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Drogen

Heroin, Kokain und Gras sind billiger, stärker und leichter erhältlich als jemals zuvor

Eine neue Studie beweist, dass der War on Drugs nicht funktioniert.

Beschlagnahmungen von Grenzpolizisten machen es nicht schwieriger an Drogen zu kommen. Photo: Customs and Border Patrol

Mehr als vier Jahrzehnte ist es jetzt her, dass Richard Nixon Drogen zu Amerikas Staatsfeind Nummer 1 erklärt hat, nur um wenig später standesgemäßg auch schon den Sieg im War on Drugs zu proklamieren. Wir wissen schon viel zu lange, dass diese Art der Drogenbekämpfung ein Misserfolg ist, aber die Statistiken, die Even Wood nun im British Medical Journal publizierte sind wirklich erstaunlich: Heroin, Kokain und Marihuana sind mindestens genauso leicht erhältlich, wesentlich billiger und stärker als sie es jemals vor der großangelgten US-amerikanischen Anti-Drogen-Kampagne waren.

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Wood und sein Team von der Urban Health Research Initiative der Universität British Columbia sammelten staatliche Informationen zur Drogenüberwachung in sieben verschiedenen Ländern. Zwischen 1990 und 2010 fiel der Straßenpreis von Heroin, Kokain und Marihuana um ungefähr 80 Prozent. Gleichzeitig wurde die Wirkung stärker: Die Durchschnittsreinheit von Heroin ist um 60 Prozent gestiegen, der Reinheitsgrad von Kokain stieg um 11 Prozent und die Wirksamkeit von Cannabis stieg um 161 Prozent. Trotz Beschlagnahmungen gingen die Preise runter und die Versorgung blieb stabil.

Auch wenn wir wissen, dass Gras stärker denn je ist, scheint der Trend in Richtung härteren Drogen zu gehen. Wir sprachen mit Wood über die Verbotspolitik und die Versuche von regulierten Legalisierungen:

VICE: Dein Bericht ist also eine Sammlung von Daten, die beweisen, dass die Drogen-Bekämpfung, wie wir sie kennen, nicht funktioniert. Hab ich das richtig verstanden?
Evan Wood: Das stimmt. Der Preis von Cannabis ist über die Jahre abgeflacht und die Wirkung stärker geworden. Ähnlich scheint es mit Heroin und Kokain zu laufen. Das verkauft die US-Regierung als Erfolgsgeschichte ihres War on Drugs, aber wenn du dir die Daten genauer ansiehst, zeigt sich, dass ihre Drogenbekämpfung eigentlich nicht viel damit zu tun hat. Es gab keinen Fortschritt in den letzen zwei Jahrzehnten. Das Angebot geht hoch und runter, aber nichts davon hat irgendwas damit zu tun, was die Regierung macht.  
In den Medien werden Beschlagnahmungen in einem hell erleuchteten Raum mit bewaffneten Beamten und haufenweise Drogen gezeigt, was suggerieren soll, dass diese Konfiszierungen irgendeinen Einfluss hätten auf die Erhältlichkeit oder das Angebot auf der Straße.

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All graphs: British Medical Journal

Und das hast du dir näher angesehen: Trotz staatlicher Bemühungen gab es keine Veränderung was das Angebot auf der Straße betrifft.
Ja, das bloße Ausmaß dieser Entwicklung ist wirklich ziemlich beeindruckend. Ein Wissenschaftler hat sich mit den Drogen, die von Mexiko aus in die USA eingeschleust werden befasst, und eine Studie über das total Gewicht und die Menge erstellt. Dabei ist ihm aufgefallen, dass die in die USA geliefert Drogen zusammengenommen in 60 Trucks passen. 5.5 Millionen Trucks fahren jährlich durch Laredo. Das zeigt dir, wie schwierig das ist: Um auch nur im Ansatz etwas an der Menge ändern zu können müssen die 60 Trucks von den 5.5 Millionen aussortiert werden.

Man würde erwarten, dass das Angebot gleich bleibt, aber wie kommt es, dass die Preise gesunken und die Wirkung stärker geworden ist?
Ein Grund ist ganz einfach, dass das Angebot mehr Kraft hat als staatliche Bemühungen, Drogen zu verbieten. Kokain oder Heroin können bei einer Anzahl von Stufen im Prozess gestreckt werden, aber weil das Angebot so groß ist, besteht darin keine Notwendigkeit mehr. Das Resultat ist, wir haben mehr Drogen auf den Straßen, die wesentlich wirksamer und reiner sind.

Hat die freie Wirtschaft irgendwas damit zu tun? Gibt es jetzt mehr Spieler auf dem Platz?
In Bezug auf die kapitalistischen Marktmechanimsen führen die Festnahmen von Großdealern einfach nur zu einem Vakuum. Schau dir einen der großen „Erfolge“ im War on Drugs an, bei dem der Medellin Kartell aufflog. Daraufhin war der Markt offener für andere Hersteller.

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Es waren ja nicht nur die Hersteller in Kolumbien, die expandieren wollten, auch mexikanische Drogenhändler versuchten größer zu werden und ihre Macht auszuweiten und begannen ebenfalls mit der Produktion. Ein Großteil des Angebots und der Herstellung verschob sich auch einfach an benachbarte Anden-Staaten.

Die meisten Berichte sagen, dass heute weniger Land für Koka Produktion verwendet wird. Andererseits scheinen sich die Anbaumethoden gewandelt zu haben. Die Bauern fahren höhere Erträge ein und nutzen unterschiedliche Arten von Pflanzen, die weniger Anbaufläche benötigen. Es ist wichtig zu verstehen, dass das alles ein Teil der lokalen Wirtschaft ist. Wenn den Leuten jetzt ein Produktions- oder Distributionsweg weggenommen wird, finden die schon einen Weg, um im Geschäft zu bleiben.

Beschlagnahmen bringt also nichts. Gibt’s denn was, was etwas ändern würde?
Wir haben hunderte Millionen von Dollar in die Bewältigung dieser Sache reingesteckt. Wir müssen uns nun überlegen, was bessere Erfolge bringen kann. Es gibt unterschiedlichen Arten mit Drogenkonsum umzugehen, und davon ist schädlicher Konsum nur eine Option. Wir können uns die Berichte aus der Notaufnahme von tödlichen Überdosen, Hepatitis C Übertragungen und HIV ansehen. Das sind die Folgen von Drogen, die wir vermindern wollen und das sich auch die Dinge, die wir uns ansehen müssen, wenn wir versuchen das Problem der Drogen zu kontrollieren.

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In Washington, Colorado und Uruguay schaut die Regierung eher auf Regulierungen und Vorschriften als auf Verbote. Sind alle bereit den War on Drugs zu beenden?
Kofi Annan sagte 1998, „ich glaube, dass wir in 10 Jahren in einer drogenfreien Welt leben werden.“ 15 Jahre später ist er einer von denen, die sich für die Legalisierung und Regulierung von Drogen aussprechen. Seine damaligen Äußerungen spiegeln die Einstellung und Haltung gegenüber Drogen in den 1990er Jahren wieder. Heute haben er, und ich glaube auch eine Reihe von anderen, die Zeichen der Zeit erkannt.

Die Leute wissen, dass Verbote der falsche Ansatz sind, und dass die massenhaften Verhaftungen und Verurteilungen wegen Drogendelikten, massive schädliche soziale Folgen für unsere Gesellschaft mit sich brachten.

Marihuana ist eine Sache, aber glaubst du, so etwas kann auch mit härteren Drogen passieren?
Ich kann nichts dazu sagen, wie die Richtlinien zukünftig aussehen werden, aber ich finde die Strategie ein und dieselbe Verfahrensweise auf soviel verschiedene Substanzen anzuwenden, ist sehr engstirnig und eindimensional.

In Kanada haben wir mit Heroinverschreibungen für Menschen, bei denen die Methadonbehandlung nicht angeschlagen hat, herumexperimentiert. Die Ergebnisse waren durch und durch positiv. Ich empfehle nicht, dass wir mit Heroin so umgehen sollten wie mit der Legalisierung von Cannabis. Aber auch in anderen Ländern, wie der Schweiz beispielsweise, wo die Substanzen als Teil medizinischer Behandlung in einem streng regulierten Rahmen gesehen werden, hat sich dies als erfolgreicher vielversprechender Ansatz bewiesen.

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