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Warum 2015 für die Schweiz ein geiles Jahr war

Pegida ist tot, Star Wars kam in die Kinos und die RASA-Initiative macht wieder Hoffnung auf Menschlichkeit. Läuft bei uns.
VICE Media

In diesem Artikel haben wir genügend Gründe aufgezählt, die 2015 zum Scheissjahr schlechthin krönen—welches es irgendwie ja auch war. Trotzdem kommen wir nicht umhin, der Feiertagslaune freien Lauf zu lassen und uns selbst einzugestehen, dass die 365 Tage vielleicht doch nicht ganz so übel waren, wie sie auf den ersten Blick scheinen.

Obwohl die Schweiz einen politischen Sprung nach rechts vollzogen hat, sich das Burkaverbot langsam aber sicher auch bei uns ansiedelt und sogar die Musik uns nicht zu Freudesprüngen verleiten wollte, gab es dieses Jahr die ein oder andere schöne Sache, die uns ein Lächeln ins Gesicht presste.

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Damit ihr euer Feiertagshirn nicht unnötig anstrengen müsst, haben wir hier sechs Gründe parat, warum 2015 für die Schweiz ein verdammt geiles Jahr war:

Endlich raus aus der Sackgasse

Wir können uns alle noch gut an jenen dunklen Tag im Februar 2014 erinnern, an dem die Masseneinwanderungsinitiative von den Schweizer Bürgerinnen und Bürger mit einer knappen Mehrheit von 50.3 Prozent angenommen wurde. Wir haben geweint, wir haben enttäuscht unsere Köpfe geschüttelt und zwei Mal auf den Boden gestampft, doch es nützte alles nichts. Der grosse politische Fehler der Schweiz war begangen.

Übergabe der Unterschriften, Screenshot von RASA

Umso mehr freut es uns, dass wir dieses Jahr wieder ein wenig zur Vernunft gekommen sind und eine Initiative ihren ersten Erfolg feiern durfte, die diesen Faux-pas wieder rückgängig machen soll.

Die Initiative „Raus aus der Sackgasse" (RASA) konnte diesen Oktober mit über 100'000 Unterschriften erfolgreich eingereicht werden und hat das Ziel, eine erneute Abstimmung zur Masseneinwanderung vors Volk zu bringen. Das bedeutet erstmal wenig und ist keine Garantie, dass sich wirklich etwas ändert, aber man kommt ja bekanntlich auch mit kleinen Schritten irgendwann ans Ziel.

Nerds sind im Paradies

Was für ein Jahr für Nerds! Nach dem schwachen Vorjahr konnten die Next-Gen-Konsolen endlich die grossen Geschütze auffahren und zeigen, was sie wirklich drauf haben: The Witcher 3, Metal Gear Solid 5, Bloodborne und Star Wars Battlefront bilden nur die Speerspitze der diesjährigen Crème de la crème der Software-Unterhaltung.

Foto: Kevin Tostado | Flickr | CC BY 2.0

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Der Spiele-Welt geht's auch ansonsten so gut wie selten zuvor: Die PlayStation 4 brach so ziemlich jeden möglichen Verkaufsrekord und ist auf dem besten Weg, die meistverkaufte Konsole aller Zeiten zur werden. Bei PC-Games konnte die Steam-Plattform mit Fallout 4 eine neue Bestmarke verzeichnen: 380'000 aktive Nutzer spielten das Rollenspiel-Epos gleichzeitig! Und haben wir schon erwähnt, dass Jedis und Sith das lange erwartete Comeback auf der grossen Leinwand feiern? Und dass Marty McFly—von so ziemlich jedem Medium gewürdigt—am 21. Oktober wieder in der Zukunft landete? Wir können uns nur wiederholen: Was für ein Jahr!

PEGIDA ist tot

Manchmal, aber wirklich nur manchmal, hin und wieder, wenn der Blutmond aufsteigt oder sich die Erde rückwärts dreht, dann sind wir froh, dass es die SVP gibt. Der Hauptgrund (neben Unterhaltung und klar definiertem Feindbild): Die Sünneli-Partei ist so rechts (und erfolgreich damit), dass die Schweizer Bevölkerung daneben gar nichts anderes braucht.

PNOS, Schweizer Demokraten, EDU und die vom mutmasslichen Facebook-Like-Shopping-Fan Ignaz Bearth gegründete DPS—rechtsextreme Parteien gibt es zwar einige, doch auf einen grünen Zweig kommt kaum eine von ihnen und so sollte es eigentlich auch nicht überraschen, dass bei uns beunruhigende Menschenmassen wie in Dresden oder anderen deutschen Städten bisher ausgeblieben sind.

Screenshot von Facebook

Besorgte Schweizer Bürger schreien eben keine Parolen. Besorgte Schweizer wählen SVP. Und da diese seit Mitte Dezember wieder mit einem zweiten Bundesrat in der Regierung vertreten ist und diesen sogar als den eigenen anerkennt, muss sie sich wenigstens ein bisschen an die demokratischen Spielregeln halten.

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Mehr Sonne, weniger Schnee!

Sind wir ehrlich: In der Schweiz wirkt sich die menschgemachte Klimaerwärmung vor allem positiv auf Wetter und demzufolge auch auf die Stimmung der Einheimischen aus. Die Sonne schien den ganzen Sommer über, der nach dem Sommer 2003 als zweitheissester seit Anbeginn der Wettermessungen in der Schweiz in die Geschichte eingehen wird.

Dazu ein ebenso überdurchschnittlicher Herbst mit blauem Himmel und bisher auch noch kein einziger Wintertag, an dem sich unsere ausgelatschten Schuhe mit dem schwarzen, kalten Schneepflotsch der Zürcher Strassenränder vollgesaugt haben.

Ach, gäbe es Gletscher- und Arktisschmelze und darbende Skigebiete, die Dürre-Periode in Kalifornien, untergehende Ferien-Inseln und die wachsende Anzahl an Naturkatastrophen nicht, man hätte Paris die letzten Wochen über nicht in einen neuerlichen Ausnahmezustand versetzen müssen. Da die Klima-Konferenz aber zumindest auf Papier mit optimistischen Sätzen und Zielen beschlossen wurde, könnte man auch dies als positive Entwicklung werten.

„Refugees Welcome" einte uns

Das sich dem Ende neigende Jahr wurde medial von einem Thema beherrscht: Den 1.5 Millionen Flüchtlingen, die von Januar bis November von irgendwo nach Europa kamen. In die Schweiz wollten bislang zwar nur 35'000 von ihnen, trotzdem keifte die Politik—vom Wahlkampf befeuert— fleissig gegen das heraufbeschworene Gespenst des „Asylchaos" an.

Foto von Michael Zanghellini

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Das reichte zwar für Blochers Jungs—und Natalie Rickli—, ihr erfolgreichstes Ergebnis ever zu erzielen—und doch hatte es auch sein Gutes. Menschen in Zürich, Basel und Baden zogen zu Tausenden für ein lautstarkes „Refugees Welcome!" durch die Strassen und organisierten sich, um Flüchtlingen auf ihrer Reise zu helfen. Sie alle zeigten: So geht Willkommenskultur! Und begegneten den Flüchtlingen mit einem wärmeren „Hallo", als es die Behörden etwa am Grenzübergang in Buchs in ihren besten Träumen konnten.

Die einen beschwörten ein Problem herauf und die anderen fanden enger zusammen. Doch beide, die Pro- und die Contra-Welle, sind mittlerweile wieder etwas abgeflaut. Trotzdem kämpft etwa die Autonome Schule in Zürich immer noch für ihren wichtigen Standort im Stadtzentrum. Und es gibt immer noch Menschen, die die Feeds auf Facebook und Twitter mit menschenverachtenden Kommentaren füllen—aber eben auch so viele Menschen, die sich engagiert ihrer Hetze entgegenstellen.

Und sportlich ist die Schweiz auch noch

Die Quali für die Fussball-Europameisterschaft 2016 ist geschafft. Als Gruppenzweiter konnte sich die Schweizer Nationalelf direkt hinter England einen Platz in Europas grösstem Turnier sichern. Im nächsten Jahr geht es weiter gegen Gastgeber Frankreich, Rumänien und Albanien.

Die Fussball-Welt hatte noch einen weiteren Sieg zu verzeichnen: Der FIFA-Skandal sorgte zwar zu Beginn für einen Schock, doch genau dieser war bitter nötig. Nach jahrelanger Korruption und Bestechung folgten Konsequenzen, welche Fussballanhänger weltweit willkommen hiessen. Vorbei ist Blatters Herrschaft über den Fussball-Weltverband! Einziger Nachteil daran: Nie wieder wird ihn jemand mit Geld beschmeissen müssen.

Foto: Jens Matheuszik | Flickr | CC BY 2.0

Im Tennis sieht's ebenfalls rosig aus: Halbgott Federer scheint wieder zu seiner alten Form zu finden, sein Kollege Wawrinka spielt so gut wie noch nie und wurde entsprechend zum Schweizer Sportler des Jahres 2015 gekürt.

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