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Popkultur

Die Höhle der Löwen ist mein Motivationstrainer

Sei selbstbewusst, aber brüll nicht drauflos, weil du glaubst, der Beste zu sein.
Ralf Dümmel benutzt einen Rollator
Foto: Bernd-Michael Maurer | MG RTL D || Bearbeitung: VICE

Die Höhle der Löwen ist eine Dauerwerbesendung. Aber hey, das ist mein Instagram-Feed mittlerweile auch. Jeden Morgen konfrontiert er mich mit Fotos von Avocado-Toasts, im Hintergrund werden subtil Gewürzmischungen beworben. Meist fühle ich mich nach längerem Scrollen schlechter als vorher, weil mein Avocado-Toast immer noch aussieht, als hätte sich gerade ein Zweijähriger auf eine Scheibe Brot übergeben. Abends Die Höhle der Löwen zu schauen, hat den gegenteiligen Effekt: Ich denke über Ideen nach, die wirklich die Welt bereichern.

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In der Höhle der Löwen suchen fünf Investoren (darunter Frank Thelen und Carsten Maschmeyer) aufstrebende Unternehmer, deren Ideen sie groß machen können. Im Austausch mit Firmenanteilen geben die "Löwen" Kapital, Rat und Kontakte. In einer Folge haben Unternehmer Zeit, ihre Idee zu pitchen und zu verhandeln. Da ist alles dabei von peinlich einstudierten Theateraufführungen bis zu sachlich fundierten Erklärungen. Es wird aber nur ein kleiner Teil dieser Vorstellung ausgestrahlt, hinter den Kulissen wird dann noch alles im Detail geprüft. Deshalb kommt es durchaus vor, dass im Nachhinein doch kein Deal zustande kommen kann. Verständlich, sonst könnten die Löwen auch gleich Fuffies in den Club schmeißen, wenn ihnen egal wäre, wo ihr Geld landet.

In meiner Vorstellung klopfen sich jeden Dienstag Vox-Redakteure anerkennend auf die Schulter, wenn Die Höhle der Löwen ausgestrahlt wird. Die Sendung erreicht gute Quoten, besonders bei jungen Leuten, die sonst ja nur noch für voyeuristische Formate wie Promi Big Brother einschalten. Ich bin eine der Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer und frage mich, warum ich dieses Format mag.

Warum lasse ich mich jeden Dienstag über zwei Stunden freiwillig mit Werbung beschallen?

Ich schaue die Sendung nicht nur, weil Frank Thelens Gesichtsentgleisungen das Comedy-Programm anderer Sender toppen und im Internet für neue Memes sorgen. Oder weil er Ideen innerhalb von einer Sekunde auseinandernehmen kann. Wie bei zwei Mädels, die mit dem Sportprogramm "Twerxout" (Twerken trifft Workout) so bahnbrechend werden wollten wie "Zumba", aber von Thelen erklärt bekamen, warum man sich Popowackeln nicht patentieren lassen kann. Nicht nur deshalb bin ich Fan der Höhle der Löwen. Sondern auch, weil sie mein Motivationstrainer ist.

Zur Prime Time haben viele Menschen in Deutschland bereits einen mehrstündigen Arbeitstag hinter sich. Ihr Gehirn möchte in den Energiesparmodus wechseln und sich mit Entertainment berieseln lassen, so auch meins. In der Gründer-Show wird dieser Wunsch erfüllt. Gleichzeitig lerne ich viel über menschliches Verhalten, das mich voranbringt.

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Bescheidenheit ist wirklich eine Tugend

Es kommt immer wieder vor, dass Menschen mit weniger weltbewegenden Ideen die Höhle so betreten, als hätten sie ein Mittel gegen Krebs erfunden. In Wahrheit war es dann aber nur ein Reißverschluss, der "ein Unterteil mit einem Oberteil verknüpft", wie bei der Österreicherin Kimberley Lang, die für ihr Unternehmen eine halbe Million Euro haben wollte. Die Menschen, die wirklich etwas Sinnvolles gemacht haben – ja in dieser Staffel sind Jugend-forscht-Gewinner und Harvard-Absolventen dabei –, betreten dagegen viel bescheidener den Raum. Der Eine erfindet einen Aufsatz für den Staubsauger, um keine Kleinteile mehr einzusaugen, der Andere forscht über zehn Jahre und bringt ein Mittel auf den Markt, um besser schlafen zu können. Und andere Erfinder wollen die Frühchen-Behandlung in Kliniken revolutionieren. Ihnen geht es weniger um persönlichen Fame als vielmehr darum, etwas Nützliches beizusteuern. Sie brüllen nicht gleich rum, weil sie denken, sie seien das neue Alpha-Tier im Business.

Hinterfrage dich kritisch

Überheblichkeit kommt nicht mal auf deinem Tinder-Profil gut an. Und in der Höhle der Löwen verbaut sie dir Deals, zum Beispiel weil die Bewertung des eigenen Unternehmens utopische Dimensionen annimmt. Gründer müssen sich darauf einstellen, von den Investoren kritisch hinterfragt zu werden. Immer wieder scheitern die angehenden Unternehmer daran. Ich lerne für mich, dass eine korrekte Selbsteinschätzung und Vorbereitung eine wichtige Basis sind. Wenn dich jemand innerhalb von Minuten auseinandernehmen kann, dann solltest du daran arbeiten, besser zu werden. Es ist nicht leicht, sich selbst kritisch zu hinterfragen, aber dringend notwendig. Das macht nicht nur das nächste Bewerbungsgespräch leichter, sondern vermeidet auch, dass Freunde oder Dates sagen: "Für wen hält die sich eigentlich?"

Etwas zu hassen, ist leichter, als es zu loben

In Zeiten, in denen viele den Unterschied zwischen Meinung und Hass nicht mehr kennen, wird es umso wichtiger, wieder zu erlernen, wie man lobt. Denn ein guter Zuspruch motiviert. Besonders viel Lob bekommen die Gründer, die für ihre Idee brennen und für ihre Leidenschaft ein Risiko eingegangen sind. Ob das Produkt am Ende in deinem Supermarkt um die Ecke liegen wird, ist dabei nebensächlich. Es geht vielmehr darum, dass in dieser Sendung keine Anti-alles-Attitüde vermittelt wird und die Investoren versuchen, Menschen in die richtige Richtung zu lenken. Mit Optimismus und einer schonungslosen, aber respektvollen Analyse möglicher Denkfehler. Konstruktive Kritik motiviert doch viel mehr als Dieter Bohlens "Alles scheiße, was du da machst".

In der Höhle der Löwen geht es darum, dass man seine eigenen Ideen mutig verfolgen muss. Ohne Angst, auf die Schnauze zu fliegen. Sei fleißig, sei scharf, sei hilfsbereit – egal ob du Teamleiter oder Schülerpraktikant bist.

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