Beschissene Bandnamen haben eine lange Tradition. Das ist nicht verwunderlich, schließlich kannst du eigentlich nur alles falsch machen, wenn du als leidenschaftlicher Musiker dein Projekt benennen musst. Der Name eines Künstlers muss es auf so vielen Ebenen allen Recht machen, du kannst eigentlich nicht gewinnen. Schlimmer wird es natürlich noch, wenn ein paar egoistische Typen gemeinsam als Band einen Namen auswählen müssen, um dann, noch schlimmer, in Interviews ständig darüber zu sprechen.
Aber das ist alles in Ordnung, weil diese Art von beschissenen Bandnamen nachvollziehbar ist und du eigentlich nur Mitleid für jene haben kannst, die so eine Entscheidung mal treffen mussten. Ich respektiere beschissene Bandnamen für ihre Beschissenheit an sich, aber inzwischen sind Bandnamen nicht nur wegen der Bedeutung ihres Namens, sondern aus einem viel simpleren Grund schrecklich geworden: Buchstaben bzw. Zeichen. Die beschissenen Bandnamen haben eine ganz neue Dimension erreicht, die weder nachvollziehbar noch irgendwie zu rechtfertigen ist, indem sich die Künstler an den Buchstabensuppen ihrer Kinder oder dem Scrabblespiel ihrer Großeltern orientieren und vollkommen wirre Zeichen aneinanderreihen.
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Viele Bands suchen sich ihre Bandnamen offensichtlich nach Kriterien aus wie „Wie kann ich meine Fans am besten verwirren?“, „Mit welchem Namen kann ich von Sekunde 0 an allen auf den Sack gehen?“ oder auch „Wie kann ich mit meinem beschissenen Bandnamen von meiner beschissenen Musik ablenken?“. Aber nicht nur schlechte Bands meinen, sich an der technologischen Neuheit—der Computertastatur—austoben zu müssen, und sich gegenseitig mit vollkommen irren Buchstabenkombinationen, die KEINE WÖRTER sind, zu überbieten. Längst haben auch gute Bands angefangen, sich unnötig beschissene Bandnamen zu geben.
Um einen besseren Überblick zu erhalten, haben wir die Beschissenheit dieser Buchstabensuppen kategorisiert und dem Nervfaktor nach aufsteigend sortiert.
Ohne Vokale
Ein beliebtes und vor allem in der Elektro- und Dubstep-Szene verbreitetes Phänomen sind Künstlernamen, die ausschließlich aus Konsonanten bestehen, so dass niemand, dessen Muttersprache nicht Russisch ist, diese aussprechen könnte. Dass wir uns inzwischen daran gewöhnt haben und Transferleistungen erbringen können, wie CHPLN als Chaplin zu lesen oder SBTRKT als Subtrakt, macht diesen Trend keineswegs besser. Erinnert ihr euch noch daran, als ihr zum ersten Mal einen dieser Namen gelesen habt? Zu Anfang hat man sich überhaupt nicht getraut, diese Künstler weiterzuempfehlen, weil man sich bei der Aussprache nicht blamieren wollte. Und das ist wohl wirklich nichts, was ein Künstler sich wünschen kann. Zudem gibt es noch immer Bandnamen, bei denen einfach nicht offensichtlich ist, welche Vokale nun fehlen (siehe PVT oder HRRSN). Klar, es gibt nur fünf Vokale, aber wenn diese Bands ein bisschen rechnen können, wissen sie, dass selbst bei nur drei fehlenden Vokalen die Möglichkeiten schon in den dreistelligen Bereich reichen. Niemand beschäftigt sich solange mit eurem Namen, dann wird eben die nächste Band weiterempfohlen, nämlich die mit den Vokalen.
Groß- und Kleinschreibung
„Hm, unser Bandname ist irgendwie etwas nichtssagend.“ – „Na, dann lass ihn uns doch groß schreiben!“ – „Ja, super Idee!“
Nein, das ist keine super Idee. Erstens sieht alles, was in CAPS LOCK geschrieben ist cholerisch und dramatisch aus, zweitens denken Digital Natives aus Prinzip, dass sie angeschrien werden, wenn sie etwas in Großbuchstaben lesen (Wir zum Beispiel wollen euch jedes Mal anschreien, wenn wir in Großbuchstaben schreiben, aber warum sollte eine Band das WOLLEN?!?), und drittens wird deine Musik und deine Band nicht bedeutender, nur weil sie groß geschrieben wird. Ganz abgesehen davon sieht es verdammt scheiße aus, wenn in einem Text über eine Band in jeder zweiten Zeile ein paar cholerische Buchstaben erscheinen, weswegen die meisten Leute eure Schreibweise einfach ignorieren. Gleichermaßen macht es keinen Sinn, den Anfangsbuchstaben klein zu schreiben. Auf Rechtschreibung und Grammatik zu scheißen, ist nicht kreativ, das ist dumm, nur dumm.
Und was zur Hölle soll das hier eigentlich: tUnE-yArDs?
Abkürzungen
Eine naheliegende Lösung, wenn man zu viel mit seinem Künstlernamen aussagen möchte, ist, die Message einfach abzukürzen und mit großen Buchstaben und Punkten dazwischen (Achtung, jetzt kommt der Clou!) ein weiteres, sinnvolles Wort zu bilden. So wie N.e.r.d. oder M.i.a. Ganz ehrlich, es ist mir ziemlich egal, was die Abkürzungen aussagen sollen. Noch schlimmer ist es nur, wenn die Abkürzungen nicht einmal etwas aussagen und die Punkte nur eine Abkürzung und eine vielleicht tieferliegende Message vortäuschen sollen. So wird man vielleicht in die Illuminatentheorie-Artikel aufgenommen und kann sich in jedem Interview etwas neues Witziges ausdenken, wenn die Journalisten mal wieder die gleichen Fragen stellen. Total witzig. Habt ihr gehört, The D.O.T.?
Außerdem kann man auf die Art sicher gehen, dass auch alle die Buchstaben groß schreiben, da sich die meisten Journalisten—ähnlich wie Word—physisch nicht gegen die Großschreibung nach der Punktsetzung wehren können. Ein schlauer Schachzug.
Buchstabensuppe
Kommen wir zu den Künstlern, die sich tatsächlich an einer Tüte aussortierter Buchstabenkeksen oder an dem Hefteintrag aus dem Biologie-Unterricht orientiert haben. Diese Spezies reiht wahlweise die gleichen Buchstaben aneinander, höchstwahrscheinlich weil sie die geometrische Form so schön finden oder das gerade im Trend liegt, und denkt sich dann irgendeinen einfältigen Grund für diese absolut beschissenen Namenswahl ein. Dabei können sie sich nicht mal an verschiedenen Buchstaben bedienen, sondern benutzen immer und immer wieder die gleichen Buchstaben, so dass es inzwischen bekannte (und gute) Künstler mit den Namen XXYYXX, XXXY, XYZ, xxx oder The XX gibt. Wie man dort noch durchblicken soll, besonders wenn man bedenkt, dass das nur die wenigen (etwas) erfolgreichen sind, die wir inzwischen kennen, wissen sie selbst wohl auch nicht. Da hätten sie sich auch gleich nach dem binären Codesystem benennen können oder auch wie dieser junge Herr, der sich nicht nur auf Groß- und Kleinschreibung verlässt, sondern auch auf einen einzigen Buchstaben: oOoOO. Früher hieß das Projekt im Übrigen xXxXX, was ich hier nicht weiter kommentieren möchte. Stattdessen möchte ich die Kreativität und den Enthusiasmus in dieser Gruppe so bewerten: zZzzZzzz. (Sorry, mehr Buchstaben habe ich gerade nicht gefunden.)
Bandnamen mit Satzzeichen
Die andere Möglichkeit neben den Großbuchstaben, seiner Band schon im Voraus etwas Bedeutung und etwas Majestätisches einzuhauchen, sind Satzzeichen, genauer gesagt Ausrufezeichen, hinter den Bandnamen zu schreiben. Wie zum Beispiel Letlive., Lo! oder Die! Die! Die!, die wahrscheinlich alle auch noch irgendwie groß, klein oder beides gleichzeitig geschrieben werden. Falls diese Künstler an einer zwanghaften Störung leiden, alles grammatikalisch korrekt abzuliefern, würde ich ihnen empfehlen, bei der kostenlosen Duden-Hotline zu arbeiten. Falls nicht, bin ich mir ganz sicher, dass Tyler, the Creator, Why?, Phon.o und Konsorten einfach nur ein zu schönes Leben haben und ein Grund gebraucht haben, sich über jeden Menschen aufzuregen, der den Bindestrich, das Fragezeichen, das Komma und wasnichtsonstnoch vergessen oder an die falsche Stellen gesetzt hat. Ich hoffe, sie können sich noch besser über Leute aufregen, die sich über solche Bandnamen aufregen, weil dann werden sie nach diesem Artikel höchstzufrieden ins Bett gehen.
Satzzeichen statt Buchstaben
Die Frage, die sich schon länger stellt und die euer google-affines Gehirn bestimmt schon längst aufgeworfen hat, ist: Wie zur Hölle soll ich solche Bands im Internet, auf Spotify oder, gehen wir mal ganz weit zurück, im Musikfachwarenhandel finden? Google steht nicht auf Satzzeichen. Google hat nämlich eine Abneigung gegen euch. Weil ihr so beschissene Bandnamen habt. Sobald eine Band eine gewisse Bekanntheit erlangt hat, erübrigt sich dieses Problem selbstverständlich, aber vorher wird euch kein Sack finden. Gute Beispiele für Bands mit beschissenen Satzzeichen-Namen, die es trotzdem geschafft haben, weil sie eben gute Musik machen, sind Sunn O))) und !!!. Falls ihr letztere nicht kennt: Die Alternativ-Schreibweise ist Chk, Chk, Chk, womit sie in der Beschissenheitsskala zwar ein paar Punkte gut machen, weil das tatsächlich fast Worte sind (Glückwunsch!), die Vokale fehlen aber immer noch. Aus Prinzip sollte man sie ausschließlich „Chak Chak Chak“ nennen, „Chuko, Chuko, Chuko“ oder auch „Ausrufezeichen, Ausrufezeichen, Ausrufezeichen“.
Noch dazu gibt es bestimmt hunderte Bands, die in ihrem Bandnamen Dreiecke versteckt haben, aber leider kann ich die nicht googeln. Weil Google euch ebenfalls hasst und zwar vollkommen zurecht!
Umlaute
Uns sind Umlaute ja vollkommen egal, schließlich sind sie in unserer Tastatur enthalten, und wir können uns natürlich nicht darüber aufregen, dass Die Ärzte einen Umlaut verwenden, wir verwenden schließlich auch Umlaute. Auch nordische Bands mit ø, ú, ê oder ähnlichem sind hiermit abgesegnet, weil sie Sprache, Worte und Grammatik respektieren, im Gegensatz zu den meisten anderen Kandidaten hier. Aber wir können auch mit anderen Nationen mitfühlen, für die es mit Sicherheit absolut keinen Sinn macht, dass sich eine australische Newcomerbands Rüfüs nennt. Könnt ihr euch vorstellen, wie verwirrt englischsprachige und -tippende Kollegen von Aussprache, Sinn und Schreibweise sein müssen? Und nein, sie sind nicht einmal eine Metalband.
Dollarzeichen
Ach, HipHop. Genau wie die Metaler ihre Umlaute und † haben, und die Elektroniker ihre X, Y und fehlenden Vokale, so habt ihr eure Dollarzeichen. Das bedeutet übrigens nicht, dass das alles in Ordnung geht. Nur weil es in Genres einen Trend gibt, kann der trotzdem als nervig verurteilt werden. Wir zum Beispiel verurteilen es als nervig, weil es bescheuert aussieht und zu viel Tastaturaufwand erfordert. Habt ihr gehört, A$ap und Co$? Oder Ty „Muthafuckin“ Dolla $ign? Noch schlimmer wird es, wenn Popsternchen wie Ke$ha Gebrauch davon machen. Soll uns jetzt vorgegaukelt werden, dass sie Gangsta ist? Ist das Ironie? Apropos, ironischer Gebrauch von bescheuerten Zeichen ist im Übrigen kein Deut besser als der ernsthafter Gebrauch.
Buchstabentausch
Entweder wollte hier jemand Google austricksen oder der Buchstabentausch ist die neuere „Das klingt aber noch etwas langweilig“-Variante nach dem sinnlosen Großschreiben. Besonders beliebt ist es natürlich, das u mit dem v zu ersetzen, wie zum Beispiel bei Chvrches oder Trvls. Was haben wir uns den Kopf darüber zerbrochen, wie man diese Namen jetzt wohl ausspricht, um dann, jedes Mal wenn wir über sie reden, sagen zu müssen: Ja genau, Chvrches aber mit einem v statt dem u. Normalerweise ignorieren wir solche Bands, aber wie gesagt nimmt diese bescheuerte Schreibweise langsam so Überhand, dass so eine kategorische Ignoranz nicht mehr funktioniert. Liebe bAnD(z)z!, tut uns doch allen einen Gefallen und orientiert euch einfach an dem Poster mit dem Alphabet, das früher in eurem Kinderzimmer hing, und formt echte Wörter. Es gibt genug.
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