FYI.

This story is over 5 years old.

Vice Blog

Meeting Bud Spencer

Sein Idol zu treffen, ist für die meisten Menschen etwas Besonderes. Irgendwie kritisch wird es aber, wenn man weiß, dass dieses Idol seine besten Tage schon hinter sich hat

Sein Idol zu treffen, ist für die meisten Menschen etwas Besonderes. Irgendwie kritisch wird es aber, wenn man weiß, dass dieses Idol seine besten Tage schon hinter sich hat und heute nur noch als traurige PR-Marionette durch die Weltgeschichte tingelt und damit all diejenigen zu Tode erschreckt, denen der ganze Erfolg zu verdanken ist. Diese Gedanken zum Verhältnis zwischen Fan, Idol und der Wirklichkeit mache ich mir, weil Carlo Pedersoli, mein absoluter Lieblings-Schauspieler aus Kindheitstagen, heute in der Stadt sein wird.

Anzeige

Soll ich nun hingehen und erleben wie ein großer Haufen aus altem Fleisch und verschlissenen Hüftgelenken die Träume meiner Kindheit zerschmettert und gegen hässliche Erinnerungen an Altenheimbesuche ersetzt? Oder soll ich zuhause bleiben und möglicherweise für immer dieser verpassten Chance nachtrauern?

Trotz dieser Bedenken entschied ich mich dazu, dem Spektakel beizuwohnen und machte mich auf den Weg zum offiziellen Pressemeeting mit Bud Spencer. Die Veranstaltung fand in einem pompösen Berliner Hotel statt und alle Vorzeichen deuteten auf genau die Art von Veranstaltung hin, die ich eigentlich nicht erleben wollte: Semiprofessionelle Kameramänner mit Ed Hardy-T-Shirts, unfassbar langweilige Fragen nach dem Lieblingsgericht oder dem Humor seiner Filme und eine schrecklich aufgeregte PR-Frau, die mit ihrem hyperaktivem Drei-Wort-Vokabular zwanghaft versuchte, den Zeitplan einzuhalten. Gute Arbeit. Das war's dann wohl mit den Erinnerungen an die alten Zeiten.

Pedersoli erzählt ein paar Geschichten aus seinem Leben, antwortet auch auf die dämlichsten Fragen und lässt die ganze Show über sich ergehen, ohne ein Miene zu verziehen. Er hat ja auch nichts zu befürchten, ich kenne keine erfolgreichere und gleichzeitig planlosere Karriere als die seine. Ob es das abgebrochene Jurastudium, die nie vollendete Karriere als Komponist oder das Bedürfnis kleiderlosen Kindern mit dem Bau einer Textilfabrik zu helfen: Immer wenn Pedersoli in seinem Leben eine Tür zuschlug, trat er woanders eine Mauer ein. Er ist einfach ein sehr sehr talentierter, herzensguter und selbstloser Mensch, der offenbar immer die richtigen Entscheidungen getroffen hat.

Während ich da saß und dem ganzen Geschwafel der angerückten Bunte-Redakteure zuhörte, musste ich daran denken, dass ich damals auch so sein wollte wie er, der durch schwere, unblutige Gewalt ohne Todesfolge jedes Problem zu lösen wusste und dabei immer auch ein kompetenter Ansprechpartner für die Armen und Unterdrückten war.

Seitdem wurde ich ungefähr ein Duzend mal verhaftet, werde in zwei europäische Ländern nicht mehr einreisen dürfen und verübe so manche Ordnungswidrigkeit aus purem Spaß. Viele Leute würden dazu heute sagen, dass früher einfach alles besser war und dass das hier und heute einfach nicht mehr das Wahre ist.

Ich würde aber mal sagen, dass es nicht die Welt ist, die früher besser war, sondern die Menschen, die heute einfach beschissener sind. Wir sind alle dazu verdammt, früher oder später zu verkommenen Mistsäcken zu mutieren. Und das trifft auf uns alle zu und diese Veranstaltung ist das beste Beispiel dafür. Der einzige, der sich diesen Vorwurf nicht gefallen lassen muss, ist Carlo Pedersoli - er war damals gut, ist heute noch so gut es eben geht und in ein paar Jahren wahrscheinlich immer noch viel viel besser als ich und der Rest der Welt.