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Ein Michelin-Sternekoch kocht in einem Flüchtlingscamp

Die britische Boulevardpresse stürzte sich auf die Tatsache, dass einer der vier Köche im kontroversen Flüchtlingslager in Calais früher in einem Michelin-Sternerestaurant gearbeitet hatte. Die essen doch bestimmt den ganzen Tag nur Foie Gras? Naja...
Photo via Flickr user Alpha

Vor Kurzem eröffnete ein fast 50.000 m² großes Flüchtlingslager in Frankreich für mehr als 2000 Frauen, Männer und Kinder, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind.

Das neue Lager Jules Ferry befindet sich in der Nähe des französischen Hafens von Calais, der besonders in jüngster Zeit zum Auffangbecken für Flüchtlinge und ihre Familien, die—meist illegal—nach Großbritannien emigrieren wollen, geworden. Das neue Lager hat sich schnell den Spitznamen „Sangatte II" eingehandelt, eine Anspielung auf ein kontroverses Flüchtlingslager, das sich in der Nähe befand und 2002 geschlossen wurde.

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Einige Briten waren empört, dass sie als Steuerzahler einen Teil dieses Lagers mitfinanzieren sollen. Die Hälfte des jährlichen Budgets des Camps von 7,8 Millionen wird von der französischen Regierung bezahlt, die zweite Hälfte mit einem EU-Zuschuss, der sich aus den Steuergeldern aus, unter anderem, Großbritannien zusammensetzt.

Britische Boulevardblätter stürzten sich sofort auf die Tatsache, dass der Koch des Lagers Christophe Duchene ist, der zuvor im Michelin-Sternerestaurant Auberge Du Dun in der Nähe von Dieppe gearbeitete hatte. Mit nur wenig verschleiertem Entsetzen weist die Daily Mail darauf hin, dass die „Drei-Gänge-Menüs" im Flüchtlingslager „je £2,30 (umgerechnet 3 Euro) kosten—drei Mal mehr als die britische Regierung für das Essen in Grundschulen ausgibt."

Bei diesen Summen und einem Sternekoch in der Küche müssen die Flüchtlinge doch sicher Foie Gras, Périgord-Trüffel und Ortolan in Armagnac schlemmen, oder?

Nicht ganz. Duchene und sein Team haben ihre Menüs auf das Klientel abgestimmt: „Wir haben hier sehr viele Afrikaner und Asiaten. Sie mögen scharfes Essen, also haben wir uns einen großen Vorrat an Gewürzen wie Curry, Chilipfeffersauce, Kurkuma und Pfeffer angelegt." Auf dem Speiseplan stehen Gerichte wie Lammfleischbällchen mit Gemüse, Curry-Truthahn, Hammel-Eintopf und Rindfleisch mit grünem Pfeffer. Am Sonntag gibt es ein besonderes Menü: Gebratener Hase mit Kartoffeln.

Vielleicht sollte man anmerken, dass das Dessert auch nicht unbedingt ein Schokoladenfondant ist. Die Flüchtlinge haben aber das Glück, auswählen zu dürfen: Zwischen Joghurt und saisonalen Früchten.

Wenn immer noch irgendwelche nörgelnden Briten lieber ihre Cornish Pastys und ihren Blackpool Rock gegen dieses Menü eintauschen wollen, dann finden wir im Flüchtlingslager bestimmt genügend Freiwillige.