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Interviews

Bern ist hässig – Im Gespräch mit den Gründern des angesagten Streetwear-Labels

hässig ist der Berner Modebrand der Stunde und sogar Yung Hurn fährt auf die Designs mit dem "hässigen" Namen ab. Wir haben die Köpfe des Labels beim Launch ihrer vierten Kollektion getroffen.

Alle Fotos: Oli Moser Samstagnachmittag. Bern. Gerechtigkeitsgasse 9. Frenchy Store. Eine nervöse Menge von rund 60 Personen drängt sich um den Eingang der jüngsten Kleider-Boutique der Hauptstadt. Keine zehn Minuten später ist der Spuk vorbei. Neben viele glückliche gesellen sich die ersten enttäuschten Gesichter, die aus dem Laden kommen. Nicht für jeden gab es eines der heissbegehrten Teile der vierten hässig-Kollektion zu ergattern.

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Full House: Die Crowd am Samstag vor dem Frenchy Store.

Als ich am Samstagnachmittag um 16:00 Uhr in der Gerechtigkeitsgasse eintreffe, ist nichts mehr von der Menschenmenge zu erkennen, die vor wenigen Stunden das kleine Ladenlokal in der Berner Altstadt stürmte. Die beiden Betreiber des hässig-Brands, Nassim und Szabo, sind am Abrechnen. Der Rest der Crew sitzt draussen in angenehmer Vorfrühjahressonne beim Kaffee. Unter ihnen befinden sich nebst der Designerin der neuen Kollektion Anouk Ursin und dem Crewfotografen Oli Moser auch Thierry und Willy.

Letztere sind vielen wohl besser als Nativ und Dawill von der Berner Rap-Combo S.O.S. bekannt. S.O.S. sind hässig-Supporter der ersten Stunde – so verdankt hässig einen Teil seines schnellen Erfolgs nicht zuletzt Thierry, der am Royal Arena Festival 2016 eine hässig-Regenjacke mit Shirt auf der Bühne trug. Mittlerweile kriegt das Duo jede Kollektion als erste und natürlich kostenfrei zur Verfügung gestellt. Zu den bekannten Persönlichkeiten, die den jungen Brand unterstützen, gesellte sich bald Yung Hurn respektive sein alter Ego K. Ronaldo und trug damit seinen Teil zur rasant wachsenden Bekanntheit der Marke bei.

Ich treffe die hässig-Macher nach dem Release ihrer insgesamt vierten Kollektion in der Berner Altstadt. Mit S.O.S, Anouk und Oli laufen wir ins Stammlokal der beiden, das 3 Eidgenossen in der Nähe der "Zytglogge". Oben befindet sich das grosse Fumoir; wir machen uns dort breit. Bei Bier (ich Kaffee!) und Zigaretten beginnen Nassim, Szabo und ich das Gespräch über das erfolgsverwöhnte Modeprojekt der beiden 25-Jährigen. Der Rest spielt Billard und bedient die Jukebox.

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Die Crew: (v.l.n.r.) Szabo, Anouk Ursin, Nassim, Dawill, Nativ.

Noisey: Wer steckt hinter hässig; woher kommt ihr und was treibt ihr sonst in eurem Leben?
Nassim: Wir kommen beide aus dem Breitsch (Anm. d. Red.: Berner Quartier Breitenrain) und sind zusammen zur Schule gegangen. Ich habe hässig 2015 gegründet, Szabo stiess Ende 2015 dazu – seitdem betreiben wir hässig gemeinsam. Heute leben wir immer noch im Breitsch. Darüber sind wir froh, denn bei der fortschreitenden Gentrifizierung ist es ein Glücksfall, in einem solchen Quartier noch eine bezahlbare Bleibe zu finden. Da wären wir übrigens schon beim Thema: Das macht mich hässig! Beruflich arbeitete ich lange für Carhartt in Zürich, einem tollen Brand. Mittlerweile bin ich zurück in Bern und kümmere mich vor allem um unseren Brand.
Szabo: Ich arbeite neben hässig bei dem Musiklabel SoundService.

Wie kommt man auf die Idee, einen eigenen Kleider-Brand zu lancieren?
Nassim: Eigentlich passierte das alles sehr spontan. Als ich bei Carhartt im Store gearbeitet habe, gab es einen älteren Alkoholiker, der regelmässig in den Laden kam und etwas rumgebrummt hat. Er war immer hässig und hat das Wort auch gerne verwendet. Das ist mir geblieben: Ich wollte etwas damit kreieren. Mode und Kleidung haben mich schon immer fasziniert. Ein eigenes Label zu haben, war immer ein Traum. Zuerst begann ich, die hässig-Shirts und -Hoodies nur für meine Freunde zu machen – ohne Verkaufsabsichten. Das war 2015. Am 11. September veröffentlichte ich den ersten Hoodie auf Instagram – die erste Kollektion wurde ausschliesslich über diesen Kanal promotet. Ende 2015 stiess Szabo dazu.
Szabo: Ich bin ebenfalls seit jeher sehr interessiert in Mode und eng mit Nassim befreundet. Ende 2015 entschieden wir, das Ganze zukünftig gemeinsam zu machen und vorantreiben zu wollen. Mittlerweile haben wir vier Kollektionen veröffentlicht – die letzten drei Releases fanden im Frenchy Store statt.

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Welches Ziel verfolgt ihr mit hässig?
Szabo: Warum braucht es immer ein Ziel? Wir haben uns darüber unterhalten. Doch uns dagegen entschieden, eines zu definieren. Ein Ziel hat etwas Abschliessendes. Wenn du am Ziel ankommst, ist fertig. Deswegen haben wir kein Ziel. Hässig soll einfach weiterlaufen, ohne Ende.

Für was steht hässig? Welche Message wollt ihr damit transportieren?
Szabo: Das ist jedem selbst überlassen. Jeder Mensch ist wegen irgendetwas hässig. Auch du. Menschen sind hässig, wenn in der Migros ein Produkt nicht heruntergeschrieben ist. Oder weil auf der Welt aktuell alles scheisse läuft. Hässig ist aber auch zum Trendwort geworden. Man sagt "Die Party gestern war hässig" und meint es in diesem Kontext im Positiven. Wir haben das bewusst offen gelassen. Jeder kann selbst entscheiden, wie und warum er hässig ist.

Die Herkunft von hässig haben wir nun geklärt; woher stammt aber der Schriftzug? Wer hat das Design gemacht?
Nassim: Ich wollte bewusst provozieren. Dafür ist eine solche Frakturschrift natürlich prädestiniert. Bei einigen Personen weckt das aber auch Assoziationen mit der rechten Szene – das ist natürlich absolut lächerlich im Zusammenhang mit uns.
Szabo: Der Schriftzug war am Anfang einfach gerade. Wir haben dann zusammen den Bogen reingebracht, damit es mehr Logocharakter kriegt. Wir machen bei hässig grundsätzlich alles selbst – ausser natürlich das Design des aktuellen Hoodies: Die Rückseite mit dem Gehirn stammt von Anouk Ursin.

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Das neue Design von Anouk Ursin.

Wie fandet ihr den Draht zu den Betreibern des Frenchy Stores? Werden die zukünftigen hässig-Kollektionen weiterhin im Frenchy erhältlich sein?
Nassim: Die Frenchy-Jungs lernten wir durch Thierry kennen. Schnell hatten wir die Idee für die gemeinsame Zusammenarbeit. Wir sind extrem dankbar für die Chance und die Plattform, die wir dadurch kriegen. Unsere neue Sachen werden wir sicherlich immer im Frenchy releasen – ob die Kleidung irgendwann einmal auch in anderen Stores erhältlich sein wird, steht noch in den Sternen. Es gibt aber bereits diverse Anfragen.

Wie sieht eure Strategie für die Zukunft aus? Behaltet ihr eure Exklusivität bei?
Nassim: Wir werden natürlich weiterhin Zeugs machen. Bis auf weiteres halten wir an unserer exklusiven Strategie fest. Wir wollen kein Sell-Out-Brand werden, der nach zwei Monaten von jedem getragen wird und kurze Zeit später niemanden mehr interessiert. Nachdrucke einer vergangenen Kollektion gab es bisher nur einmal. Das wird auch künftig eine Seltenheit bleiben – allenfalls für spezielle Kollabos.

hässig's Designs sind heiss begehrte Teile.

Was darf man in Zukunft von hässig erwarten? Gibt es schon konkrete Projekte oder steht bereits die nächste Kollektion?
Nassim: Es ist nicht immer einfach in der Mode. Es gab fast alles bereits einmal und es ist eine Herausforderung, innovativ zu sein. Du musst auch immer die Konkurrenz beobachten – wenn die etwas rausbringen, das deiner Idee ähnelt, musst du wieder von vorne anfangen.
Szabo: Ideen hat man immer. Es ist aber nicht so, dass wir bereits die nächste Kollektion fixfertig haben. Wir warten immer auf den passenden Moment. Wenn dieser dann kommt, geht alles ziemlich schnell. Wir treffen uns – meistens hier, im 3 Eidgenossen – und legen los. Dann steht eigentlich alles innert weniger Tage.

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Seit Beginn unseres Gesprächs ist eine knappe halbe Stunde vergangen. Bis auf Einzelstücke in XL ist die Kollektion nun auch online ausverkauft. Du bist vermutlich also zu spät und musst dich auf die neue Kollektion gedulden. Auf folgenden Kanälen bleibst du up-to-date:

hässig auf Instagram: https://instagram.com/haess.ig
hässig Webstore: http://haessig.bigcartel.com


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