Alle Fotos: María Andrea Villasmil
Venezuela ist nicht nur eines der gefährlichsten Länder der Welt, sondern auch eines der wirtschaftlich schwächsten. Dank einer explosiven Mischung aus Hyperinflation, strengen Preis- und Währungsregulationen, enttäuschenden Ölverkäufen und vielen furchtbaren Regierungsentscheidungen ist es hier zum Normalzustand geworden, dass sogar ganz alltägliche Dinge Mangelware geworden sind. Da muss man sich auch schon mal stunden- oder tagelang anstellen, um irgendetwas abzugreifen—wenn die Waren denn überhaupt in den Regalen ankommen. Dieser Umstand wirkt sich natürlich auch auf den venezolanischen Alltag aus. Ein Beispiel: Da man nur schwer an Verhütungsmittel rankommt, ist vielen Venezolanern die Lust auf Sex vergangen.„Früher habe ich noch Grindr genutzt, weil man so immer recht schnell einen Sexpartner gefunden hat. Das ist in den letzten Jahren jedoch immer seltener geworden, denn es mangelt an Kondomen. Inzwischen benutze ich meine aufgehobenen Pariser nur noch, wenn ich wirklich nicht mehr anders kann", erklärt mir der 28-jährige Alejandro Bohorquez. „Ich versuche entweder, meine Lust zu unterdrücken, oder habe gar keinen penetrierenden Sex. Da ich mir keine Geschlechtskrankheit einfangen will, ziehe ich es tatsächlich vor, keinen Geschlechtsverkehr zu haben. Sicher ist sicher."Im Februar 2016 wurden der Organisation StopVIH Dokumente zugespielt, in denen steht, dass in den venezolanischen Bundesstaaten Amazonas, Anzoátegui, Aragua, Bolívar, Carabobo, Lara, Miranda, Monagas, Nueva Esparta, Sucre, Táchira und Distrito Capital eine alarmierende Knappheit an Verhütungsmitteln herrscht. Das bedeutet, dass fast die Hälfte der venezolanischen Bevölkerung keinen oder nur sehr beschränkten Zugang zu Kondomen hat. Dieser Umstand führt dann wiederum dazu, dass die von NGOs unternommenen Schritte gegen HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten quasi wieder zunichte gemacht werden. Dabei hat Venezuela von allen südamerikanischen Ländern die dritthöchste AIDS-Ansteckungs- sowie eine extrem hohe Teenie-Schwangerschaftsrate.
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Auf vielen Instagram-Accounts werden Verhütungsmittel angeboten
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Kondome
Da unsere Regierung das böse Konsum-Imperium der USA schon immer als den Teufel angesehen hat, ist es doch ganz schön, dass das Kondom, das man in Venezuela am einfachsten bekommt, „SEX USA" heißt. Ich rate allerdings dazu, die Nase zuzuhalten, wenn man die Verpackung öffnet, denn die Teile riechen wirklich furchtbar. Ich ziehe meinen Hut vor den Menschen, die dieses Präservativ tatsächlich schonmal in den Mund genommen haben.Das Kondom ganz rechts wurde „Momentos" genannt und damit erlebt man auch sicherlich schönere Momente als mit dem Kondom ganz links. Mal ehrlich, wenn ich schon so viel Geld für einen Gummi hinblättere, dann will ich auch nicht von einer 90er-Jahre-Shakira mit abwertendem Blick angestarrt werden. Da geht doch sofort die ganze Stimmung flöten.Motherboard: Diese smarten Kondome leuchten, wenn sie eine Geschlechtskrankheit entdecken
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Das Chavista-Kondom
Die Pille
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Slipeinlagen
„Jeden Dienstag stelle ich mich an, um regulierte Produkte einzukaufen. Dabei warte ich lieber sechs Stunden, als die Preise des Schwarzmarkts zu zahlen", erzählt mir Gladys Parra, eine 56 Jahre alte Hausfrau. „In Venezuela ist ja auch so schon alles richtig teuer. Da spare ich mir lieber Geld als Zeit."Munchies: Venezolaner kündigen ihre Jobs um illegales Bier zu brauen