Ich bin in North Carolina aufgewachsen. Meine Eltern ließen sich scheiden, als ich ungefähr 14 war. Zu dieser Zeit fing ich auch an, regelmäßig zu kochen, weil ich ein Händchen dafür hatte. Außerdem war meine Mutter meistens auf Arbeit, was noch vor der Scheidung nicht wirklich oft der Fall gewesen war. Das ist schon so lange her, dass damals noch keiner von lokaler und saisonaler Küche sprach. Diese Entwicklung ist mir zum ersten Mal aufgefallen, als ich nach San Francisco zog und im Stadtteil Outer Mission im Slow Club anheuerte. Dieses Lokal war der Inbegriff amerikanischer/kalifornischer Küche mit Produkten aus der Region. Sechzig Prozent unseres Umsatzes bei den Hauptgerichten haben wir mit Burgern gemacht. Ich übernahm das Zepter, aber bis auf ein paar persönliche Noten habe ich die Speisekarte nicht angerührt. Dennoch habe ich mir zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal ernsthaft Gedanken über Burger gemacht und wollte ihnen so richtig auf den Grund gehen.
Wenn ich auf Arbeit mit einem Kater erschien, war mein Geheimrezept ein wirklich sehr englisch gebratener Burger mit Blauschimmelkäse. Auch heute esse ich noch so zwei bis drei Burger pro Woche. Ich krieg von ihnen einfach nie genug.
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In Mount Shasta gab es eine Rinderfarm, wo sie einen Privatkoch gesucht haben. Eine Frau, die für den Besitzer der Farm arbeitet, rief mich an und wollte wissen, ob ich an dem Job interessiert sei. Ich sagte zu. Eigentlich sollte das Ganze nur eine kurze Nummer werden, aber am Ende bin ich doch länger als ein Jahr geblieben. In dieser Zeit habe ich mit dem besten Rindfleisch arbeiten dürfen, das ich je gegessen hatte. Ich tötete Schafe, Ziegen, Schweine und habe sogar mal einen Stier erschossen. Nie zuvor bin ich in die Situation geraten, wo ich einem Lebewesen in den Kopf schießen musste. Interessant zu wissen, dass ich dazu imstande bin. Du machst es einfach, ohne groß nachzudenken. Zum allerersten Mal war ich in jeden einzelnen Schritt der Fleischproduktion eingebunden, angefangen damit, dass ich das Tier noch lebendig sah, bevor es—meist von mir—getötet wurde. Danach war ich bei der Häutung dabei und hängte dann das Tier selbst ab und zerlegte es. Ach ja, und gegessen habe ich es natürlich auch oft. Es entwickelte sich zu einer regelrechten Obsession.
Mein neuestes Projekt, Kronnerburger, eröffnet im September. Die Idee dafür geht auf ein Pop-up-Konzept zurück: Wir haben in einem heruntergekommenen Nachtclub aus einem Fenster heraus unsere ersten Burger verkauft und mussten uns mit dem zufriedengeben, was wir vor Ort vorfanden. Glücklicherweise wird es in unserem neuen Lokal genug Platz geben, sodass ich alles kontrollieren kann. Wir werden unsere Brötchen selbst backen und können bei Bedarf sogar auf Holzkohle grillen.
Ich tötete Schafe, Ziegen, Schweine und habe sogar mal einen Stier erschossen. Nie zuvor bin ich in die Situation geraten, wo ich einem Lebewesen in den Kopf schießen musste. Du machst es einfach, ohne groß nachzudenken.
Ich finde, ein Burger wird erst durch seinen Geschmack und das Essenserlebnis zu einem wirklich guten Burger. Ich glaube nicht an das ‚perfekte’ Essen. Du kannst einen recht anständigen Burger in deinem Auto essen oder dafür woanders 28 Euro ausgeben und am Ende doch das gleiche kulinarische Erlebnis haben. Letzten Endes kommt es darauf an, Tag für Tag für einen möglichst guten Geschmack zu sorgen. Das ist mein Ziel.
Meine Herangehensweise an einen guten Burger ist ziemlich simpel.Ich mache aus Burgern keine große Wissenschaft und sorge dafür, dass sie bei dir geschmackliche Erinnerungen wachrufen. Mein Burger schmeckt so ähnlich wie der Hamburger, den du gerne als Kind gegessen hast. Mein Fokus liegt jedoch auf den Zutaten und darauf, wie du sie richtig einsetzt. Natürlich darf eine ordentliche Note von Majonäse nicht fehlen. Das Gleiche gilt für den Bio-Eisbergsalat, der—keine Sorge—immer noch wie Eisbergsalat schmeckt. Die Zwiebeln werden für ein Extra an geschmacklicher Tiefe gegrillt. Dann kommen noch Tomaten sowie richtig salzige und selbst gemachte Dillgurken dazu, und natürlich das optimal gereifte Fleisch, das wir sehr sehr SEHR ‚rare‘ bzw. englisch servieren. Manchmal vielleicht sogar zu ‚rare’—alles bei uns ist einfach sehr geschmacksintensiv. Das muss aber so sein, weil wir so die einzelnen Zutaten gezielt hervorheben. Das einzige Extra auf unserer Speisekarte—ja, es gibt nur eins, obwohl wir auf Kundenwunsch auch schon ziemlich verrückte Burger zusammengestellt haben—ist Knochenmark, das für einen noch intensiveren Fleischgeschmack sorgt.
Schon als Jugendlicher habe ich gerne Burger gemacht. Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich damit mal meine, ähm, Brötchen verdienen würde. Wenn alles gut geht, werde ich in zehn Jahren immer noch Burger machen. Und wenn nicht, mach ich halt irgendwas anderes. Werde ich Lust auf andere Dinge haben? Wahrscheinlich.
Aufgezeichnet von Amanda Arnold