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Das erste Doom revolutionierte 1993 unsere Vorstellung von dem, was ein Videospiel sein kann—und landete in Deutschland wegen Gewaltverherrlichung prompt auf dem Index. Nun erscheint mit dem vierten, wiederum schlicht Doom betitelten Teil der Reihe eine Neuauflage des First-Person-Shooters. Auch die ist ein Splatter-Exzess sondergleichen. Und wird hierzulande komplett ungeschnitten veröffentlicht. The times they are a-changin’.
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Wie im Original ist auch im neuen Doom die Story nur Nebensache. Es geht um Action. Um Geschwindigkeit. Um ausufernde Gewalt. Als namenloser, auf dem Mars stationierter Marine entdeckt man gleich zu Beginn des Spiels, dass an diesem ohnehin nicht besonders einladenden Ort fernab von der irdischen Heimat etwas gehörig schief gelaufen sein muss: Ein Experiment der Union Aerospace Corporation mit Teleportations-Technologie hat ein Portal zur Hölle geöffnet. Deren Bewohner—riesige Dämonen, um sich schießende Gerippe, fliegende Totenschädel—haben die Mars-Basis überrannt und die Besatzung in bluthungrige Zombies verwandelt.
Im Alleingang ist es auch diesmal wieder am Spieler, in die Tiefen der Hölle hinabzusteigen und dem Spuk ein Ende zu bereiten. Während man sich seinen Weg durch eine bluttriefende Knochenarchitektur bahnt und dabei gehörnte Monster mit Schrotflinte und Kettensäge zerlegt, hat man die ganze Zeit über das Gefühl, als unternähme man eine Reise durch sämtliche zum Leben erwachten Plattencover der Heavy-Metal-Geschichte. Und das ist Absicht.
„Es steckt viel Metal in unserer Hölle,” hat Hugo Martin, der Creative Director des Spiels, kürzlich in einem Interview gegenüber dem US-Magazin Game Informer erklärt. „Wenn man sich das Original-Doom betrachtet, erinnert das an die Sachen, die ein fünfzehnjähriger im Matheunterricht auf die Rückseite seines Schulhefts kritzelt”, so Martin, der bereits als Concept Artist an Filmen wie Pacific Rim und The Avengers mitgearbeitet hat. „Wir wollten, dass unsere Welt genau so aussieht. Also gibt es eine Unmenge an Totenschädeln. Das ist alles schon ziemlich dick aufgetragen.”
„Doom war ein Kommentar, der gesagt hat: In unseren Maschinen wohnt auch ganz schön viel Abgründiges—nicht nur diese Silicon-Valley-Ideologie von Vernetzung, Freiheit und Utopie.”
Diese überzeichnete, zwischen Komik und Ekel schwankende Darstellung von Gewalt, das Spielen mit Body-Horror und Tabusymbolen wie Totenkopf und Pentagramm haben die Doom-Spiele seit jeher mit den Traditionen des Metals gemein. „Vieles am Doom von 1993 wirkt aus heutiger Sicht wie ein quietschvergnügter Heavy-Metal-Kindergarten, der wenig mehr zu erzählen hat, außer, dass es Spaß macht, Monster umzuhauen”, sagt Dr. Rolf F. Nohr, Professor für Medienkultur an der Akademie für Bildende Künste Braunschweig und Autor mehrerer Publikationen zum Thema Videospiel und Heavy Metal.
Laut Dr. Nohr steckt aber noch mehr dahinter: „Doom hat uns damals gezeigt, was für eine Kraft und was für eine Dystopie in unseren Computern steckte, die sich gerade anschickten, die Welt zu verändern”, so der Medienwissenschaftler gegenüber Motherboard. „Doom war ein Kommentar, der gesagt hat: In unseren Maschinen wohnt auch ganz schön viel Abgründiges—nicht nur diese Silicon-Valley-Ideologie von Vernetzung, Freiheit und Utopie, sondern auch das, was dann dank id-Software aus Texas dazu kam: das Durchladen des Schrotgewehrs, das Ballern auf Monster—und das Vergnügen, das und das bereitet.”
Was zu Beginn der Neunziger in seiner Deutlichkeit neu war, schockiert heute nicht mal mehr die USK, die in Deutschland über die Altersfreigabe für Computerspiele entscheidet. Wir haben mittlerweile akzeptiert, dass Gewalt zur menschlichen Natur gehört und dass der spielerische und sportliche Umgang mit ihr in einem Computerspiel keinen Schaden anrichtet. Genau so, wie auch Heavy Metal nicht mehr ernsthaft als Teufelswerk eingeordnet wird, sondern als jener musikalische und ästhetische Kommentar zur gesellschaftlichen Realität, der er ist.
Aber auch wenn die revolutionäre Wirkung des ersten Doom mittlerweile verpufft sein mag, steckt auch im neuen Doom immer noch sehr viel von der ästhetischen Kraft und spielerischen Dynamik des Originals. Jener für die Reihe typische Nervenkitzel,—eine perfekte Mixtur aus Angst und Euphorie—stellt sich auch heute noch ein, wenn man eine Horde von Dämonen zunächst schreien hört, bevor man sie sieht—und sich dann daran macht, systematisch eine Höllengeburt nach der anderen mit Plasma Rifle oder BFG dahin zurückzuschicken, wo sie hergekommen ist.
Exklusiv zeigen wir euch hier auf Motherboard einige der von Heavy Metal inspirierten Concept-Artworks zum neuen Doom:
Baron of Hell: Als 3D-Render wirken die Doom-Dämonen nochmals deutlich furchteinflößender. „Ein entscheidender Aspekt beim Design des Baron war sein kantiger, gemeißelter Look”, so 3D-Artist Denzil O’Neill. „Der soll seine schiere Kraft visuell hervorheben.”
Cacodemon: „Der ,Caco’ ist ein sehr ikonischer Dämon”, sagt Denzil O’Neill über sein Design. „Ursprünglich wollten wir ihn mit Tentakeln ausstatten, aber dann haben wir uns doch für die klassischen Hörner entschieden, um seiner Silhouette eine aggressivere Form zu geben.”
Das neue Doom erscheint am 13.5.2016 für PC, Playstation 4 und XBOX ONE.