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Joey Crawford, hör endlich auf, NBA-Spiele zu pfeifen!

Warum das so ist, erfährst du hier. Und wenn du kein technisches Foul kassieren willst, solltest du schleunigst auf den Link klicken!
Foto: USA TODAY

NBA-Referee Joey Crawford hört sich ein bisschen wie ein angepisster Bleistiftanspitzer an. Linguisten zerbrechen sich noch immer den Kopf darüber, mit welchen Zeichen man am besten die phonetische Realisierung seines „„Tech!"-Schreis wiedergeben kann. Aber so viel sei gesagt: Es soll Leute geben, die ihre beim Fremdgehen erwischte Frau mit weniger Hass in der Stimme angebrüllt haben. Es gibt wohl nichts Wutentbrannteres als einen Joey Crawford, der sich beleidigt fühlt, weil ein Foulpfiff von ihm in Frage gestellt wurde. Doch auch harmlose Wischer müssen sich vor Crawford in Acht nehmen und seinen Anweisungen blind und bedingungslos folgen, ansonsten droht auch ihnen der Rausschmiss.

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Crawford ist ein harter Hund. Zwar geht es ihm mit seiner autoritären Art auch darum, für Recht und Ordnung zu sorgen. Aber viel lieber sucht er in einer Tour nach Ausreden, um Spieler in welcher Form auch immer zu disziplinieren. Versucht man, sein berufliches Ziel zu benennen, wäre es wohl, die NBA von allem Stuss zu befreien, vor allem wenn dieser Stuss an ihn adressiert ist. In seinem Grundzustand ist er geprägt von brodelnder Heiterkeit, die beim kleinsten Vergehen—und fast ohne Vorwarnung—in offene Wut oder kaum zu ertragende Herablassung umschlagen kann. Einmal hat er gegen Tim Duncan eine Spielstrafe verhängt, weil sich dieser erdreistete zu lachen. Wenn man Crawford auf dem Spielfeld sieht, kann man sich nur schwer vorstellen, dass er sich im normalen Leben nur einen Deut ziviler geben soll. Stattdessen ist denkbar, dass er an der Supermarktkasse wahllos Leute anschnauzt, weil die ihm nicht aufrecht genug dastehen. Und an Kreuzungen schreit Crawford bestimmt Autofahrer an, wenn die ihre Stereoanlage nur einen Dezibel zu laut aufdrehen.

Er ist einfach nur ein unverbesserlicher Dummkopf. Anstatt ganz normal ein Foul zu pfeifen, legt Crawford lieber eine Vegas-verdächtige Showeinlage aufs Parkett. Er unterbricht einen spielentscheidenden Freiwurfversuch von Durant in einem Playoff-Spiel, um sich mit dem Anzeigetafel-Bediener wegen einer Nichtigkeit anzulegen (im Anschluss verwirft ein sichtlich irritierter Durant und die Thunder verlieren). Stichwort Freiwurf: Um einen weiteren Schützen vom Wurf abzuhalten, steigt er vor ihm künstlerisch anmutend in die Lüfte. Wenn er nicht gerade dubiose Fouls gegen dein Lieblingsteam pfeift, um aller Welt zeigen zu wollen, dass er auf dem Court steht und dort die Hosen anhat (kleiner Reminder: Echter NBA-Fan ist man sowieso erst, wenn man seinem Fernseher mindestens fünf Mal lautstark „„Verdammt noch mal, Joey!" an den Kopf geworfen hat), scheint Crawford davon überzeugt zu sein, dass seine albernen Aktionen und Pfiffe irgendeinem höheren Zweck dienen. Er hält sich nämlich für einen unentbehrlichen Hallen-Cowboy, dessen Aufgabe es ist sicherzustellen, dass alles mit rechten Dingen zugeht—wobei natürlich Mr. Crawford bestimmt, was rechtens ist und was nicht.

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Joey Crawford mit seinem gefürchteten Komm-du-mir-mal-nach-Hause-Blick. Foto via Thomas Campbell—USA TODAY Sports

Versteht mich nicht falsch. Es ist ja nicht so, dass Basketball keine Schiedsrichter bräuchte oder dass sie nicht oft zu Unrecht in der Kritik stehen, weil es schier unmöglich ist, immer alles zu sehen und jede Aktion—in Sekundenbruchteilen—richtig einzuschätzen. Aber wenn du schon mal ein NBA-Spiel im Fernsehen oder Internet gesehen hast, wirst du wissen, dass Schiedsrichter auch anders mit Spielern umgehen können. Dann wirst du wahrscheinlich auch schon mal Entschuldigungen, Erklärungsversuche und gut gemeinte Humorversuche à la „„Sorry, Kobe, dass ich das vorhin nicht gesehen habe", „„Ich konnte hier kein Foul pfeifen, Dwyane" oder auch „„Das Leben spielt einem manchmal übel mit, oder Steph?" gehört haben. Nicht so Joey Crawford, der bei kleinen Meinungsverschiedenheiten nur so mit technischen Fouls um sich wirft, der sich gerne von seiner ungeduldigsten Seite zeigt oder erwachsene Profis wie kleine Kinder behandelt.

Wenn du findest, dass man ein Basketballspiel auch weniger unfreundlich leiten kann, dann natürlich deswegen, weil du Recht hast. Kein anderer Schiedsrichter in der NBA ist ansatzweise so unsympathisch, reizbar oder selbstverliebt wie Crawford. Er ist wie ein übereifriger Fahrscheinkontrolleur, dem es eine fast schon perverse Freude bereitet, Strafen zu verhängen. Auf den ersten Blick wirkt er wie jemand, der „einfach „nur" besessen von Regeln und ihrer Einhaltung ist (Psychoanalytiker würden wohl von einem „„analen Charakter" sprechen), doch bei genauerem Hinschauen liegt die Vermutung nahe, dass er sich nur deswegen so auf das Regelwerk versteift, weil es ihm Macht verleiht. Man kann sich nämlich wunderbar vorstellen, wie er als Spieler bei jedem Pfiff gegen sich genauso rumpelstilzchenhaft toben und genervt abwinken würde. Er würde jeden Referee wissen lassen, wie er die Situation gesehen hat. Denn worum es ihm eigentlich geht, ist weniger die Einhaltung der Spielregeln als sein sich selbst auferlegter Imperativ sowie die Überzeugung, stets Recht zu haben.

Am Ende ist es vor allem Crawfords Machtposition, die ihn so furchtbar belastend macht. Für manche ist er einfach nur eine herrliche Witzfigur. Dagegen sieht die Wirklichkeit eher so aus, dass er ständig—und meist völlig unnötig—den Spielfluss unterbricht und mit seiner Art die Atmosphäre auf dem Court vergiftet. Dauernd stellt er Spieler aus fragwürdigen Gründen vom Platz—am liebsten dann, wenn er seine Autorität in Frage gestellt sieht—und nimmt jeden Kommentar furchtbar persönlich. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob du als Spieler gerade unter Strom stehst: Crawford duldet keine Widerrede. Punkt.

Man muss wohl über ein übermenschliches Ego verfügen, um jeden um sich herum wie kleine dumme Schuljungen zu behandeln und darauf zu bestehen, aus einem wunderschönen Spiel eine selbstherrliche Drillübung zu machen. Er übt zwar seinen Job unfassbar schlecht aus, doch die Überzeugung, die er dabei an den Tag legt, scheint sogar die NBA-Verantwortlichen dermaßen einzuschüchtern, dass er immer noch nicht gefeuert wurde. Denn auch nach 38 Jahren steht Joey Crawford noch immer am Spielfeldrand—mit der Pfeife im Mund, beiden Händen auf der Hüfte und kampfeslustig wie eh und je.