Faszinierende 3D-Animation zeigt alle deutschen UFO-Sichtungen seit 1945
In der Visualisierung werden auch verschiedene Phänomene aufgeschlüsselt, die vermehrten UFO-Sichtungen zugrundeliegen, wie das Aufkommen der Kong-Ming-Laternen

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Faszinierende 3D-Animation zeigt alle deutschen UFO-Sichtungen seit 1945

Im „Land der Untertassen” könnt ihr nach Herzenslust durch 71 Jahre UFO-Geschichte schweben, euch in die UFO-Hochburgen Deutschlands beamen oder per 3D-Animation zur Sichtung fliegen, um die skurrilsten Anekdoten zu erfahren.

Gibt es UFOs oder nicht? Diese Frage, mit der Erich von Däniken in den 1990er Jahren im deutschen TV noch ganze Abendprogramme füllte, sorgt heute bei den meisten Menschen wohl nur noch für ein müdes Lächeln. Grüne Männchen und fliegende Untertassen haben ihr Schockpotenzial weitgehend eingebüßt. Trotzdem werden in Deutschland nach wie vor regelmäßig UFOs gesichtet—und sogar gemeldet: Dieses Jahr waren es bis einschließlich 24. September bereits über 200.

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Mit Außerirdischen hat das nichts zu tun, denn es handelt sich bei diesen Sichtungen lediglich um das, was das Kürzel UFO nun mal bedeutet: Unidentifizierte Flugobjekte. Mit anderen Worten: Menschen haben am Himmel etwas gesehen, das sich bewegt, konnten aber nicht erkennen, um was es sich handelte. Diese Sichtungen werden von gleich zwei deutschen UFO-Gesellschaften fein säuberlich protokolliert. Hinter der gemeinsamen UFO-Datenbank, die frei zugänglich ist, stecken die Deutschsprachige Gesellschaft für UFO-Forschung (DEGUFO) und die Gesellschaft zur Erforschung des UFO-Phänomens (GEP).

Aus dieser akribischen deutschen Vereinsarbeit haben die Berliner Daten- und Informationsvisualisierer Alsino Skowronnek und Hans Hack nun eine faszinierende interaktive Datenvisualisierung geschaffen, die wir heute auf Motherboard erstmals präsentieren. Im „Land der Untertassen" könnt ihr nach Herzenslust durch 71 Jahre UFO-Geschichte schweben, euch in die UFO-Hochburgen Deutschlands beamen oder per 3D-Animation zur Sichtung fliegen, um die skurrilsten Anekdoten zu erfahren.

Hier könnt ihr die Visualisierung auch im Vollbild-Modus genießen.

Sowohl GEP als auch DEGUFO betrachten sich und ihre Arbeit als „neutral gegenüber dem UFO-Phänomen" und möchten durch ihre Dokumentation lediglich aufklären. Beide Vereine haben sich dabei einem Grundsatz verschrieben: Sich dem Phänomen UFO auf rationale und wissenschaftliche Art und Weise zu nähern und von Ideologien oder parawissenschaftlichen Spekulationen Abstand zu nehmen. Bei einer Aufklärungsquote von 94 Prozent bleibt dafür ohnehin nicht allzu viel Spielraum. Tatsächlich ist die Arbeit der deutschen UFOlogen wohl im Bereich der Protowissenschaften anzusiedeln: Sie archivieren jedes gesichtete UFO inklusive bildlicher Dokumente, wenn es diese gibt, und eines entsprechenden Erfahrungsberichtes, so weit denn einer eingereicht wurde. UFO-Zeugen können sich dabei aussuchen, welche der beiden Gesellschaften ihre Sichtung bearbeiten soll, sprich aufklärt, was da tatsächlich am Himmel zu sehen war.

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„Krass, dass da tatsächlich jemand sitzt und alles händisch in eine Datenbank einträgt", fanden auch Skowronnek und Hack. Über Twitter waren sie eher zufällig auf die UFO-Datenbank aufmerksam geworden und konnten sich schnell für das ungewöhnliche Hobby der deutschen Ufologen begeistern. Auf einem Treffen von Maptime Berlin beschlossen sie schließlich das akribisch gepflegte Archiv angemessen zu visualisieren. Dabei steckten sie in den letzten Wochen wohl mindestens genauso viel Fleiß und Enthusiasmus in ihre Arbeit wie die Admins der Datenbank.

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„Wir mussten zunächst einmal die Struktur der Website verstehen, um anschließend über node.js die Informationen ziehen zu können, also die Website zu scrapen", erklärt Skowronnek gegenüber Motherboard. Da die beiden das Scraping bereits im März realisierten, sind spätere UFO-Sichtungen aus dem Jahr 2016 in ihrer Visualisierung nicht mehr berücksichtigt. Nachdem die Daten dann endlich als csv.-Datei vorlagen, konnte die eigentliche Mapping-Magie beginnen.

„Für die Visualisierung der UFO-Datenbank haben wir die Software MapboxGL zum ersten Mal bei einem größeren Projekt eingesetzt. Sie greift auf die 3D-Grafik-Schnittstelle Web GL zurück, mit der man im Browser Karten in dreidimensionaler Form darstellen kann. Man hat so die Möglichkeit verschiedene 3D-Elemente in eine Karte einzubauen und mit den Perspektiven zu spielen. Die vorletzte Animation unserer Visualisierung hätten wir ohne WebGL so zum Beispiel nicht bauen können", so Skowronnek.

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Und so lassen die beiden Datenvisualisierer unter der Funktion „Die Kong-Ming" weiße Punkte über die Deutschlandkarte fliegen: Sie symbolisieren die unter dem Begriff Kong-Ming-Laterne bekannt gewordenen Lampions, die zwischen 2006 und 2009 in Deutschland verkauft wurden und zu einem sprunghaften Anstieg von UFO-Sichtungen führten.

Weitere prominente Ursachen werden in der Visualisierung unter dem Punkt „Die Ereignisse" zusammengefasst: So wurden beispielsweise aufgrund eines Meteors allein am 31.03.2014 im südwestdeutschen Raum insgesamt 117 UFO-Sichtungen gemeldet. Auch die russische Soyuz-Rakete sorgte mehrmals für einen Anstieg von UFO-Meldungen, ebenso wie die ominösen Greifswalder Lichter.

Aufgrund der stärkeren Lichtverschmutzung avancieren Großstädte automatisch zu Hochburgen der UFO-Sichtungen. In Lüdenscheid hat übrigens die GEP ihren Sitz.

Dass es vor allem in deutschen Großstädten zu regelmäßigen UFO-Sichtungen kommt, mag erstmal nicht überraschen. Skowronnek und Hack haben aber auch die Top 10 deutscher UFO-Gemeinden (Anzahl der Sichtungen im Vergleich zur Einwohnerzahl) unter dem Punkt „Die Zentren" optisch hervorgehoben. Wer hätte gedacht, dass die 443 Seelen aus dem rheinland-pfälzischen Dörfchen Pillig in ihrem Leben am häufigsten Ufos gesehen haben?

So war Pillig auch der Ort, an dem der bekannte UFO-Gläubige und mittlerweile verstorbene Weltkriegveteran August Wörner am 16.10.1971 ein mysteriöses Foto schoß (mit kleiner Anekdote zu sehen unter dem Punkt „Die Phänomene"). Zeit seines Lebens hatte Wörner versprochen, dass Ufos in der Eifel landen würden. Bewahrheitet haben sich seine Prognosen bis heute nicht.

Das Herzstück der umfassenden Visualisierungsarbeit findet sich derweil am Ende: Über eine Suchmaske könnt ihr jeden beliebigen deutschen Ort nach UFO-Sichtungen inklusive Zeugenbericht absuchen, zusätzlich nach dem zugrundeliegenden Phänomen filtern oder dem jeweiligen Datum filtern oder die berühmte Klassifikation für UFO-Sichtungen des französischen Astronoms Jacques Vallée heranziehen.

Unter der Suchmaske findet ihr schließlich die Erfahrungsberichte all derjenigen, die bereits in den Genuss gekommen sind, ein unbekanntes Flugobjekt am Himmel zu erblicken, und könnt euch zur Sichtung fliegen lassen. Wenn man bedenkt, dass sicher nicht jeder, der glaubt, ein UFO gesehen zu haben, seine Sichtung an die UFO-Datenbank weitergibt, dürfte die Dunkelziffer deutscher UFO-Sichtungen wohl deutlich höher liegen. Aber das werden wir wohl nie erfahren.