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Popkultur

Wir haben versucht, mit dem Schöpfer von Breaking Bad über Drogen zu reden - SPOILER FREI!

Wir wollten endlich in Erfahrung bringen, ob Vince Gilligan jemals Meth probiert oder gekocht hat.

ACHTUNG: Falls du die gerade in den USA gelaufene erste Hälfte von Breaking Bad schon gesehen hast und also keine Agnst vor Spoilern hast, kannst du hier die volle Version des Interviews lesen. In der hier vorliegenden gekürzten Version nehmen wir nichts aus der fünften Staffel vorweg und versuchen auch sonst, so wenig wie möglich zu verraten.  All diese Aufregung um Breaking Bad verdanken wir Vince Gilligan, einem Mann, der das Fernsehen einfach zu vorhersehbar fand. Vince ist kein Meth-Junkie, kein Meth-Dealer, kein Polizist, ja noch nicht einmal ein Arschloch. Er hat sich als Produzent von Akte X einen Namen gemacht, die Drehbücher zu Verliebt in Sally und Hancock geschrieben—zwei sehr unterschiedliche Filme, die beide scheiße sind—und dann alle mit einer Arbeit schockiert, die im totalen Widerspruch zu seiner restlichen Karriere steht. Also ist er im Grunde Walter White. Ich hatte die Möglichkeit, kurz mit Gilligan zu telefonieren. Ich war jedoch von der Tatsache überrascht, dass seine PR-Frau die ganze Zeit in der Leitung war und genau in dem Moment einschritt, als ich ihn nach seiner seine Lieblingsdroge fragte. VICE: Also, die finale Staffel läuft. Wie wurde die Show angenommen?
Vince Gilligan: Oh, es war wunderbar. Ich wollte mich kneifen und sehen, ob ich träume. Ich klinge vielleicht unaufrichtig, wenn ich das sage, aber ich kann immer noch nicht wirklich glauben, dass die Serie wirklich im Fernsehen läuft. Es ist verrückt, dass sich das Menschen immer noch anschauen und auch nach fünf Jahren noch immer genießen. Die Tatsache, dass die Leute es wirklich mögen, ist so wunderbar überraschend. Es haut mich um. Wie lange weißt du schon, wie Walters Geschichte zu Ende geht?
Du hättest uns letzte Nacht sehen sollen. Die Autoren und ich ackerten an den letzten acht Folgen. Wir haben sie noch nicht einmal geschrieben. Wir haben schon seit Monaten Ideen, sehr grobe Ideen von großen Dingen, die geschehen sollen. Aber das ist alles noch unvollendet. Wir sind glücklich, dass uns von Studio und Sender die Zeit gegeben wird, die wir benötigen. Das ist ein Segen. So können wir alles sehr gründlich machen. Das Beängstigende und Aufregende ist, dass wir momentan so wenig wissen. Wie viel hast du dir im Laufe der Zeit überlegt und was war Teil deiner ursprünglichen Idee, bei der aus dem Unschuldslamm Scarface wird?
Es ist schwierig, das genau zu sagen, weil wir einerseits nie vom Kurs des Originalentwurfs, wo es darum geht, dass der Protagonist zum Antagonist wird, abgekommen sind. Andererseits hat dieser grobe Entwurf uns viel Handlungsspielraum gelassen. Was die Feinheiten angeht, werden diese von Woche zu Woche entschieden. Es ist ein kniffliger Prozess, da wir versuchen, acht Folgen weiter zu denken. Wir wollen nicht allzu künstlich sein, was unsere Geschichte angeht, und nicht sagen: „Walt muss dies tun und dann das und dann etwas anderes.“ Das beste Drehbuch ist eines, das die Charaktere bestimmen lässt, wohin sie gehen wollen. Diese beiden Philosophien scheinen sich zu widersprechen.
Wir tun unser Bestes, alles auf einmal zu bekommen. Wir versuchen, Walt, Jesse und den Rest der Charaktere so authentisch wie möglich erscheinen zu lassen. Wir tun aber auch unser Bestes, unsere Grundideen umzusetzen. Denkt ihr euch zuerst die Funktion eines Charakters oder seine Persönlichkeit aus?
Beides. Ich hasse es, das zuzugeben, weil ich es liebe, authentisch zu sein, aber man hat einen logistischen Zweck im Sinn. Zum Beispiel braucht man möglicherweise einen „bösen Jungen“ für die Staffel. Ein gutes Beispiel für einen Charakter, der zunächst nur der Handlung dienen sollte und der sich dann zu einem wesentlichen und integralen Bestandteil der Serie weiterentwickelt hat, ist Hank. Ich wollte, dass Hank alles ist, was Walt nicht ist. Ich wollte, dass Hank ein Gewinner ist, und in der ersten Folge ist Walt eine Art Verlierer. Hank sollte ein überlebensgroßer, kühner und selbstsicherer DEA-Agent sein. Die Quintessenz sollte sein, dass Walt darüber nachdachte, Meth in kleinen Mengen zu kochen, um sich an Hank zu rächen. Wie hat sich deine Vorstellung von Hank geändert?
Wir haben Dean Norris für diese Rolle gecastet. Norris ist ein sehr interessanter und vielschichtiger Typ. Er ist komplex und sehr intelligent und kann als Schauspieler viele Nuancen darstellen. Es wurde schnell klar, dass Hanks Charakter viel mehr Potenzial hat, als es auf den ersten Blick schien. Als wir Dean kennenlernten, begannen die Autoren, mehr Eigenschaften in den Charakter zu schreiben. Genau. Also, warum macht er das [mit Drogen]?
Jeder, der die Show sieht, hat eine gleichermaßen gültige Meinung dazu, warum Walt tut, was er tut. Wenn ich sage, was meine Meinung ist, kann es hinterhältig klingen, aber es ist nur die Meinung einer Person. Meine Meinung ist, dass Walt all diese Dinge sein ganzes Leben lang in sich trug. 50 Jahre bevor die Geschichte begann, hatte er diese Dunkelheit in sich. Seitdem er die schreckliche und doch befreiende Nachricht in der ersten Folge erhalten hat, dass er an Krebs stirbt, ist sie langsam an die Oberfläche gekommen. Plötzlich fallen all die Zwänge der Zivilisation einer nach dem anderen von ihm ab. Jetzt steht es ihm frei, derjenige zu sein, der er all die Jahre wirklich war. Es steht im frei, all die schrecklichen Dinge zu tun, die er in seinem Herzen hatte und vor denen er bisher zu viel Angst hatte. Ich glaube, er liebt das Gefühl von Macht. Geld ist nur ein Maßstab für ihn. Es ist klar, dass er nie so viel davon ausgeben wird. Den DEA-Agenten wird ein gewisses Maß an Inkompetenz zugeschrieben. Glaubst du, dass das bezeichnend für die reale DEA ist?
Nein. Kennst du diese optische Täuschung, wo du entweder eine Vase oder zwei Gesichter siehst? Ich sehe eine Vase und du siehst die zwei Gesichter. Du kannst das interpretieren, wie du magst. So wie ich es sehe, ist die DEA, wie sie in der Show dargestellt wird, halbwegs intelligent und fleißig. Die Agenten machen ihren Job ziemlich gut. [….]  Glaubst du, dass es im wirklichen Leben viele brillante Kriminelle gibt?
Ich glaube nicht. Ich habe vor zehn Jahren an einer kurzlebigen Cop-Show gearbeitet und wir hatten ein paar echte Polizisten als technische Berater. Ich erinnere mich an einen Detective von der Raubmordkommission des LAPD, ich fraget ihn: „Du hast all die Filme und TV-Serien mit diesem einen kriminellen Genie, das brillant und den Cops immer zehn Schritte voraus ist, gesehen. Bist du jemals einem kriminellen Genie im realen Leben begegnet?“ Er sagte: „Nein, die meisten Kriminellen sind Idioten! Und Gott sei Dank, denn wir sind so überlastet und es gibt so viele schlechte Leute da draußen. Wenn es ein kriminelles Superhirn gibt, wissen wir vielleicht immer noch nicht, dass es existiert. Wir schnappen es  vielleicht nie, weil die Arbeitsbelastung so stark ist und weil es so viele Verbrechen zu lösen gibt. Die meisten Verbrecher aber sind Kindsköpfe.“ Denkst du, dass der Krieg gegen Drogen vor diesem Hintergrund wirksam ist? Besonders an der Grenze zu Mexiko?
Ich bin eine Art Agnostiker, was dieses Thema angeht. Ich weiß nicht, ob es die beste Strategie ist. Ich weiß auch nicht, ob man bestimmte Drogen entkriminalisieren sollte. Man könnte meinen, ich sollte dazu eine gefestigtere Meinung haben, aber ich verbringe meine ganze Zeit damit, über diesen einen Charakter nachzudenken, und nicht die Politik im Allgemeinen. Ich weiß, es gibt viele Männer und Frauen, die versuchen, den Drogenhandel zu stoppen. Ich weiß, diese Kartelle in Mexiko, um nur ein Beispiel zu nennen, sind die Ursache von viel Schmerz, Leid und Tod. Ist es ist der richtige Weg, sie noch stärker zu verfolgen und alles kriminalisiert zu lassen oder sollten wir all das Zeug legalisieren? Schwer zu sagen. Hast du jemals Meth probiert?
Nein, definitiv nie. Ich vermute, ich würde eher auf Downer stehen als auf Upper. Was ist denn eher so deine Droge? [PR-Lady unterbricht uns] „Hey Abdullah, sorry, wir müssen aufhören, weil Vince mit allem spät dran ist.“ Shit.