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Sex

Meine Vagina ist kein Keller!

Wir wollen wohlklingende Namen für unsere Muschi. Und bitte „da unten” nie, nie, nie mehr hören!

Foto von der Universidad de Antioquia

Es geschah am frühen Morgen eines warmen Sommertages. Der Tag begann eigentlich perfekt. Mit einem noch warmen, köstlich duftenden, frisch gekauften Tomaten-Mozzarella-Bagel in der Hand ritt ich auf einer Welle allerhöchster Erwartungen—die dann abrupt an diesem Fels der Enttäuschung zerschellte: Charlotte Roches „Feuchtgebiete”. Auch wenn viele Zuschauer mehr Belustigung als Abscheu für diesen Film empfanden, ist er wohl eine der fadesten Schockbild-Aneinanderreihungen, die jemals auf die Leinwände des Unterhaltungskinos projiziert worden ist.

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Aber zurück zum Bagel. Es war dann schliesslich so, dass ich zwischen der letzten Zigarette vor Vorstellungsbeginn der Pressevorführung und dem letzten Gang zur Toilette—ich muss zugeben, ein bisschen nervös war ich schon—vor dem Versinken in den Kinosessel nicht mehr dazu kam, ebendiesen Bagel zu verspeisen. Ich hatte Hunger. So einen Katerhunger, mit dem man sich eigentlich nicht freiwillig in ein Kino setzt. Aber Pressevorführungen sind gratis und ausserdem war ich gespannt auf die Szenen aus dem Trailer. Und weil ja alles so richtig eklig und explizit und überhaupt sein sollte.

Foto von Bret Taylor

So jedenfalls kam es dazu, dass ich mit meinem Bagel im Kinosaal sass, in einem Film, der für meinen Appetit nicht wirklich das war, was man anregend oder annehmbar nennen würde. Zumindest hatte ich kein Stück Spinatpizza dabei (da gibt es die Szene, in der ein paar Pizzalieferanten zusammen auf eine Spinatpizza abspritzen). Jedenfalls habe ich trotzdem zögerlich, aber mutig in den Bagel gebissen. Dann noch einmal und noch einmal, und schliesslich konnte ich ihn, trotz aller Finger-im-Arsch und Zunge-in-Muschi und Anus-Selbstverstümmelungen gänzlich aufessen.

Als ich das Kino verliess, war ich derart vollgepumpt mit Ekelbildern, dass allein die Frage blieb: WARUM? Warum provoziert der Film eigentlich, womit denn eigentlich? Kann es wirklich sein, dass es selbst heute noch schockiert, wenn sich weibliche Filmfiguren benehmen wie Männer? Ist der Bezug auf schnellen Sex, den Umgang mit dem eigenen Körper und den dazugehörigen Flüssigkeiten echt ein gegenwartsrelevanter Stereotyp der Männerwelt? Und kann es sein, dass wir nur deshalb so geil auf Wälzer wie Feuchtgebiete oder Fifty Shades of Grey sind, weil wir trotz allen Pussy Riots, Femem und Post-Alice-Schwarzer-Feministinnen ein, im Grunde genommen wahnsinnig verklemmtes Verhältnis zu Sex haben?

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Foto von Brian Miller

Ein Beispiel: Letztens habe ich im Zug bei einem nicht gerade leisen Gespräch zwischen zwei etwa 15-jährigen Mädchen mitgehört. Mit 15 ist man der Miley Cyrus'schen Zeitrechnung nach im perfekten paarungsfähigen Alter und um das zu untermauern, haben die beiden über Sex gesprochen. Genauer: Über entsprechende Körperflüssigkeiten. Immer wieder haben sie betont, dass es ihnen nichts ausmacht, bei Blowjobs zu schlucken, sie es aber ganz und gar nicht mögen, wenn ihr Freund sie oral befriedigt. Es sei ihnen peinlich, wie sie riechen und schmecken könnten.

Okay. Da leben in einer angeblich übersexualisierten Welt, in der die Werbefritzen ihre Models selbst für Winterkollektionen halbnackt auf dem Gletscher posieren lassen. Und doch stört man sich daran, wenn ein Paar im ÖV ein bisschen zu wild herumknutscht. Aber das Nonplusultra der Diskrepanz war definitiv die Frage des einen Teeniemädchens: „Wie nennst du das eigentlich?” „Ähm was meinst du?” „Na das da. Da unten.”

Foto von Karl Kurz

„Da unten??” Wirklich? Im Italienischen gibt es über 35 Namen für die Vagina, die richtig vulgären nicht einmal mitgezählt, und diesen beiden schien nichts Besseres in den Sinn zu kommen als „da unten”. Das klingt nicht gerade nach einem schönen Ort zum Verweilen. Das klingt nach modrigem Keller. Das klingt nach der letzten Treppenstufe. Nach einer Unterwelt, in die man mit knarrenden Schritten hinabsteigt und nie mehr herauskommt. Genau so klingt „da unten".

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Hier also meine Aufgabe bis zum nächsten an Euch, geschätzte Leser: Denkt euch doch einfach einen wunderschönen Fantasienamen aus für Eure (oder wem sich auch immer gehören mag) VAGINA, und postet ihn bitte hier als Kommentar. Den besten werde ich nächste Woche mit einer Spinatpizza als Belohnung küren.

Beweisen, dass ihr nicht zu dieser verkappten Prüderie-Sippe gehört, könnt ihr natürlich wieder dieses Wochenende:

Donnerstags hat unser Hausfotograf Evan Ruetsch eine Ausstellung im Arbenz. Sonst gehen wir an den ersten VIU Launch Event. Oder wir hauen's an die Barty in der Kiste.

Am Freitag pfeifen wir auf das Abendprogramm und geben uns Jazz fürs Zmittag. Für alle, deren Musikhunger damit noch nicht gestillt worden ist, gibt es Tall Tall Trees in der Rossi Bar oder My Baby the Bomb im Langstars. Kunsthungrigen raten wir sich im Soon blicken zu lassen, international colors ahoi. Und ganz abgefahren wird es im Bad Bonn mit dem niederländischen DJ-Kollektiv Umoja.

Am Samstag explodiert das Karussel. Üsin präsentiert ein publizistisches Feuerwerk! Mindestens so legendär wird es an der Ausstellung Another Picasso vom Zürcher Künstlerduo Veli und Amos im Up State. Die Ausstellung zu Style Wars II.

Sonntags sind wir schliesslich so durchgeschlaucht, ausgelaugt, zerkaut und ausgespuckt, dass es nicht viel zu tun gibt, als sich irgendeinen Film reinzuziehen. Für alle, die da ein bisschen Humor und Niveau dabei haben wollen, empfehlen wir [Von Heute auf Morgen](http:// http://www.gaswerk.ch/programm/programm) im Gaswerk.