Hölle das auch immer sein soll. Wenn sich irgendwo illegal ein Primat erstehen lässt, dann doch wohl hier.

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Das Angebot der „Animals"-Sektion der Webseite reichte von afrikanischen Riesenschnecken (ja, die Viecher, die Häuser fressen und Menschen mit Hirnhautendzündung anstecken können bis hin zu Steinadlern. Ich war aber auf der Suche nach etwas Flauschigerem, also klickte ich auf „Monkeys" und fand das hier:

Die Anzeige erfüllte wirklich all meine Kriterien. Wer hätte denn schon nicht gerne ein „fast menschliches" Haustier, das dem Anzeigentext zufolge auch noch total pflegeleicht ist? Wenn ich zum Beispiel mal in den Urlaub fliegen sollte, kann ich meinen neuen Mitbewohner problemlos mit einer ordentlichen Wochenration Lollis und Essensresten zurücklassen und ihn bei meiner Rückkehr dann wieder putzmunter in die Arme schließen. Als wäre das nicht schon überzeugend genug, versprach der Verkäufer neben dem Affen noch einen Gratis-Käfig, ein Gratis-Lederhalsband und eine Anleitung dazu, wie mit dem neuen Haustier umzugehen ist.

Leider und trotz des versprochenen „Lebendversands" wurde mir, als ich den Händler kontaktierte, mitgeteilt, dass ich nach Kuwait reisen müsste, um den Affen abzuholen. Das schien mir dann doch ein eher schlechter Deal zu sein: Nicht nur sollte ich hier sowohl für die Flüge als auch für meinen neuen „ulkigen Gefährten" blechen, sondern auch das ganze Risiko auf mich nehmen, einen lebenden Schimpansen durch die Sicherheitsschleusen diverser Flughäfen zu schmuggeln. Ich kam ziemlich schnell zur Auffassung, dass das Schmuggeln kleinster Drogenmengen in meinen Socken mich nicht angemessen auf diese durchaus schwierige Aufgabe vorbereitet hatte. Ich lehnte das Angebot ab.

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Langsam aber sicher machte sich bei mir eine Mischung aus Verzweiflung und Wut breit. Wenn ein Mann in einem abgrundtief hässlichen Hemd es schafft, eine Rakete auf einem fliegenden Steinbrocken zu landen, dann sollte es doch für einen Mann in einem Morgenmantel mit Spiegelei-Resten ein Leichtes sein, sich einen lebenden Primaten vor die Haustür liefern zu lassen—oder?

Ich begann, meine Suche auszuweiten. Unter dem Pseudonym Dr Zaius fing ich an, jeden potenziellen Affenhändler bei global-free-classified-ads.com anzuschreiben—inklusive der Person, die diese leicht verstörende Anzeige ins Netz gestellt hatte:

Schon bald kontaktierte mich eine Person, die sich selber Rose nannte. Sie behauptete, dass sie mir zwei Baby-Marmosetten zuschicken könnte. Das war jetzt allerdings nicht wirklich das, was ich eigentlich im Sinn gehabt hatte—Marmosetten darf man in Großbritannien legal als Haustier halten, was der ganzen Angelegenheit etwas den Spaß nimmt. Ich war es allerdings leid, mich durch unzählige GeoCities-Seiten zu klicken und entschied mich so, auf das Angebot einzugehen.

Zu meinem großen Glück wollte Rose noch nicht mal Geld für die beiden Äffchen. Sie verlangte nur, dass meine Familie und ich versprechen, ihren „Babys" ein schönes Zuhause zu bieten. Komischerweise hatte sie dann aber kein großes Problem damit, als ich ihr sagte, dass ich keine Familie habe und die Affen zu „Unterhaltungszwecken und aus Gründen der Haussicherheit" haben wolle.

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Nachdem sie mir die Namen der Tiere mitgeteilt hatte (Danny und Melly), kam Rose auch schnell zur Sache. Alles, was sie jetzt noch brauchen würde—neben dem von mir schon nicht erfüllten Versprechen—, sei eine Überführungsgebühr von 415 Pfund [525 Euro], die ich via Western Union an ihren Sohn Leroy McGahee, seines Zeichens Priester, schicken sollte. Die ganze Geschichte schien mir total seriös, also ging ich drauf ein.

Jetzt brauchte ich nur noch einen Beweis, dass Danny und Melly süß, ungefährlich und vor allem echt waren. Vielleicht bin ich bescheuert genug, zwei Marmosetten im Internet zu kaufen, aber ich werde bestimmt nicht einer wildfremden Person eine Monatsmiete überweisen, ohne wenigstens irgendeine Form visueller Absicherung gesehen zu haben—auch wenn es ein Priester ist.

Ich forderte also ein Foto, auf dem beide Äffchen vor einem Schild mit der Aufschrift „Dr Zaius" zu sehen sind. Rose reagierte ungewohnt zurückhaltend auf meine Anfrage und fing an, sich in komischen Ausreden zu verrennen. Zuerst sagte sie, dass Danny und Melly gerade bei Reverend Leroy seien und er das Bild nicht machen könne. Dann behauptete sie, dass sie gerade zu viel Arbeit in der Notaufnahme habe, um meiner Bitte nachkommen zu können.

Rose ging sogar so weit, mir zu sagen, dass sie gerade noch nicht mal die Zeit finden würde, ihre Babyaffen zu füttern. Jetzt machte ich mir schon ein paar Sorgen: In welchem Zustand würden die Kleinen wohl an meiner Haustüre eintreffen, wenn sie es noch nicht mal schafft, ihre Tiere zu füttern? Um Rose endlich zum Handeln zu animieren, drohte ich ihr, sie an das Veterinäramt zu verpfeifen.

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Es dauerte nicht lange und ich bekam das hier:

Ich wusste nicht, ob ich jetzt belustigt, beleidigt oder stolz sein sollte. Das hier war definitiv ein Affront gegen meine Intelligenz. Der Gedanke allerdings, dass „Rose" irgendwo auf dieser Erde mit Dollarzeichen in den Augen in einem Internetcafé hockt und sich mit MS Paint abmüht, war dann doch Belohnung genug. Ich bedankte mich bei Rose für das Bild, sagte ihr aber, dass ich mich mittlerweile von dem Gedanken, Marmosetten als Haustiere zu halten, verabschiedet hätte. Ich hörte nie wieder von ihr.

Was habe ich jetzt also von meinem Ausflug in die Welt des Online-Tierhandels gelernt?

Erstens: Dieser Wirtschaftszweig hält unzählige Betätigungsmöglichkeiten für skrupellose Webdesigner bereit.

Zweitens: Ich würde es durchaus als gutes Zeichen werten, dass mich jemand versucht hat, übers Ohr zu hauen. Wenn nämlich eine der 33.000 Anzeigen ein Scam war, dann kann man darauf wetten, dass sich unter den ganzen Angeboten noch eine Menge mehr tummeln—das bedeutet dann wiederum, dass hoffentlich weniger Menschen da draußen versuchen, bedrohte Tiere zu verticken, als ich ursprünglich dachte. Also: Augen auf beim Affenkauf!