Mein Musikjahr 2016: Fredi

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Mein Musikjahr 2016: Fredi

Ich kann mein Jahr schriftlich nicht wirklich zusammenfassen, da ich einfach kein Gedächtnis habe. Aber ich kann es mit Musik versuchen.

Wieder ist ein Jahr um und wieder ist irgendwie alles und nichts passiert. So wie immer. Einzige Lektion: Meine Liebe zur Musik wird immer stärker. Beziehungsweise meine Sucht. Ich bin dieses Jahr bestimmt über zehn Mal nicht rechtzeitig außer Haus gegangen, weil ich meine Kopfhörer nicht gefunden habe.

Wenn ich beim Fortgehen Kopfhörer verliere, dann bin ich die Person, die hinten in der U-Bahn kauert und ihr Handy ans Ohr hält. For real. Um doch noch irgendwie Musik zu hören. Studios sind meine Seelenorte. Wenn ich tagträume, dann über Musik. Einzige Besonderheit: Mein Hass auf das Konzept "Konzert" wächst exponentiell.

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Das Lied ist aus 2015, habe ich trotzdem durchgehend gehört. Fick dich, "Clublandschaft" und many more.

Letztes Jahr habe ich ein Kapitel dem Clubleben in Wien gewidmet. Hier nur eine kurze Anmerkung, warum ich das dieses Jahr nicht tun werde: Es ist alles im Oasch, wirklich alles und es gehen mir auch alle am Oasch. Danke für nichts, Wiener Clubleben. Aber es macht nichts, dieses Jahr war ich weniger fort, schadet auch nicht. Ihr Lurche.

Zurück zu erfreulicheren Sachen, wie mir und meinem Musikgeschmack: Ich schreibe zwar kein Tagebuch, aber ich bin seit 2012 bei einem Streaming-Dienst und seitdem erstelle ich jeden Monat eine Liste. Zum Beispiel "Best of December 2016". Meine ADHS-Anwandlungen lassen zwar nicht zu, dass ich mich an mehr erinnere als gestern, aber wenn ich diese Listen öffne, dann weiß ich ganz genau, was ich in dem Monat mit wem, wo und wie erlebt habe. Und jetzt kommt mein Lieblingspart dieses Artikels: Ich öffne die zwölf Listen von 2016, schwelge in Erinnerungen und schreibe euch meine persönlichen Highlights raus. YAY!

Österreich macht endlich einen auf Muskelarmemoji

Endlich! Vor allem im Bereich des Raps, was mich ehrlich wirklich ur freut. UR! Appletree hat ein stabiles Album gedroppt. "Skifahrer" wird von meinen Freunden, die eigentlich keinen Rap hören, sehr gefeiert und Appletree ist live auch wirklich gut. Svaba Ortak droppte mit Enter the Dragon ein hartes Album, dass sicher auf der ein oder anderen Homeparty in meinem Umfeld lief. Raf Camora—mein allerliebster Lieblingsrapper (neben Tua)—hat als letztes Werk dieses Jahr Palmen aus Plastik mit Bonez MC aufgenommen. Sound feiere ich nicht so sehr, aber es ist Raf Camora. Wir sollten endlich eine Straße in Fünfhaus nach ihm benennen.

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Wie auch letztes Jahr und das Jahr davor und eigentlich alle Jahre seit 2009, habe ich R.A der Lehrer bis zur Wiederauferstehung tot gehört. Dieses Jahr stand unter dem Track "Was Ich Will" beziehungsweise unter dem Album Therapie nach dem Album.

Er verändert sich seit paar Jahren ziemlich—ich gehöre noch zur alten Raben-Garde, aber irgendwie ist es schon OK, wenn er nicht die ganze Zeit den gleichen Scheiß machen und abhandeln will.  Solange es ab und zu so etwas wie Die Weisse EP gibt, chill ich meine Basis und schreibe keine verrückten Drohbriefe. Weil ich es letztes Jahr verpasst habe: Die Shawn the Savage Kid-Platte (ich zähle ihn jetzt einfach Dank seines Hauptwohnsitzes zu "national", ähnlich wie es sich 16bars mit Raf erlaubt) hat mich schon auch dieses Jahr begleitet. Wunderbares Teil namens LowLife Schickimicki aus 2015. Wenn ich die Augen fest zumache und Stoßgebete bete, kommt ja vielleicht etwas in 2017.

Und mein größtes S/O dieses Jahr geht an Jugo Ürdens. Der macht krassen Scheiß, Leute. Also OK, er hat derweil nur eine EP draußen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er relativ bald alle überholt. Er ist eine Mischung aus dem klassischen Rap mit wolkigen Cevape-Geräuschen drin, also quasi best of both worlds. Der Hawi is am places gehen been. Was auch immer.  S/O auch an Einfachso. So, Leute, klingen Slawen in Österreich. Gut. Sehr gut.

TU NICHT AUF EXOTISCH, DU HEISST DOCH LENA <3 Was ist das für 1 Beat und für 1 Flow und für ein BRETTTTT?!?!?!??! 

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T-Ser aus Salzburg ist auch echt feierbar—überhaupt kann man Salzburg bald wieder unter Musikhauptstadt listen und das nicht wegen Klassik, sondern wegen Rap. Applaus, Menschen. In diesem Zuge auch ein S/O an HPF.

"Bianco" von Yung Hurn war das erste Ding, das man Nicht-Hörern zeigen konnte, um sie zu hooken. In meinem Umfeld, das ja eher in Richtung Techno geht und sich selbst als "zu alt" für Cloudrap und Ähnliches bezeichnet, war "Bianco" die Scheibn des Sommers. Deshalb kann ich es leider nicht mehr hören, aber es waren intensive und schöne zwei Wochen.

Wolkensprechgesang (oder wie auch immer man es labeln mag) wird sich noch mehr etablieren und ausweiten, wenn man den Aufwind von diesem und letzten Jahr nützt. Wir anderen Menschen sollten vom Boden zum Kondenswasser aufsteigen und anfangen, die Strömung des Deutschraps auch als solche zu sehen (wenn man jetzt anfängt, ist man noch immer paar Jahre zu spät dran, tho).

Was ist das für 1 nices deutschösterreichische Koop vong Versace rocken her? Ich gründe übrigens gerade eine Selbsthilfe-Gruppe für Menschen, die nicht mit "vong-her" aufhören können. Hit me up auf Facebook, wenn du auch Hilfe brauchst.

Anfang des Jahres kam auch das Video zu "Oida Wow" von Crack Ignaz und LGoony raus und es war mein erster Track aus dem Umfeld, den ich ernsthaft auf meiner privaten Facebook-Seite geteilt habe. Es wäre jetzt zu lang zu erklären, warum das so besonders ist, aber es ist ziemlich besonders. Überhaupt: Wenn man es schafft, dass in Deutschland Leute stehen und "Oida WOW" schreien, dann hat man grundsätzlich Österreich schon durchgespielt und ist am besten Weg, eines Tages auch eine Straße in Wien zu bekommen.

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Österreicher waren dieses Jahr echt fleißig: Money Boys Veröffentlichungen zähle ich gar nicht mehr, aus seinem letzten Werk Alles ist Designer habe ich das Wort "pricey" in meinen Stammwortschatz aufgenommen. Laut Wikipedia wurden es 2016 zwei Alben und drei Mixtapes. Crack Ignaz releaste 2016 drei Alben, Raf zwei. Beide haben sowohl eigene Alben, als auch Kollabo-Alben gedroppt. Yung Hurn wurde dieses Jahr zu K.Ronaldo und krochte auch auf seinem Krocha Tape. Appletree und Zwara, droppten auch ein Album (Die Vamummtn sind nun offiziell getrennt). Svaba Ortak und Chakuza haben auch jeweils ein Album veröffentlicht. Das ist für unseren sonstigen Deutschrap-Output mehr als feierbar. Wenn man bedenkt, dass ich bestimmt Künstler vergessen habe, dann leben wir gerade quasi in einer Hochburg des Deutschraps. Hoffen wir, dass der Schaffensdrang aus unseren Breiten 2017 nicht abnimmt, zusätzlich neue Künstler dazukommen und das Splash! bald herverlegt wird.

Queen B vs. RiRi

Die zwei Titaninnen haben 2016 jeweils ein Album gedroppt. Ich muss sagen, ich bin immer eher RiRi-Fan, da Beyoncé nur noch ein Marketingprodukt, ohne einen Hauch Menschlichkeit ist, während wir in der inTouch sehen können, wie Rihanna drauf ist, Drake irgendwie nicht küsst und bei Oprah heult. Rihanna ist Sternzeichen Fische und auch wenn das ihre Art von Marketingstrategie ist, mag ich sie einfach lieber.

Mit "Formation" wurde Rassismus und die damit zusammenhängende Polizeigewalt popkulturell thematisiert. Aber warum zum Teufel lässt Queen B  lauter weiße, dünne Tussis dazu tanzen? Im Clip geht es noch halbwegs, aber bei der Super Bowl-Show habe ich mir das erste Mal in meinem Leben gedacht: "Was machen so viele weiße Tussis da?" Aber ich mag Beyoncés politisches Engagement, egal, ob es real ist oder nicht. "***Flawless" ist bis heute einer meiner Lieblingshymnen, "Formation" eines meiner Lieblingssongs des Jahres.

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Beyoncé hat natürlich etwas unbeschreiblich Großes gemacht. Das sie die erste Künstlerin war, die ein visuelles Album gedroppt hat, untermauert ihr "Queen" vor dem B ziemlich. Dass sie uns glauben lässt, dass Jay eine Becky mit guten Haaren gern hat oder hatte, ist ziemlich schlau. Und ihre Live-Shows bleiben unerreicht. Sie ist bestimmt eine anstrengende Perfektionistin. Aber sie verdient das Queen. Fairnesshalber sag ich's euch auch: Sie ist Löwin.

THIS WHISKEY GOT ME FEELIN' PRETTY

Rihanna ist richtig grottenschlecht bei Live-Shows, wirklich richtig schlecht. Rihanna hat politisch auch noch überhaupt nichts bewegt. Das sind alles Gründe, warum ich sie wirklich, wirklich als Seeleninterpretin bezeichne. Sie ist so untergründig mit ihrer Meinung und Einstellung, ich mag das. Man kann ja politisch sein als Künstler und es zwischen den Zeilen transportieren. Und das macht sie für mich. Sie ist liberale, kiffende Feministin mit einem Hang zu allem. Aber das ist ja auch das Geheimrezept von Rihanna: Jeder glaubt, sie zu durchschauen. Sie ist für jeden Menschen jemand anders. DAS ist Kunst, Leute.

Wie meine Musikvideos aussehen würden. Sie ist Beste. Ich mag Drake aber nicht, sie sollte sich endlich einen richtigen Rapper holen. LG, Österreichs größter RiRi-Ultra.

Was Rihanna doch kann: Die besten Alben rausbringen. ANTI war Anfang 2016 meine Lieblingsplatte und sie ist es bis heute. Während Lemonade eher flashig war, habe ich zu "Higher" betrunken geheult, zu "Desperado" gestritten, zu "Needed Me" alles beendet und zu "Love on the Brain" betrunken und verheult angerufen, um mich zu entschuldigen. Nichts von all dem ist wirklich passiert, aber so unwahrscheinlich wäre es nicht.

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Gerade meinte ein Freund "Man kann auch beide mögen" und hat dabei echt pervers dreingeschaut. Aber er hat recht. Ich mag beide und wir leben in keiner Entweder-Oder-Welt (s/o an Markus Lust für diese Lebensweisheit) und beide Alben sind mein Highlight des Jahres. "Needed Me" ist halt schon zu 100 Prozent meine Meinung, egal welcher Hawi. Muskelarm-Emoji.

Noch ein paar S/O des Jahres 2016

Letztes Jahr schrieb ich noch großgoschig, wie wenig in Deutschland für mich passiert ist. Also im Bereich des Deutschraps. Das hat 2016 wirklich wieder gut gemacht und ich weiß gar nicht, wo ich anfangen oder aufhören soll. Kool Savas hat mit ESSAHDAMUS ein cooles Album draußen. Größtes Lob an Samy Deluxe, der irgendwie back to the roots ist und in "Wahre Liebe" einen Part hat, der das ganze Kollegah-Album verblassen lässt. Viele Herzen an Samy. Das Kolle-Album ist trotzdem echt nice. Weitere Künstler, die mich mit ihren Alben 2016 begleitet haben: Huss & Hodn, Karate Andi, Kontra K, Olexesh und Ufo36. Dieses Jahr stand ganz unter dem Deutschrap-Stern.

Es gibt nichts Schlimmeres, als verzweifelte Frauen, die man babysitten muss, weil der nächste Gestörte ihr Leben bestimmt und umwirft. Also schon OK, wenn es ab und zu passiert, ich will die Liebe nicht judgen. Aber ich judge auf jeden Fall Frauen, die sich kein eigenständiges, schönes Leben aufbauen können und sich wirklich auf jeden Penis reinflashen. Da kommt mir das Kotzen. Diesen passiv-agressiven Track habe ich also schon ein paar Mal verschickt. PS: Wiener-Dialekt ist so schön, ich werde es meinen Kindern beibringen. PPS: Das hier wurde mehr ein Rant über den unselbstständigen Teil meines weiblichen Freundschaftskreises, als ein S/O an Voodoo Jürgens. S/O!!!!

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Ich habe ihn letztes Jahr erwähnt und er war dieses Jahr noch besser: ZHU, ily <3. Audiovisuelles Meisterwerk. Er hat nicht nur TOP Mucke, sondern auch die besten Musikvideos. Checkt unbedingt "Money" aus. Toller Track. Toller Künstler. Toll. Konsumiert ihn, wenn ihr konsumiert habt (Schokolade reicht auch). Dann versteht ihr meine Liebe.

Dan Bog m1 Spatz vong Technoproducer und DJ her.

Ich habe noch immer ein Kollektiv vong Techno-Partys her. Auch wenn dieses Jahr eher raplastig war: Ich kenne mich. 2017 könnte es schon wieder anders sein. Jedenfalls haben meine Burschen natürlich wieder supergute Arbeit geleistet, was man auch an zufriedenen und verschwitzten Gästen in der Früh sieht. Und auch an uns: Zwei Jahre haben uns dann doch extrem zusammenschweißen lassen und mittlerweile sind wir ein Kollektiv von über 30 engagierten Leuten, das die beste Zeit auf den eigenen Partys hat. For real: Ich gehe nicht mehr woanders fort, außer zu unseren Partys. #AltAberStillOag

Ich sage euch das viel zu selten: Ihr seid die Besten. Wir sind die Besten. Und ihr anderen: Kommt mal auf unsere Partys. Wir haben echt die größten Stürzer-Partys. Wirklich. Außer Dan Bog und Traumata haben dieses Jahr noch Oliver Gruen, Hochweiss und FreshOtis (nach Härte sortiert) zuhause produziert. Man muss bedenken, dass da niemand ein ernsthaftes Studio am Start hat. Beim Hören kriege ich eh schon wieder Lust auf mehr Techno. 2017 wird wieder basslastiger und schneller, I feel it.

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So klingt es, wenn ich verliebt bin. Zum Beispiel auch in Matt Woods. Seine Stimme channelt in mir Östrogen. Wenn ich sein Album mehrere Stunden höre, werde ich zu einem beschützenswerten, verkuschelten, liebesbedürftigen Mäuschen, deshalb kann ich es nur dosiert zu mir nehmen. Sein Album = ausfließende Herzemojis.

Dieses Jahr habe ich auch Trap für mich wiederentdeckt, nachdem ich mich 2012 zu arg überdosiert habe. Two Feet macht die beste "Zuerst Schmusen, dann Sex"-Mucke. Erprobte Platte, denkt an mich, wenn ihr (drauf)kommt. "Go fuck yourself" ist auch ein echt guter Track. Alle Tracks auf der First Steps EP sind gut. Der Typ aus NY hat seine erste EP gedroppt und alles zerlegt—sagen wir es, wie es ist. Die anderen Trap-Dinger erwähne ich nicht, die kennen eh alle Trap-Hörer. Wer noch kein Trap-Hörer ist, sollte einer werden. Vong majestätische Mucke her.

Und ich schließe mit dem besten Konzert ab, auf dem ich dieses Jahr war. Also ich hasse Konzerte, außer das Macklemore-Konzert in der Stadthalle. Es war echt, echt, echt so, wie ich mir Konzerte vorstelle. Mackelmore hat außerdem mehr für die Suchtprävention gemacht als alle Regierungen zusammen. Nach "Otherside" habe ich sowieso nur geweint. Ich bin eigentlich ziemlicher Fan von Jugendarbeit-Rap. Danke Macki, du Suessi.

Fredi hat Twitter: @schla_wienerin

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