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Whisky

Rachel Barrie ist die weltweit erste Master Blenderin für Whisky

Wer Master Blender für Whiskys sein möchte, braucht einen unglaublichen Geruchssinn und überragendes Whisky-Know-how. Rachel Barrie hat beides und sich als erste Frau in der männerdominierten Branche durchgesetzt.

Springburn Bond in Glasgow sieht überhaupt nicht wie die Heimat des schottischen Whiskys aus: Kein Blick auf die See, keine sich sanft schwingenden Hügel. Stattdessen ein Industriegebiet im Norden der Stadt, wo man eher einem streunenden Hund begegnet als einem majestätischen Hirsch, der durch die Highlands röhrt.

Doch in dieser „Industrieidylle" hat sich Morrison Bowmore Distillers (MBD), einer der führenden Produzenten hochwertigen Whiskys, niedergelassen.

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Hier werden die Whiskys aus den historischen Destillerien der Firma in ganz Schottland zuerst Qualitätstests unterzogen, bevor sie verkauft werden. Wenn du dir jemals einen Single Malt von Auchentoshan, Glen Garioch oder Bowmore gegönnt hast, ist das flüssige Gold mit Sicherheit auch einmal in Springburn Bond gelandet.

Und wenn du die etwas exklusiveren Whiskys probiert hast, sind sie wahrscheinlich durch die Hände von Rachel Barrie gegangen, der weltweit ersten weiblichen Master Blenderin für Whiskys.

Derzeit gibt es nur zwölf Menschen weltweit, die sich als Master Blender für Whiskys bezeichnen können

„Ich bin unter anderem Blenderin, weil ich ziemlich mutig bin", erzählt mir Rachel lachend an einem düsteren, typisch schottischen Februartag. „Ich möchte Dinge verändern. Der Status quo stört mich nur—ein bisschen paradox, wo ich ja auch die Tradition bewahren möchte."

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Aber wie genau verändert man eine Branche, die augenscheinlich von Männern mit Tweed-Jacken und roten Nasen dominiert wird?

Spaß an kniffeligen Aufgaben könnte helfen.

„Ich kann mir keinen Beruf vorstellen, der so vielfältig ist wie meiner", meint Rachel weiter. „Man muss kleine Rätsel lösen können, gleichzeitig aber auch sehr rational sein. Man muss seinen Bestand analysieren, wissen, was man verkaufen kann und was man in verschiedenen Rezepturen verwenden kann."

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In diesem Labor in Glasgow wird die Whiskyqualität kontrolliert. Foto vom Autor

Die Master Blender kennen sich untereinander alle persönlich. Die Branche ist eng miteinander verknüpft, man arbeitet oft zusammen. Aber das heißt nicht, dass es keine Konkurrenz gibt.Der Die Aufgaben eines Blenders reichen von der Kreation neuer Whiskys bis hin zur ständigen Überprüfung der Bestände. Außerdem ist es ganz gut, wenn man etwas geduldiger ist, schließlich kann es gut mal zwölf Jahre dauern, bis ein Produkt auf den Markt kommt.

„Um Master Blender zu werden, braucht es keine besondere Qualifikation. Dieser Titel ist eher eine Anerkennung",erklärt mir Rachel. „Mit mehr Erfahrung wird man Master Blender: Ich habe ungefähr 100.000 Whiskys gerochen und muss alle Destillerien in Schottland gut kennen."

Für Rachel Barrie ist Whisky—welch Überraschung—„die komplexeste Spirituose auf der Welt". Und es scheint, als würde die Welt das auch langsam begreifen. Auch als Anlage werden rare Whiskys neben Gold und Wein immer beliebter. Limitierte Auflagen oder begehrte Serien sind oft nur bei einzelnen Auktionshäusern zu ersteigern, wo sie im Millionenwert verkauft werden. Teilweise können einzelne Flaschen über 120.000 Euro oder mehr kosten.

Die Verkaufszahlen steigen, die Welt will Whisky. Da könnte man meinen, dass es keine bessere Zeit gäbe, um in der Whiskybranche zu arbeiten. Aber Rachel weiß um die Unbeständigkeit der Industrie.

Rachel Brrie erinnert sich noch, wie sie mit sieben Jahren das erste Mal Whisky probiert hat: Weil sie Ohrenschmerzen hatte, hat ihre Oma ihr einen schottischen Groggemacht—einen Hot Toddy aus Whisky, Honig und Zitrone—mit nur einem Fingerhut vom„flinkem Saft", wie ihre Familie Whisky immer nannte.

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„Man braucht eine gewisse Intuition", meint sie. „Man muss in die Zukunft blicken können und ein Gespür für Verbrauchertrends und -geschmäcker entwickeln."

Durch das Reifen in Fässern erhält der Whisky seine einzigartige Farbe. Doch die Entscheidung, welches Holz es sein soll—ein Sherryfass, ein Bourbonfass, aus spanischer oder amerikanischer Eiche—, ist das Schwierige an der Sache. Nur wer versteht, wie ein bestimmter Whisky auf verschiedene Holzarten reagiert, ist ein wahrer Master Blender. Daher ist es praktisch, dass Rachel eigentlich gelernte analytische Chemikerin ist.

„Man muss einfach wissen, wie das Holz mit dem Whisky interagiert, immerhin spielt man hier mit viel Geld. Das darf man nicht vergessen. Man lagert die Fässer ein und lässt dieses Vermögen dort vielleicht für Jahrzehnte ruhen", erklärt sie. „Während der Reifung muss man immer wieder prüfen und versuchen vorauszusehen, wie sich die Aromen verändern werden."

Barrie ist im ländlichen Aberdeenshire aufgewachsen, ganz in der Nähe der Glen Garioch Destille, die sie jetzt beruflich immer wieder besucht. Sie erinnert sich noch, wie sie mit sieben Jahren das erste Mal Whisky probiert hat: Weil sie Ohrenschmerzen hatte, hat ihre Oma ihr einen schottischen Groggemacht—einen Hot Toddy aus Whisky, Honig und Zitrone—mit nur einem Fingerhut vom„flinkem Saft", wie ihre Familie Whisky immer nannte.

Auchentoshan triple stills

Dreifachdestillation für Achentoshan. Foto mit freundlicher Genehmigung von Morrison Bowmore Distillers

Nach ihrem Chemiestudium an der Universität Edinburgh, hatte Rachel in den frühen 90ern keinen blassen Schimmer, dass sie einmal beruflich mit Whisky zu tun haben würde. Obwohl auch andere Frauen mittlerweile Master Blender sind, meint sie, dass Single Malt immer noch als Männersache angesehen wird. Wenn Frauen, auch heutzutage, in Destillerien arbeiten, dann meistens am Infopoint oder im Marketing.

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„Nach meinem Abschluss dachte ich, ich würde etwas mit Parfum, Öl oder Gas machen", erzählt sie. „Ich mochte Maltwhisky, aber dachte nie darüber nach, in der Branche zu arbeiten. Für die meisten ist das eine reine Männerdomäne. Ich dachte immer, dass Jungs mit 18 oder so ihren Schulabschluss machen und als Mashman in einer Destillerie anfangen und irgendwann Geschäftsführer werden. Durch meinen Abschluss bin ich zufällig in die Alkoholindustrie gekommen und hatte dann später einen Job beim Scotch Whisky Research Institute.

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Einfach gesagt braucht man als Master Blender einen unglaublichen Geruchssinn. Rachel Barrie hatte 92 Prozent auf der Arthur-D-Little-Skala, der Messlatte der Whiskyindustrie. Durchschnittlich liegt der Wert bei 60 Prozent.Nachdem sie mehrere Jahre Whisky analysiert hat, ist Glenmorangie 1995 an sie herangetreten und 2003 wurde sie zur Master Blenderin.

Warum arbeiten nicht mehr Frauen in der Whiskybranche?

„Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum", sagt Rachel. „Ich habe da so meine Vermutungen:Vielleicht aus demselben Grund, warum weniger Frauen in der Computerbranche arbeiten. Ich habe den Eindruck, dass Frauen eher dort arbeiten, wo auch andere Frauen erfolgreich waren."

Als Rachel 2011 bei MBD anfing, hat sie ihren Chef gefragt, ob er ein paar Fässer aus japanischer Mizunara-Eiche besorgen könnte, die in Schottland bisher nie verwendet wurden.

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„Ich hatte mich vor gut 20 Jahren damit beschäftigt und dachte schon damals, dass ich unbedingt solche Fässer haben müsste. Ich konnte mir das einfach unglaublich gut mit Bowmore vorstellen", erklärt Rachel. „2012 haben wir dann drei Fässer bekommen und ich habe extra Bowmore aus verschiedenen Jahrgängen gewählt, der darin reifen sollte. Die Fässer kamen dann in Lagerhäuser unter dem Meeresspiegel auf Islay gelagert. Dort ist es sehr kalt, sehr feucht—einfach eine einzigartige Umgebung für einen Whisky."

Blender's lab, Springburn Bond, Glasgow

The "Blender's Lab" at Springburn Bond. Photo courtesy Morrison Bowmore Distillers.

Das Ergebnis: Bowmore Mizunara Cask Finish. Der Maltwhisky hat britische Whiskykritiker schon beeindrucken können und kommt auch in Japan bald auf den Markt.

„Ich wusste einfach, dass das machbar ist", sagt Rachel. „Ein Islay Single Malt, aber mit der raffinierten Zen-Note Japans. Während meines Lebens habe ich immer Schwarzmaler getroffen, die meinten: ,Das kannst du nicht machen!' Ich habe aber immer meiner Intuition vertraut."

Wir haben nur Zeit für ein paar Whiskyproben im „Labor" der Blender, das ein bisschen wie eine übergroße Landküche aussieht—mit dem Unterschied, dass hier Tausende Flaschen Maltwhisky herumstehen. Welche ihrer Kreationen ihr Favorit sei, frage ich Rachel.

„Das ist wie mit den eigenen Kindern, ich könnte keinen Liebling auswählen", meint sie. „Jeder einen ganz eigenen Charakter und harmoniert mit mir auf eine unterschiedliche Art."