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​Antifa, Neonazis, Bundeswehr – In Dortmund sorgen Flüchtlinge für Tumult

Weil wieder Neonazis gegen die Flüchtlinge demonstrierten, kam es zu Ausschreitungen in der Innenstadt.

Nachdem Dortmunds Neonazis bereits Samstagnacht von Gegendemonstranten aus der Stadt getrieben wurden, wollten sie gestern erneut gegen die Flüchtlinge hetzen, die in den vergangenen Tagen zu Tausenden am Dortmunder Hauptbahnhof ankamen. Während weiterhin mehrere hundert Freiwillige, Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der Feuerwehr und des Roten Kreuzes alles Menschenmögliche tun, um bestmöglich mit der großen Zahl an Flüchtlingen umzugehen, hatten die Neonazis der Partei „Die Rechte" zu einer erneuten Hetz-Kundgebung aufgerufen.

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Der Unmut gegenüber den Neuankömmlingen wurde allerdings nicht nur mit Worten ausgedrückt: Am Samstagabend wurde auch ein Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Dortmund verübt. Auch deshalb hatten mehrere Gruppen aus Antifa-Kreisen und Zivilgesellschaft zu Protesten gegen die rechte Kundgebung aufgerufen.

Ein Gegendemonstrant, mit „Stadtschutz"-Parodie-T-Shirt

1.000 Gegendemonstranten blockieren Zufahrtsstraße

Bereits vor der Ankunft der Neonazis versammelten sich in der Dortmunder Innenstadt bis zu 1.000 Gegendemonstranten. Sie demonstrierten friedlich und versuchten, die Anreisewege der Neonazis zu blockieren. Zeitweise lag dadurch der Verkehr auf Dortmunds Innenstadt-Ring komplett lahm.

Vor Beginn der rechten Kundgebung kam es allerdings bereits zu ersten Auseinandersetzungen: Als das als Lautsprecherwagen genutzte Auto der Partei „Die Rechte" zum Kundgebungsort vorfahren wollte, stürmten einige Antifas auf einer Kreuzung auf das Fahrzeug zu. Die Neonazis sprühten daraufhin mit einem Feuerlöscher aus dem Autofenster. Die Angreifer konnte das nicht abhalten: Sie beschädigten das Auto leicht und traten die Verkleidung eines Seitenspiegels ab. Die Neonazis flüchteten daraufhin vorerst.

Erst Volksverhetzung …

Trotz der blockierten Zugänge konnten die Neonazis ihren Kundgebungsort allerdings problemlos erreichen: Er lag direkt vor einer U-Bahn-Station. Auch der Lautsprecherwagen schaffte es letztendlich durch die Gegenproteste. Wie bereits in der Samstagnacht konnte „Die Rechte" jedoch kein Stadtpublikum erreichen. Außerhalb ihrer Kundgebung waren nur die Parolen der Nazigegner zu hören, die die Flüchtlinge willkommen hießen und „Wer nichts ist und wer nichts kann, zündet Flüchtlingsheime an" skandierten.

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Bei den Neonazis dominierten schlechter Rechtsrock und dumpfe Hetze. Die ganzen Flüchtlinge seien eigentlich gar keine Flüchtlinge, sondern nur wegen des deutschen Sozialstaats hier, so einer der Redner. Gegen einen weiteren Nazi-Redner fertigte die Polizei eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung. Es dürfte sich dabei um Christoph Drewer handeln, der Flüchtlingsunterstützer nicht nur als geisteskrank beschimpfte, sondern ihnen auch Raubüberfälle und Vergewaltigungen wünschte.

… dann Flaschenwürfe

Die Situation eskalierte, als die Neonazis ihre Kundgebung beendet hatten und abreisen wollten. Während die meisten der 65 Teilnehmer der Nazi-Versammlung einfach in die U-Bahn steigen konnten, musste der Lautsprecherwagen von der Polizei durch die Menschenmenge der Gegenproteste gebracht werden.

Die Polizisten versuchten dazu, eine Schneise zwischen die Gegendemonstranten zu schlagen. Stück für Stück standen die Neonazis in ihrem Auto deshalb tiefer zwischen den Nazigegnern. Dutzende Flaschen und andere Gegenstände flogen aus der Masse. Manche trafen das Auto, einige auch die Polizisten drum herum.

Nachdem es den Neonazis letztendlich gelungen war, aus der Menschentraube zu entkommen, und sie mit Vollgas davon fuhren, gingen die Auseinandersetzungen allerdings noch weiter. Die Polizisten drängten die Gegendemonstranten in eine angrenzende Straße, diese drängten zurück. Es flogen erneut Flaschen, an einigen Polizeifahrzeugen wurde die Luft heraus gelassen. Laut einer Mitteilung der Polizei wurden dabei fünf Beamte verletzt.

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Die Bundeswehr hilft jetzt bei der Ankunft der Flüchtlinge

Wenige Stunden nach den Auseinandersetzungen in der Innenstadt kamen am Dortmunder Hauptbahnhof erneut Hunderte Flüchtlinge mit einem Sonderzug aus Salzburg an. Wie bereits am Sonntag wurden ihnen von singenden und klatschenden Flüchtlingsunterstützern ein freundlicher Empfang bereitet. Viele der angekommen waren darüber sehr sichtbar erfreut—allen standen aber auch die mehr als zehn Stunden Zugfahrt ins Gesicht geschrieben.

Am Sonntag hatten vor allem Ordnungsamt, Feuerwehr und Rotes Kreuz gemeinsam mit freiwilligen Helfern die Ankunft und Weiterverteilung der Flüchtlinge organisiert. Bereits am Samstag hatte die zuständige Bezirksregierung in Arnsberg allerdings auch ein Amtshilfeersuchen an die Bundeswehr geschickt. So haben am Montagabend 24 uniformierte Soldaten das Ordnungsamt unterstützt.

Sie haben laut Angaben der Stadt für eine „sichere Begleitung der Flüchtlinge" in das nahegelegene städtische Kulturzentrum gesorgt, in dem die Flüchtlinge sich aufwärmen, etwas essen und trinken konnten. Die Aufgaben der Soldaten waren allerdings wenig militärisch: Sie haben Gepäckstücke getragen und schlafende Kinder zu den Bussen gebracht, die die Flüchtlinge zu Erstaufnahmestellen in anderen Städten bringen sollen.