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Datenschutz

CDU-Politiker fordern Fingerabdrücke an Schuleingängen

Anfangen wollen sie mit einer Gemeinschaftsschule in Berlin-Spandau. Denn da sei das besonders nötig.
Fotoa: imago | Frank Sorge || imago | Blickwinkel 

Als der 12-jährige Jens die Schulpforte der B.-Traven-Gemeinschaftsschule erreicht, legt er seinen Daumen auf ein mattes Touchdisplay. Der Computer piept leise, registriert den biometrischen Abdruck und gleicht ihn mit dem 800 anderer Jugendlicher in der Datenbank ab. Die elektronische Drehtür setzt sich in Bewegung, Jens kann das Gebäude betreten. Sekunden später leuchtet das Handydisplay von Jens’ Mutter auf: "Ihr Sohn hat erfolgreich das Schulgebäude betreten."

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Klingt nach einer Black Mirror-Folge, könnte an der B.-Traven-Gemeinschaftsschule in Berlin-Spandau schon bald so oder so ähnlich ablaufen – zumindest wenn es nach der CDU in Spandau geht. Diese fordert in ihrem Antrag "Zukunft. Schule" Fingerprints an Schuleingängen. "Um die Gewalt von außen fernzuhalten, schlägt die CDU Spandau perspektivisch elektronische Zugangskontrollen vor", heißt es in dem Papier. "So könnten schulfremde Personen besser vom Schulgelände ferngehalten werden. Eltern könnten bei Bedarf per SMS darüber informiert werden, dass das Kind sicher in der Schule angekommen ist."

Sicherheit durch Abgabe von sensiblen Daten? "Schulen sollten kein Hochsicherheitsbereich sein, sonst fühlt man sich nicht willkommen", sagte der Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Tom Erdmann. Die Grünen in Spandau verweisen darauf, dass in Deutschland eine Schulpflicht existiere, aber keine Pflicht zur Preisgabe biometrischer Daten. "Die Idee wirft zudem datenschutzrechtliche Fragen auf: Wenn Fingerabdrücke protokollieren, wer zu welchem Zeitpunkt die Schule betritt und verlässt, könnten Bewegungsprofile erstellt werden", sagte der Spandauer FDP-Politiker Paul Fresdorf gegenüber VICE. "Zudem können Scanner nicht deeskalieren, wenn unerwünschte Personen trotzdem auf das Gelände eindringen."


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"Nicht alle haben gesagt, dass die Fingerscans die beste Idee seien, die die Menschheit jemals hatte."

Der Vorstoß der CDU erinnert die Idee einer Hamburger Schule: Vor fünf Jahren führte die Adolph-Schönfelder-Grundschule im Stadtteil Barmbek ein biometrisches Bezahlsystem für die Schulkantine ein. Kinder durften die Kantine nur betreten, wenn sie ihren Fingerabdruck oder einen RFID-Chip vorzeigten. Auch damals waren viele entrüstet. Da Bezahlsystem ist aber heute noch in Betrieb.

In Großbritannien sind biometrische Kontrollen an Eingängen bereits verbreitet. Die 1.800 Schüler der Alsop High School in Liverpool nutzen ihre Fingerabdrücke etwa, um das Gelände zu betreten, und Jugendliche in Edinburgh, um ihr Mittagessen zu bezahlen. In den USA diskutierten zuletzt Politiker über die Sicherheit an Schulen, nachdem ein 19-jähriger in einer Highschool in Parkland in Florida 17 Menschen erschossen hatte. Präsident Donald Trump schlug daraufhin vor, Lehrer zu bewaffnen, damit sie auf solche Angriffe reagieren können.

Auch der Vorstoß der CDU soll für Sicherheit im Schulalltag sorgen. "An den Spandauer Schulen häufen sich Gewaltvorfälle", heißt es in dem CDU-Antrag. Konkret geht es um einen Vorfall vom 20. April, als zwei Jugendliche die B.-Traven-Gemeinschaftsschule betraten, den Feueralarm auslösten und anschließend den Schuldirektor körperlich angriffen.

Als die Spandauer CDU den Antrag beschloss, hatte sie auch Lehrer-, Schüler- und Elternvertreter eingeladen. Aber der CDU-Politiker Heiko Melzer gibt gegenüber VICE auch zu: "Nicht alle haben gesagt, dass die Fingerscans die beste Idee seien, die die Menschheit jemals hatte."

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