Eine kurze Analyse von Osama bin Ladens Bettlektüre

In den Medien wird immer noch über die aktuellsten Neuigkeiten in Bezug auf Osama bin Laden diskutiert—genauer gesagt über den langen (und umstrittenen) Artikel des Enthüllungsjournalisten Seymour Hersh, in dem er der Obama-Regierung vorwirft, bei grundlegenden Fakten zur Tötung des wohl berüchtigsten Terroristen der Welt gelogen zu haben. Hersh zitiert dabei eine anonyme Quelle, die gesagt haben soll, dass bei dem Angriff kein „Schatz" an Dokumenten sichergestellt wurde (das wurde von Regierungsvertretern bis jetzt immer versichert). Vielleicht hat auch aufgrund dieser Vorwürfe das Büro des Direktors der US-Nachrichtendienste vor Kurzem „Bin Ladens Bücherregal" veröffentlicht: eine Liste an Dokumenten und Büchern, die man angeblich auf bin Ladens Gelände im pakistanischen Abbottabad gefunden hat.

Munchies: The Politics of Food: In der Küche von Guantanamo Bay

Die Vorstellung von Osama bin Laden, wie er sich zum Zeitvertreib in seinen IKEA-Sessel chillt, ein paar Chips snackt und dabei Bücher liest, ist schon ziemlich witzig. Man muss jedoch auch anmerken, dass er weder auf Romanliteratur ( Dschihad Potter?) noch auf Sachbücher (Juden sind einfach nicht sein Ding?) stand. Seine Leseliste sieht eigentlich genau so aus, wie man es sich vorstellen würde: Artikel über al-Qaida, trockene Abhandlungen über die US-Außenpolitik, ominöse Dokumente zu französischem Nuklearabfall und Luftabwehrwaffen sowie die Schriften von Sayyid Qutb (der oft als der ideologische Vater des modernen radikalen Islamismus angesehen wird).

Es finden sich jedoch auch ein paar eigenartigere Titel auf der Liste wieder:

Ein kurzer illustrierter Wegweiser, um den Islam zu verstehen von I. A. Ibrahim

Natürlich besaß bin Laden auch einen richtigen Koran, aber manchmal benötigen wohl auch religiöse Extremisten eine verständliche Kurzzusammenfassung ihres Glaubens. Das Cover—ein Koran fliegt von der Erde zu einer Art Open-Air-Moschee auf dem Mond—ist dem Verständnis vom Islam jetzt nicht gerade dienlich, aber es hat mir auf jeden Fall einiges an Respekt für Grafikdesigner eingeflößt.

„Website Claims Steve Jackson Foretold 9/11"

Weißt du noch, als damals in der dritten Klasse deine Haut von Pickeln übersät war und du ständig nach einem cooleren Spiel als Magic: The Gathering Ausschau gehalten hast? Ja? Dann sagt dir vielleicht auch der Titel Illuminati: New World Order etwas—ein pietätloses Sammelkartenspiel von Steve Jackson Games. Das Setting ist dabei eine Welt, in der jede Verschwörungstheorie wahr ist.

Anscheinend hat irgendjemand in Abbottabad ein wenig Zeit im Internet totschlagen müssen und ist dabei auf diesen Blog-Post der Geek-Nachrichtenseite ICv2 gestoßen, in dem es darum geht, dass die I:NWO-Karten den Terroranschlag vom 11. September vorausgesagt haben. Natürlich wurde sich auch schon an andere Stelle mit Verschwörungstheorien rund um den Anschlag auf das World Trade Center beschäftigt, so wie beim Akte X-Spin-Off, bei der Wingdings-Schriftart, bei den Simpsons und sogar bei VICE. Zusammen mit der Tatsache, dass auf dem Gelände auch noch die Anleitung des Videospiels Delta Force: Xtreme 2 und ein „GameSpot Videogame Guide" gefunden wurden, bringt uns das alles zu der alarmierenden Schlussfolgerung, dass bin Laden wohl schon ein ziemlicher Trottel gewesen sein muss.

Ein ganzer Haufen Bücher über Verschwörungstheorien

Der Fund des oben erwähnten Artikels über I:NWO ist wohl eher dem Umstand zuschreiben, dass bin Laden gerne über sein eigenes Werk las, aber man kann trotzdem einfach nicht verneinen, dass der Typ allgemein total auf Verschwörungstheorien stand—in seinem Bücherregal waren nämlich auch folgende Titel vorhanden: Bloodlines of the Illuminati von Fritz Springmeier, Black Box Voting: Ballet Tampering in the 21st Century von Bev Harris über Wahlbetrug, Conspirators' Hierarchy von John Coleman über das Komitee der 300, Secrets of the Federal Reserve vom bekannten antisemitischen Schwätzer Eustace Mullins und The Taking of America 1-3 von Richard Sprague über die Ermordung Kennedys.

Mann, ich liebe die Vorstellung einfach, wie bin Laden die ganze Nacht aufbleibt und sich durch AboveTopSecret.com liest, dabei tiefe Züge von seinem E-Joint nimmt und sich anschließend im IRC-Chat einloggt und dort Sachen wie „OMG, Flugzeugtreibstoff bringt Stahlträger wirklich nicht zum Schmelzen! Alter, das muss einfach das Werk von denen da oben sein!" schreibt.

Hegemony or Survival sowie Necessary Illusions von Noam Chomsky

Diese beiden Bücher des legendären linken Denkers und Linguisten Noam Chomsky zeigen uns, dass bin Laden wohl davon ausging, dass der Feind seines Feindes sein Freund sein muss. Aber mal ehrlich: Gibt es überhaupt jemanden, der die Bush-Familie nicht hasst?

„Die Anleitung ist im PDF-Format. Wie soll ich sie also bitte schön öffnen, wenn ich noch gar nicht weiß, wie man Acrobat bedient??? TOD DEN AMERIKANERN!"