Borussia Dortmund machte in den letzten Monaten immer mal wieder Schlagzeilen wegen rassistischer Vorkommnisse in der eigenen Fanszene. Wegen diverser (meist pyrotechnischer) Vergehen in der Rückrunde der abgelaufenen Saison strich der Verein seinen Ultragruppierungen vor einer Woche die Auswärtsdauerkarten (ADK). Die Initiative ballspiel.vereint! warnt nun, dass die rechten Fans das Fehlen der Ultras für eine Wachablösung in der Kurve nutzen könnten. „Mit dem Entzug der ADKen verweigert der Verein den treuesten Fans den automatischen Zutritt zu den Auswärtsspielen, national wie international”, heißt es in der Stellungnahme des Bündnisses von BVB-Fans, das antidiskriminierende Arbeit rund um den Verein leistet. „Und das ist fatal!”
„In den vergangenen Jahren konnte mehrfach beobachtet werden, was im schwarzgelben Gästeblock passiert, wenn die Ultra-Gruppierungen fehlen”, so das Bündnis. „Denn neben dem organisierten Support stehen die Ultras im Block insbesondere für eines: Nazis und besorgte Bürger haben keine Chance sich einzunisten”, erklärt ballspiel.vereint! über die Wichtigkeit der Ultras. „Doch genau das war ebenfalls zu beobachten, wenn die Ultras abwesend waren.” Der BVB öffne „mit dem ADK-Entzug Personen und Gruppen die Tür, die dem Verein—der sich ansonsten erfreulicherweise mit Hingabe dem Kampf gegen Rechts verschrieben hat—wenig lieb sein können.”
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Für ballspiel.vereint! steht besonders die rechtsradikale BVB-Fangruppe „Borussenfront” im Fokus: „So ist es seit einiger Zeit zu beobachten, dass die Borussenfront wieder gezielt Präsenz zeigt, wenn absehbar ist, dass die Ultras nicht vor Ort sein werden.” Schon im Jahr 2013 gingen rechte Kräfte um die berüchtigte Fangruppe nach einem Auswärtsdauerkartenverbot für die Ultras in der Kurve zunehmend in die Offensive. Aber auch die sogenannte „0321 Riot”-Gruppe gilt als rechtsradikale Gefahr. „Und auch die im vergangenen Jahr neuformierte Gruppe ohne Namen, die bereits unzählige Male durch einschlägige Vorfälle aufgefallen ist, wird eine Abstinenz der Ultras garantiert für eine Infiltrierung der verbliebenen Auswärtsfahrerszene zu nutzen versuchen.”
„Judenfreunde Nürnberg und der S04″—wie im Dortmunder Pokalzug alle weghörten
Seit Jahren kämpft der BVB verstärkt gegen rechte Anhänger in der eigenen Fanszene. Wie schnell eine rechte Minderheit die Meinungs- und Gewalthoheit in Fanbussen oder in der Kurve erlangt, zeigte ein Bericht von VICE Sports über antisemitische Lieder einiger BVB-Fans im Sonderzug zum DFB-Pokal. Der Verein Borussia Dortmund—wie auch die Polizei—versicherten daraufhin, die Vorkommnisse aufzuarbeiten. Wie sehr sich ein Auswärtsdauerkartenverbot der Ultras auf das „rechte Problem” in der BVB-Fanszene auswirkt, wird sich in der nächsten Saison in der Kurve zeigen.
Für das Dortmunder Fanbündnis ballspiel.vereint! scheint die Sache jedoch klar: „Der Entzug der Auswärtsdauerkarten ist unter dem Blickwinkel des Kampfes gegen Rechts ein großes Eigentor und muss unter diesem Gesichtspunkt zwingend noch einmal überdacht werden.”