Burzums Varg Vikernes lästert gerade auf YouTube über sein Mordopfer ab

Varg Vikernes vom Black-Metal-Einmannprojekt Burzum hat in seinem Leben viel getan, um gehasst zu werden. In den frühen 90ern wurden in Norwegen Kirchen angezündet und er hatte seinen Namen immer wieder genüsslich damit in Verbindung gebracht. 1993 erstach er dann den Mayhem-Gitarristen und ehemaligen Freund Euronymous: zwei Mal in den Kopf, fünf Mal in den Nacken, 16 Mal in den Rücken. Dafür wurde er zu 15 Jahren Haft verurteilt und mauserte im Laufe der Zeit sich zu einem überzeugten Rassisten, der seit 2012 fleißig auf YouTube sein völkisches Weltbild propagiert. Und jetzt nutzt er eben diesen Kanal, um selbstverliebt über sein Mordopfer abzulästern.

„Er war nutzlos”, „Ich habe ihn als eine komplette Pussy entlarvt”, „Er war eine Attention Whore” und weitere Aussagen fallen in dem über 13-minütigen Vlog, in dem der YouTuber über das redet, was damals aus seiner Sicht vorgefallen ist. Die Kurzform: Euronymous führte einen Plattenladen, wäre aber zu „inkompetent” gewesen, mehr Burzum-Platten zu verkaufen. Also gründete Vikernes sein eigenes Label. Im Zuge der Kirchenbrände wurde er zur lokalen Black Metal-Szene interviewt und promotete dabei Euronymous’ Laden als wichtige Anlaufstelle. Da einige Aussagen auf eine Verbindung mit den Bränden hindeuteten, wurde die Polizei aufmerksam und verhaftete Vikernes für kurze Zeit. Die Geschichte ging rum und Euronymous’ Plattenladen geriet in den Fokus der Aufmerksamkeit. Weil das ihm und seinen Eltern zu viel wurde, gab er den Laden auf und entschuldigte sich in einem Interview im Namen der Black-Metal-Szene. Vikernes dazu: „Jeder in der Szene hat über ihn gelacht … Was für ein verdammter Loser.”

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Zwei Tage später hat Vikernes noch ein ergänzendes Video veröffentlicht, in dem er 28 Minuten lang über Euronymous schwadroniert. Beim ersten Aufeinandertreffen wäre er ein  „netter Kerl” gewesen, der allerdings nur über seine Bandkollegen gelästert hätte und neidisch auf Darkthrones Erfolg war. Doch schon beim dritten Treffen wäre er „komplett widerlich” mit seinem „fetten Bauch” aufgekreuzt, als Burzum sein Album aufgenommen hat—aber immerhin habe er sich „als eine normale Person” benommen. Es folgt die ganze Plattenladen-Geschichte, eine Beschreibung Euronymous’ als „diese zwergenhafte Kreatur, die wie Asterix aussieht” und schließlich, wie es zu dem Mord kam.

Euronymous wäre in der Szene wohl sehr unbeliebt und dadurch immer isolierter gewesen. Er hätte Vikernes’ Aktion mit dem Interview dafür verantwortlich gemacht. Irgendwann hätte er dann mit Mayhems anderem Gitarristen Blackthorn telefoniert und ihm gesagt, dass er Vikernes töten wolle—ungünstig nur, dass Blackthorne den Hörer heimlich an Vikernes weiterreichte, der stumm zuhörte. Er selbst hätte also detailliert gehört, wie genau Euronymous ihn umbringen wollte: ihn anlocken, ohnmächtig elektro-schocken, fesseln, auf eine Truck werfen, in den Wald fahren und zu Tode foltern—und das alles filmen. Also dachte sich Vikernes: „Fick ihn”, kreuzte unerwartet bei ihm auf und … Der Rest ist Black-Metal-Geschichte.

Warum Vikernes das ausgerechnet jetzt, 23 Jahre später, erzählt? Vielleicht hat er einfach Angst, die Einzelheiten zu vergessen—immerhin gönnt er sich während der Aufnahme immer wieder kurze Denkpausen oder verdreht den Zeitpunkt von Ereignissen. Als Zuschauer bekommt man nicht gerade das Gefühl, dass es ihm leid tut, dass er diesen Menschen getötet hat. Er zeigt keine Reue. Viel mehr wirkt es wie eine distanzierte Rechtfertigung, als wolle er klarmachen, dass sein Opfer in Wahrheit ein schlechter und unangenehmer Mensch gewesen wäre und er selbst Opfer dessen Narzissmus und Willkür—und der Mord letztendlich nur vorauseilende Selbstverteidigung.  

Foto: Screenshot von YouTube aus dem Video „About a day in 1993 that changed Black Metal forever”​ von ThuleanPerspective​