“Erst einmal das Revier markieren”, dachte sich wohl ein 29-jähriger italienisch-stämmiger Zürcher, als er vor zwei Monaten mit seiner Freundin zusammenzog und eine Italienflagge auf der hauseigenen Fahnenstange hisste. Weil eine Fahnenstange so viel Platz bietet und er noch eine Jack-Daniel’s-Fahne übrig hatte, zog er diese ebenfalls “aus Spass” hoch, wie er 20 Minuten sagte. Dass die Nachbarschaft ziemlich wenig von seiner Art der Begrüssung halten würde, damit hat er wohl nicht gerechnet.
Ein oder mehrere bis jetzt unbekannte Nachbarn kannten vermutlich entweder den US-amerikanischen Whiskey-Fabrikanten nicht, leiden an fortgeschrittener Paranoia oder an einer Sehschwäche und machten deshalb eine folgenschwere Verwechslung: Sie interpretierten die schwarze Fahne nicht als Werbefetzen einer Promillefabrik, sondern als Propagandafahne der Terrormiliz IS. In ihrer Empörung fackelten die Unbekannten, die sich als “besorgte Nachbarn” ausgeben, nicht lange und schrieben einen Brief an den Neuzuzüger:
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Was seid ihr für Menschen? Muss man vor euch Angst haben? Zuerst die italienische Flagge und nun die schwarze Todesflagge. Seid ihr IS-Sympathisanten? Wir werden euch unter Beobachtung stellen und gegebenenfalls an (Zensiert) weitermelden.
– Besorgte Nachbarn
Die Versuche des Jack-Daniel’s-Fans, den oder die Absender des Briefes zu finden, blieben bis jetzt erfolglos. Weil er befürchtet, dass die anonymen Briefschreiber ihn jetzt beobachten könnten, möchte er seine Rollläden immer geschlossen haben, um ihnen die Sicht in seine vier Wände zu nehmen, erzählte er 20 Minuten. Vielleicht würde ja auch einfach eine ausgelassene Whiskey-Party unter Freunden helfen, um die Nachbarn am Bild eines islamistischen Todeskämpfers zweifeln zu lassen.