Berliner Graffiti-Sprayer riskieren ihr Leben, nur um eine S-Bahn zu bemalen

Hobbys sind etwas Schönes. Sie helfen dir, den Alltag zu vergessen, und bringen dich mit neuen Leuten zusammen – solange du deine Freizeit nicht damit verbringst, Nazi-Devotionalien in einem geheimen Raum anzuhäufen. Manchmal, wenn viele Menschen einem ähnlichen Freizeitvergnügen nachgehen, tun sie sich zusammen und etwas Großes entsteht. Zum Beispiel die längste Pizza der Welt oder eben das, was vor Kurzem in Berlin passiert ist.

Dort haben sich die beiden Graffiti-Crews Berlin Kidz und 1UP zusammengetan, um in kürzester Zeit einen S-Bahn-Waggon zu besprühen. Die ganze Aktion wurde in einem Video dokumentiert.

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Die Graffiti-Crew 1UP, was für “One United Power” steht, ist in der ganzen Welt aktiv. Ihre illegalen und oft gefährlichen Aktionen haben sie schon bis nach Thailand geführt. Während viele Kommentatoren die Crew im Netz für ihre Aktionen feiern, sind andere wenig begeistert. 2016 entstand der Deutschen Bahn nach eigenen Angaben durch Vandalismus und Graffiti ein Schaden von 34 Millionen Euro.

Die Berlin Kidz wurden vor allem durch völlig wahnsinnige S-Bahn-Surf-Aktionen bekannt. Zuletzt fuhr eines ihrer Mitglieder mit einem Kinderfahrrad über die Berliner U1, die Crew hat auch auf einer S-Bahn ein im doppelten Sinne zugiges Picknick abgehalten. Für das bisschen Fame zahlen manche S-Bahn-Surfer einen hohen Preis. Erst am Montag hat sich in Hamburg ein 27-Jähriger auf einer U-Bahn schwere Kopfverletzungen zugezogen. Bis zum Dienstag schwebte er noch in Lebensgefahr.


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Bei ihrer jüngsten Gemeinschaftsaktion haben beide Crews ihre Spezialfähigkeiten vereint. Wie in dem Video zu sehen ist, bemalen die Berliner nicht nur gerne ungefragt S-Bahnen, sie fahren auch gerne mit ihnen zur Arbeit. Allerdings nicht in der S-Bahn, sondern auf der S-Bahn. Diesen Part dürften die lebenserwartungsarmen Experten von Berlin Kidz übernommen haben, um die Einfahrt der beweglichen Großleinwand in den S-Bahnhof vom Zugdach aus zu dokumentieren.

Zwischendrin fokussiert die Kamera auf die maskierten Protagonisten, während der Hintergrund artsy verschwimmt. Nachdem sich einer der Fahrgäste auf dem Dach noch mit einigen Liegestützen fit gemacht hat, für das, was kommt, werden die letzten Skizzen der Beweismittel vernichtenden Kraft des Feuers überstellt. Eine komplette Ästhetisierung des Wahnsinns. Der Regisseur Nicolas Winding Refn wäre stolz auf diese Film-AG.

Der Rest geht dann schnell: Im Bahnhof Wuhlheide angekommen warten schon die heiter Sprühdosen schwingenden Kameraden von 1UP und beginnen sofort, einen ganzen Waggon mit einem “1UP”-Schriftzug zu bomben. Als plötzlich zwei Sicherheitsmitarbeiter auftauchen, stellt sich ihnen einer der Sprüher entgegen. Der Karohemdkragen unterm marineblauen Pullover outet ihn sofort als Sohn einer Hamburger Reederfamilie, der gerade eine subversive Abzweigung aus seiner ansonsten tadellosen Lebenslaufbahn nimmt. Anscheinend trifft dass die Security-Mitarbeiter so unvorbereitet, dass sie sich einfach umdrehen, irgendetwas in ihr Handy tippen und gehen. Kurz darauf ist das Wholecar fertig und die Mitglieder der beiden illegalen Maler- und Artistenvereine verschwinden ebenfalls in die Dunkelheit der Nacht, sicher zur Nachbesprechung im Vereinsheim, bei Bier und Currywurst.

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