Bret Easton Ellis sagt, wir sind alle nur ein Haufen Mimosen

Bret Easton Ellis in seinem Haus in Los Angeles, Fotos von Jamie Taete

Damit alle Schwächlinge der Welt aus ihren Löchern kriechen und über Bret Easton Ellis vermeintlich verkommene Moralvorstellungen herziehen, muss der amerikanische Schriftsteller eigentlich nur den Mund öffnen. In den 80ern und 90ern konnte man noch ein gewisses Verständnis für Menschen aufbringen, die sich von seinen Büchern angegriffen fühlten, weil sie noch nicht viel Zeit mit Hegde-Fonds-Managern oder Idioten aus der Modewelt verbringen konnten. Andernfalls hätten sie nämlich begriffen, dass es sich bei American Psycho und Glamorama im Wesentlichen um journalistische Arbeiten handelt, die zwar in Valentino gekleidet und mit Blut bespritzt sind, zugleich aber einen geschichtlichen Augenblick dokumentierten. „Die sechs oder sieben Bücher ergänzen sich zu einer Art Autobiographie“, sagt Ellis. „Wenn ich sie mir ansehe, denke ich: ,Oh, so war ich also ’91. Und so ’88. OK, jetzt habe ich es verstanden.‘“

Jetzt hat er sich dem Film zugewandt, schreibt Drehbücher für das Fernsehen und stellt einmal pro Woche einen Podcast ins Netz, für den er sich mit Leuten wie Kanye West und Marilyn Manson unterhält. Gleichzeitig wird er noch immer von Bloggern beleidigt und erzeugt jedes Mal, wenn er jemanden auf Twitter kritisiert, einen Sturm der Entrüstung.

Als ich ihn letzte Woche bei sich zu Hause in Los Angeles besuchte, erzählte Bret von seiner Frustration über die „Generation Waschlappen“. Darunter fallen du und ich sowie alle anderen jungen Menschen, die mit dem Internet aufgewachsen sind und sich zu viele Gedanken darüber machen. Nach wenigen Stunden war ich zutiefst beeindruckt von dem Interesse, das er dem Leben der Leute entgegenbringt, die mit seinen Büchern aufgewachsen sind, und der Technologie, die sie benutzen. Seiner Wut darüber, dass das Internet unsere Kultur zerstört, scheint weniger eine generelle Misanthropie als ernste Besorgnis zugrunde zu liegen.

VICE: Warum hast du mich und meine Altersgenossen als „Generation Waschlappen“ tituliert?
Bret Easton Ellis: Du musst verstehen, dass derartige Äußerungen von einem Mitglied der pessimistischsten und ironischsten Generation stammen, die jemals die Erde durchstreift hat. Wenn ich höre, dass Millennials durch „Internet-Mobbing“ verletzt werden oder zum Selbstmord getrieben werden, fällt es mir schwer, das zu verarbeiten. Bei meinem Freund trifft das etwas weniger zu, er ist auch ein Millennial in diesem Alter. Doch selbst er stimmt der Empfindlichkeit dieser Generation zu. Ihr fällt es sehr schwer, Kritik zu akzeptieren. Deshalb sind viele Inhalte, die diese Generation produziert, beschissen. Wenn jemand für seine Inhalte kritisiert wird, bricht er zusammen. Oder die Person, die die Kritik ausspricht, ist ein Hater, Nonkonformist oder Troll.
In gewisser Weise liegt das an der Generation, die sie erzogen und mit Lob überschüttet hat. Doch irgendwann muss jeder die dunkle Seite des Lebens kennenlernen. Es gibt Leute, die dich nicht mögen, die deine Arbeit nicht mögen, dich nicht lieben … Menschen sterben. Wir haben eine extrem selbstbewusste und positive Generation, die bei dem kleinsten Hauch Dunkelheit, der in ihr Leben eindringt, gelähmt ist.

Mir ist vor ein paar Tagen aufgefallen, dass ich ungefähr so alt bin wie Patrick Bateman. Als du American Psycho geschrieben hast, war sein Leben wohl ziemlich typisch für einen 27-jährigen, der in New York lebt. Von meiner Lebensweise könnte es aber nicht weiter entfernt sein.
Ich will mich nicht zu oft auf den 27-Jährigen [Brets Freund] beziehen, aber er würde dir zustimmen. American Psycho handelt von einer Welt, die ihm so fremd ist wie der Saturn.

Ich denke aber, dass es eine Welt war, die uns versprochen wurde.  
An einem bestimmten Punkt haben wir verstanden, dass diese Versprechen Lügen waren und wir wirtschaftlich aufgeschmissen sein würden. Es ist die Schuld der Babyboom-Generation, die ihre Kinder auf der Spitze des Empires aufgezogen hat, in einer kompletten Fantasiewelt. Meine Generation, Gen X, hat gemerkt, dass sie, wie die meisten Fantasien, unbefriedigend war. Wir haben mit Ironie, negativen Einstellungen und Arroganz rebelliert, weil wir den Luxus hatten, es tun zu können. Wir waren in keiner wirtschaftlichen Notlage.

Darum geht es ja auch in The Wolf of Wall Street. Magst du den Film deshalb so gern?    
Ich mag Filme nie wegen ihres Themas. Ich mochte ihn, weil er keine Stellungnahme war und sich nicht um das kümmerte, worum es heute in so vielen Filmen geht: um Anständigkeit. Um anständige Leute unter Stress oder schweren Umständen.  
Für mich ist es eine klassische Geschichte über einen jungen Mann, wie Barry Lyndon. In neun von zehn Fällen verscheißen sie es, sie geben ihr ganzes Geld aus, lassen ihren Trieben freien Lauf, bremsen sich nicht, machen sich keine Gedanken um die Zukunft und dann … kracht es. Außerdem fand ich den Film unglaublich komisch und Leonardo war fantastisch. Dass er dieses Jahr keinen Academy Award gewinnt, ist wirklich schade.

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Wünscht du dir jetzt, dass er damals Patrick Bateman gespielt hätte?
Mit dem Dreh des Filmes hatte ich nichts zu tun. Ich weiß nur, dass Leo nach Christian Bale ein Angebot bekommen hat. Man hätte damit etwas verdrängt, das wahrscheinlich ziemlich peinlich für ihn war: für den Rest seines Lebens als Jack aus Titanic bekannt zu sein. Ich weiß nicht, was genau passiert ist, und auch nicht, wie weit Christian mit der Vorbereitung von American Psycho war. Deshalb hätte mein Plädoyer für Leo vielleicht unsensibel gewirkt. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich hätte ihn gerne in der Rolle gesehen. Aber damals war es wahrscheinlich viel besser und weniger ablenkend, einen relativ unbekannten Schauspieler zu nehmen.

Du hast gesagt, dass Terrence Malick eine wichtige Inspiration für dich war.  
Einer der Schlüsselmomente meiner frühen Kinoerfahrungen war, In der Glut des Südens zu sehen und zu begreifen, dass der Film eine Kunstform ist. Da ich in Los Angeles aufgewachsen bin und viel von der Filmindustrie mitbekommen habe, war diese Offenbarung schon vorbereitet. Aber 1978 hatte ich sie dann. Das ist der Grund, warum ich so eine enge Verbindung zu dem Film habe und ihn alle zwei Jahre sehe. Er versetzt mich in die Vergangenheit.

Willst du diesen Stil auch in deinen eigenen Filmen nachbilden?
Das weiß ich nicht. Ein Problem, das ich mit The Canyons hatte, war, dass ich ihn schneller inszeniert hätte. Mir fehlt die asiatisch geprägte Denkweise von Paul Schrader, die durchdrungen ist von [Yasujiro] Ozu und den großartigen japanischen Regisseuren der 50er und 60er. Das ist seine Art, einen Film anzugehen.

Das klingt nach einem großen Unterschied in der Wahrnehmung des Films.
Es klingt extremer, als es war. The Canyons war ein Guerillafilm. Wir wollten ihn für umsonst machen und ihn auf iTunes stellen. Wir hätten nicht gedacht, dass er in den USA zu einem so berüchtigten, kulturellen Ereignis werden würde.

Aber dir muss doch klar gewesen sein, dass die Besetzung mit Lindsay Lohan eine solche Wirkung haben würde, oder?
Nein. Es war ein 150.000-Dollar-Film. Wir saßen in Schlafzimmern von Freunden und haben versucht, einen Paten zu schaffen. Ich habe das Drehbuch geschrieben. Ich glaube, es war eins von den zwei Drehbüchern, die Schrader nicht angerührt hat. Das andere war ein Drehbuch von Harold Pinter für einen Film namens Der Trost von Fremden, ein Film, der von The Canyons beeinflusst ist. Schrader wollte ihn so drehen, wie er es immer macht. Und ich dachte: „Du weißt, dass er schneller sein wird, wenn wir ihn geschnitten haben.“ Und so war es in gewisser Weise dann auch.
20 Prozent der Leute, die ich kenne, mögen den Film. 80 Prozent mögen den Film nicht. Aber seine Skizzenhaftigkeit—der anrüchige, kalte Aspekt—wie soll ich es sagen … es spricht mich an.

Das düstere Porträt, das du in Unter Null mit heulenden Kojoten und Leichen, die in Gassen herumliegen, von Los Angeles zeichnest—ist das eine realistische Beschreibung des Ortes? Oder hat sich deine Sichtweise mit der Zeit verändert?  
Ich denke, es ist ein bisschen von Beidem. Ich denke schon, dass meine Kindheit im südlichen Kalifornien sehr idyllisch war. Ja, in dem Haus fand eine schlechte Ehe statt und ich habe ein bisschen an Depressionen gelitten. Aber es gab den Strand und die Einkaufszentren und viele meiner Freunde fuhren in Cabrios herum. Es hätte schlechter sein können, oder?
Ich war kein unbeliebtes Kind. Ich hatte viele Freunde, ich gab Partys, ich hatte eine … Freundin. Aber weil ich die ganze Zeit schrieb, habe ich mich ein bisschen von der Clique entfremdet. Und deshalb neigte ich dazu, die Welt etwas zynischer zu betrachten.  

OK. Stimmt es, dass du an einer Fernsehserie über die Manson-Morde sitzt?
Ja, wobei ich nicht sagen würde, dass es um die Manson-Morde geht. Es geht um die zwei Jahre, in deren Kontext die Manson-Morde in Los Angeles passierten. Die Geschichte fängt etwa ein Jahr vor den Morden an. Ich fange gerade mit dem Planen an. Es ist noch im Anfangsstadium.

Schreibst du auch ein neues Buch?
Ja, aber ich wünschte, es wäre den Leuten nicht so wichtig, dass ich es tue. Im Januar 2013 hatte ich einen ziemlichen Zusammenbruch. 2012 habe ich mehr geschrieben als in meinem ganzen Leben. Eine Reihe von Filmen, von denen zwei umgesetzt wurden, und unzählige Piloten fürs Fernsehen. Im Januar 2013 war ich am Ende meiner Kräfte. Ich hatte Lust, Prosa zu schreiben, also fing ich mit diesem Buch an. Hin und wieder lebt [dieses Gefühl] wieder auf und ich arbeite so lange daran, bis ich durch etwas anderes abgelenkt werde. Es liegt auf meinem Schreibtisch, neben einem Theaterstück, das ich schreibe.

Wie bist du darauf gekommen, einen Podcast zu machen?
Ich habe einen sehr langen 4.000-Wörter-Text für das Out Magazine geschrieben. Ich habe hier in den USA eine Menge Aufmerksamkeit bekommen. Aber als ich die Reaktionen gelesen habe, habe ich gemerkt, dass die Leute nach der Hälfte meines Artikels nicht mehr weitergelesen hatten.

Das liegt am Internet.
Nun, es gibt einen positiven Mythos darüber, dass das Internet großartig für lange Artikel geeignet ist. Du kannst 11.000 Wörter publizieren, aber es bedeutet nicht, dass die Leute alles lesen. Deshalb dachte ich, dass ich bei einem Podcast mehr Einfluss hätte. Am Anfang war ich von der Idee einer gesprochenen Radiosendung nicht besonders begeistert, aber es war wirklich interessant. Ich verstehe den Gedanken des Autors im Elfenbeinturm nicht. Ich habe Leute erlebt, die auf den Umstand, dass ich bei Twitter bin und Meinungen über die Popkultur äußere, ablehnend reagiert haben. Mir gefällt das. Es bringt die Vorstellung der Leute darüber, wie ich wirklich bin, durcheinander.

Ist das ein Problem, das du mit David Foster Wallace hattest? Dass er sich als allmächtiger Autor aufgespielt hat?
Ich denke, dass David Foster Wallace ein totaler Hochstapler war. Ich bin schockiert, dass die Leute ihn ernst nehmen. Das Gleiche sagen die Leute natürlich auch über mich. Infolge des sentimentalen Narrativs, das ihm seit seinem Selbstmord anhaftet, bin ich dafür kritisiert worden, dass ich solche Dinge über Wallace sage.
In der Generation Waschlappen und der feigen Prägung der sozialen Medien fließt all das zusammen. Sobald du über irgendetwas abfällig sprichst, bist du ein Mistkerl. Ich finde das problematisch. Es schränkt den Diskurs ein. Worüber willst du noch reden, wenn dir einfach alles gefällt? Darüber, wie toll alles ist? Wie oft ich den Like-Button auf meiner Facebook-Seite geklickt habe?
War BuzzFeed die Seite, die keine negativen Kritiken mehr bringen will? Ist das euer Ernst, Leute? Was soll dann mit der Kultur passieren? Und was mit der Konversation? Es wird das Ende sein.

Ich vermute, dass wir Geld durch eine Währung der Popularität abgelöst haben. Der größte Lohn besteht darin, dass Tausende Leute deinen Scheiß auf Facebook liken. Wie kann man unter diesen Umständen noch große Werke schaffen?
Ich stimme dir zu. Es ist irgendwie traurig, dass es keinen ökonomischen Weg gibt, auf dich aufmerksam zu machen. Der einzige Weg, dies zu tun, ist über deine Marke, dein Profil und deine Präsenz in den sozialen Medien. Ich bin wahrscheinlich zu alt dafür, Instagram oder Tumblr vorteilhaft einzusetzen. Nicht einmal Twitter nutze ich richtig. Aber da ich mit jemandem zusammenlebe, der 27 ist, denke ich, dass deine Beschreibung sehr zutreffend ist: Internetpräsenz ist die Währung.
Auch wenn mein Freund und seine Freunde manchmal wirklich bissig und gemein sein können, wollen sie im Großen und Ganzen eher eine sanfte und liebenswürdige Rolle einnehmen.

Ich würde nicht sagen, dass dein Werk der 80er und 90er besonders amoralisch war. American Psycho vermittelt ja schon eine moralische Botschaft, auch wenn sie nicht explizit geäußert wird.  
Du musst es aber fühlen. Ich wurde für American Psycho von Leuten angegriffen, die sagten, dass er darauf ausgerichtet sei, Menschen zu beleidigen. Wenn das der Fall wäre, hätte ich nicht drei bis vier Jahre damit verbracht und einfach jede Seite mit furchtbaren Beschreibungen gefüllt. Ich habe über mein Leben geschrieben. Ich habe darüber geschrieben, Patrick Bateman zu sein, ein junger Mann, der in New York lebt und sich der Yuppie-Kultur, die nur auf Konsum beruht, verloren fühlt. Ich hatte das Gefühl, alles, was ein junger Mann zu dieser Zeit hatte, haben zu müssen. Ich habe mich dafür gehasst, dass ich es nicht hatte, ich habe die Gesellschaft gehasst und wollte nicht erwachsen werden. Darum ging es in American Psycho. Es war ein sehr persönlicher Roman.
Wie viele Männer hatte ich eine ziemlich kitschige Fantasiewelt. Wenn ein Mann das zugibt, wird er dafür angegriffen.

Wenn die Leute dich der Misogynie anklagen, sage ich immer: „Ja, stimmt, die Männer kommen in den Büchern schließlich so gut weg.“
Ja, pass auf. [Lacht] Das ist genau das, was ein Frauenhasser sagen würde, aber ich habe mich nie als einer wahrgenommen. Dennoch ist es interessant, zurückzublicken und zu verstehen, aus welchen Gründen Leute so etwas gesagt haben. Ich finde zum Beispiel, dass American Psycho überhaupt kein misogyner Text ist. Ich denke, dass Misogynie ein Teil des Filmes ist. Wie ich schon im Podcast über Wolf of Wall Street gesagt habe: Eine Beschreibung ist keine Befürwortung.
Ich wurde dafür kritisiert, auf Twitter über Kathryn Bigelow gesprochen zu haben [Ellis schrieb, dass sie, weil sie eine „heiße Frau“ sei, als Regisseurin „überbewertet“ werde]. Ersten hielt ich es für eine ästhetische Sache und einen Kommentar über Hollywood und den umgekehrten Sexismus. Aber es verärgerte Leute, die bei solchen Sachen sehr empfindlich sind. Das habe ich auch gemerkt, als ich gesagt habe, dass Alice Munro überschätzt sei. Die Leute haben es nicht zur Kenntnis genommen, dass ich auch viele männliche Autoren kritisiert habe, die ich nicht mag, und viele weibliche Autorinnen gefeiert habe, die ich liebe. Meine Freundin Donna Tartt zum Beispiel—ihr neuer Roman The Goldfinch ist wirklich gut und ich bewundere Menschen, die so etwas schaffen.

Du machst auch kein Geheimnis daraus, wie sehr du Joan Didion verehrst.
Hin und wieder begegnest du jemandem, der deine Wahrnehmung verändert. Vor Didion war es Hemingway—das war, als ich 12 oder 13 war. Didion kam später, in der High School, es war persönlicher, weil sie über Südkalifonien schrieb und sich auf Straßen bezog, auf denen ich auch gefahren bin. Sie beschrieb eine Empfindsamkeit bei Frauen, die mit dem übereinstimmte, was ich bei den Freundinnen meiner Mutter beobachtet hatte. Unter Null hatte ich vielleicht zweimal umgeschrieben, bevor es veröffentlicht wurde. Joan Didion hat eine große Rolle bei der Gestaltung gespielt.

Hast du manchmal das Gefühl, dass sich aus dem Feminismus eine Kultur des Vorwurfs entwickelt?  
Vor einigen Jahren fand ich Jezebel.com ominös und besorgniserregend. Nicht, dass ich mir so viele Gedanken darüber machen würde, aber jetzt sind wir wieder beim Ausgangspunkt. Ohne mich der Parteilinie unterordnen zu wollen und zu sagen „Oh, das war so scheiße von Jezebel“, hat das Mobbing von Lena Dunham gezeigt, wo sich eine Art des Feminismus gerade befindet.
Trotzdem denke ich, dass der Feminismus einen guten Punkt erreicht hat, vor allem, weil Frauen, die ich kenne, einfach authentisch sein wollen. Sie wollen sexuell sein und sie wollen hübsch sein. Seitdem ich James Deen kennengelernt habe und in seine Welt eingetaucht bin, viele Frauen aus der Pornoindustrie kennengelernt habe und gesehen habe, wie cool sie damit umgingen, habe ich eine andere Perspektive.

Denkst du nicht, dass es sie ruiniert hat?
Nein. Die Freundin von James Deen [die VICE-Kolumnistin Stoya] ist eine großartige Darstellerin. Genau wie James sieht sie nicht wie ein traditioneller Pornostar aus. Sie hat auch einen Blog, auf dem sie über den feministischen Porno schreibt und darüber, wie sie die Kontrolle behält.

Kannst du mir etwas von deiner Zusammenarbeit mit Kanye erzählen?
Er kam auf mich zu und bat mich, diesen Film zu schreiben. Am Anfang wollte ich es nicht. Dann hörte ich mir Yeezus an. Es war letztes Jahr Anfang Sommer und ich saß gerade im Auto. Er hatte mir eine Vorabkopie gegeben und ich dachte, egal, ob ich der Richtige für dieses Projekt bin—ich will mit dem Menschen zusammenarbeiten, der das gemacht hat. Also sagte ich ja. Und so kam es. Es ist sieben oder acht Monate her. Wir werden sehen, was passiert.
Ich mag ihn als Person wirklich sehr. Ich weiß, dass er in der Presse als Performancekünstler rüberkommt, aber es ist irre, dich drei Stunden mit ihm in einem Raum zu unterhalten.

Ich denke, er hat die goldene Regel gebrochen und zugegeben, dass er ein Narzisst ist. Damit können die Leute nicht umgehen.
Warum gibt es die Regel überhaupt?

Wenn du in den Medien oder in der Unterhaltungsbranche arbeitest, besteht durchaus die Möglichkeit, dass du ein Narzisst bist.
Ja, das stimmt. Wir alle sind es. Und er ist einer der wenigen Menschen, die es zugeben. Dafür mag ich ihn und ich wünschte, mehr Leute würden seinem Beispiel folgen. Ich denke, dass das Jennifer Lawrence so anziehend macht. Sie ist die Zukunft der Rollenbilder in Hollywood. Ich weiß nicht, wo die „alten Regeln“ des Empires (sich von der besten Seite auf dem roten Teppich zu zeigen) noch jemanden begeistern. Es deutet auf eine unfreie Gesellschaft hin.  

Kannst du mir den Unterschied zwischen Empire und Post-Empire erklären? Darauf beziehst du dich ja häufiger.
Die USA war von kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bis kurz nach dem 11. September ein Imperium. Sie war auf dem Höhepunkt der Macht, des Prestiges und der ökonomischen Geltung. Dann hat sie viel verloren. Angesichts von Technologien und sozialen Medien bröckelte die Maske des Stolzes langsam. Und die imperiale Einstellung, besser zu sein als alle anderen und über allem zu stehen. Sich einzureden, keine Probleme zu haben. Beim Post-Imperialismus geht es nur noch darum, du selbst zu sein. Man zeigt die Dinge so, wie sie sind, anstatt sie durch Unmengen von Bedeutungen zu verdunkeln.

Ist es möglich, eine „wahre“ Version von dir im Internet zu präsentieren?
Es ist postimperial, dich zumindest in einen Avatar zu verwandeln. Das ist eine neue Art der Maske. Es ist spielerischer, als deine Gefühle zu verbergen, dich von deiner besten Seite zu präsentieren und, wenn nötig, zu lügen. Aber du kannst natürlich argumentieren, dass das nur eine neue Form des Imperialismus ist.

Den Podcast von Bret Easton Ellis mit Marilyn Manson, Kanye West und Judd Apatow  kannst du hier herunterladen.

In kommenden Monaten startet Bret seinen eigenen YouTube-Kanal.

Folge Nathalie (@NROLAH) und Bret (@BretEastonEllis) auf Twitter.