Eine Illustration zeigt ein Händchen haltendes Pärchen, das in bunten, knalligen Farben davonrennt; mehrere Paare haben uns erzählt, wie sie ihre Beziehungsprobleme mit Psychedelika lösen
Illustration: Jordan Lee
Drogen

Nebenwirkung Liebe: Wie diese Paare ihre Beziehungsprobleme mit Psychedelika lösen

"Mein Mann erzählte mir zum ersten Mal von seinem Fetisch für Domination. Und ich verriet ihm von meiner Fantasie, von zwei Penissen gleichzeitig penetriert zu werden."
Shamani Joshi
Mumbai, IN

Manche Pärchen nehmen sich eine Auszeit und bereisen die Welt, um sich zu erholen und wieder zueinander zu finden. Andere bevorzugen eine andere Art von Trip.

Psychedelika rücken als Therapiemethode bei psychischen Gesundheitsproblemen wie posttraumatischen Belastungsstörungen oder Angststörungen immer mehr in den Fokus. Das hat auch zu einer größeren Diskussion darüber geführt, ob Halluzinogene wie Magic Mushrooms oder LSD auch bei einer Paartherapie helfen können. Immerhin sorgen diese Substanzen ja dafür, dass Hemmungen verschwinden und die Realität anders wahrgenommen wird. 

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So haben schon einige Paare mit Psychedelika experimentiert, um entweder eine stärkere Verbindung zueinander aufzubauen, sich mit tiefliegenden Problemen auseinanderzusetzen oder eine euphorische Erfahrung miteinander zu teilen. Obwohl Psychedelika in den meisten Ländern verboten sind, setzen sich immer mehr Beziehungsberaterinnen und -berater für den Einsatz der Substanzen bei ihren Gesprächen ein: Die Pärchen sollen eine niedrige Dosis in einer kontrollierten Umgebungen einnehmen, während des Trips Fragen zu ihren Hoffnungen und Fantasien beantworten und danach darauf basierende Ratschläge bekommen.

"Psilocybin hat bei einer solchen Therapie unglaubliches Potenzial, weil es alle deine Mauern und Filter einreißt und verändert, wie du über die Beziehung denkst", sagt Kripi Malviya, eine Psychologin und Gründerin des Sucht- und Rehabilitationszentrums TATVA, gegenüber VICE.

"Psychedelika in Kombination mit einer Therapie helfen dir, aus den festgesetzten Mustern deines Gehirns auszubrechen. Wenn ein Pärchen das gemeinsam erlebt, ist es möglich, dass eine innigere Beziehung zueinander entsteht", sagt Malviya. Als Beispiel nennt sie Alexander und Ann Shulgin. Das Pärchen hat psychoaktive Substanzen getestet und dann im Buch PiHKAL: A Chemical Love Story darüber geschrieben, wie sich das auf ihre Beziehung auswirkte.

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Aber trotz der ganzen vielversprechenden Prognosen müssen erst noch einige gesetzliche Hürden  überwunden werden, bis Psychedelika wirklich bei Therapien zum Einsatz kommen dürfen. Das führt dazu, dass viele Pärchen die Substanzen im Privaten konsumieren, um ihre Beziehung auf das nächste Level zu heben. Wir haben mit einigen von ihnen über ihre Erfahrungen gesprochen. Zum Schutz ihrer Identitäten haben wir die Namen der Personen geändert.


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"Einmal musste ich während eines Trips so sehr lachen, dass ich mir in die Hose pinkelte. Weil wir uns aber so wohl fühlten, war das vollkommen egal"

Mein Mann und ich sind jetzt seit 18 Jahren ein Paar. Als wir rund zwei Jahre zusammen waren, erzählte er mir, dass er mit einigen Freunden LSD ausprobiert und dabei eine unglaublich euphorische Erfahrung gemacht habe, die er auch mit mir teilen wolle. Ich war neugierig. Also buchten wir uns für ein Wochenende ein Haus mit Terrasse am Strand.

Für unseren ersten Trip nahmen wir um vier Uhr morgens am Strand jeweils eine halbe Pappe. Die genaue Dosis weiß ich nicht mehr, es ist ja schon lange her. Wir sind dann in einer Hängematte eingeschlafen und wachten ein paar Stunden später wieder auf, unser Trip hatte begonnen. Ich wusste nicht, was mich erwartete, aber das erste Mal war wunderschön, intensiv und euphorisch. Ich weiß noch, wie wir uns zusammen im Lachen verloren. 

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Inzwischen haben wir das Ganze mindestens 30 Mal gemacht. Und mit jedem Trip wurde es intensiver. Ich fühle mich total frei, wenn ich das mit meinem Mann mache, weil wir uns dann wie in einem Raum vorkommen, in dem niemand urteilt und in dem wir so intim sein können wie sonst nirgendwo. Der Sex ist ebenfalls absolut unglaublich. Einmal musste ich während eines Trips so sehr lachen, dass ich mir in die Hose pinkelte. Weil wir uns aber so wohl fühlten, war das vollkommen egal.

Wenn wir zusammen trippen, verspüren wir dieses überwältigende Gefühl der Dankbarkeit. Und je öfter wir zusammen Psychedelika nahmen, desto einfacher fiel es uns, über unsere innersten und dunkelsten Fantasien zu sprechen. Mein Mann erzählte mir zum Beispiel zum ersten Mal von seinem Fetisch für Domination. Und ich verriet ihm von meiner Fantasie, von zwei Penissen gleichzeitig penetriert zu werden. Beides sind Themen, über die wir sonst wahrscheinlich nie gesprochen hätten.

Viele Leute kostet es sicher einiges an Überwindung, sich so etwas zu trauen – vor allem weil es bei Psychedelika immer die Angst vor einem schlechten Trip gibt. Meinem Mann und mir fiel es mit der Zeit jedoch immer leichter, während der Trips nicht die Kontrolle über unsere Gedanken zu verlieren. Wir haben im Laufe unserer Beziehung schon einige schlimme Streits gehabt, bei denen wir uns teilweise auch mit Gegenständen bewarfen. Weil wir aber nach unseren gemeinsamen Trips über diese Probleme geredet haben, ist uns klar geworden, wie dankbar wir für den jeweils anderen sind. Das Ganze hat uns dabei geholfen, langsamer zu machen und über das Gute und Schlechte nachzudenken – manchmal bis zu acht Stunden lang. Nach unserer Hochzeit hatte ich Probleme, mit den Erwartungen seiner Familie klarzukommen. Aber als wir das während eines Trips besprachen, konnten wir genau kommunizieren, wie wir besser miteinander umgehen und die Situation klären.
– Neha, 37, Grafikdesignerin

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"Wir konnten beobachten, wie sich unsere Seelen verknüpften, und spürten richtig, wie uns die Energieschübe einander näher brachten"

Bevor mein Verlobter und ich zum ersten Mal gemeinsam Psychedelika nahmen, hatte ich zwar schon mit Psilocybin experimentiert, aber noch nie mit LSD. Als ich sah, wie viel Spaß er und ein Freund im LSD-Rausch hatten, wollte ich es auch ausprobieren. 

Es war abends, und mein Freund versicherte mir, dass für meinen ersten echten Trip alles perfekt sei. Die Wirkung entfaltete sich überraschend schnell. Wir nahmen das LSD noch an dem Ort, wo wir es uns besorgt hatten, weil wir dachten, locker noch eine Stunde Zeit für den Nachhauseweg zu haben, bevor es fürs Autofahren zu unsicher wird. Wir machten einen Zwischenstop bei einem Freund, rauchten ein wenig Gras und blieben ein bisschen zu lang. Als wir weiterzogen, schlug das LSD voll ein. 

Die restlichen zehn Minuten Heimweg lachten und weinten wir komplett durch. Der Rest des Trips war dann aber wirklich wie aus dem Bilderbuch: Wir aßen unsere Lieblingssnacks, hörten das Album The Dark Side Of The Moon von Pink Floyd und starrten an die Decke, die plötzlich wie Popcorn ploppte. Dann schauten wir noch eine Doku über das Woodstock-Festival. Es war die beste Nacht meines Lebens.

Trips mit einem Partner sind immer anders, weil eine tiefere Verbindung besteht. LSD legt deine reinsten Gefühle frei und ermöglicht es, alles auf dem tiefgreifendsten Level zu spüren. Wenn du dabei das Gesicht der Liebe deines Lebens in den Händen hältst, ist dieses intensive Gefühl der Zusammengehörigkeit einfach unvergleichlich. Wir konnten beobachten, wie sich unsere Seelen verknüpften, und spürten richtig, wie uns die Energieschübe einander näher brachten. So etwas passiert nicht, wenn man alleine oder mit Freunden Psychedelika nimmt.

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Das Ganze ließ mich auch erkennen, dass mein Partner und ich spiritueller Natur sind. Einer unserer Trips führte zu einem sehr sinnlichen Moment: Er schaute mir in die Augen und sagte, dass wir kosmische Gefährten seien und dass unsere Liebe durch jede unserer vergangenen Existenzen entstanden sei. Als uns klar wurde, dass wir dazu bestimmt sind, uns immer wieder zu lieben, ließ das unsere kleineren Probleme völlig trivial erscheinen. Wir streiten uns immer noch, aber jetzt ist es anders: Es besteht kein Risiko mehr, dass einer von uns deswegen die Beziehung beendet. 

Eine vernünftige Dosis in einer kontrollierten Umgebung kann zu vollkommener Empfänglichkeit und überwältigenden Erkenntnissen führen. Psychedelika sind ein sehr wirksames Werkzeug, wenn es um unseren Geist und unser Innerstes geht. Ich habe dank LSD meine Alkoholsucht in den Griff bekommen. Ich weiß jetzt, wer ich bin. Ich glaube an mich selbst und an meine Beziehung. Ich sehe die Welt nun in einem ehrlicheren Licht. LSD hat mein Leben zum Positiven verändert.
– Sarah, 28, Marketing-Expertin

"Ich fühle mich total sicher, wenn ich in seinem Beisein Drogen nehme. Dadurch weiß ich, was für ein Safe Space mein Partner für mich ist"

Mein Partner und ich haben zwar noch nicht so oft zusammen Psychedelika konsumiert, aber jedes Mal war eine lebensverändernde Erfahrung. Bei meinen Trips werde ich normalerweise immer sehr still, weil mein Mund nicht mit der Geschwindigkeit meiner Gedanken mithalten kann. Alles ist total intensiv und wunderschön, meine Emotionen sind auf dem Höhepunkt. Aber selbst wenn ich kein Wort sage, habe ich das Gefühl, dass mich mein Partner versteht. Das liegt wohl daran, dass er auf seine Art das Gleiche durchmacht. Ich glaube, wir erinnern uns bei den Trips gegenseitig daran, dass unsere alltäglichen Zankereien im großen Ganzen völlig unbedeutend sind.

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Ich fühle mich total sicher, wenn ich in seinem Beisein Drogen nehme. Dadurch weiß ich, was für ein Safe Space mein Partner für mich ist. Das vergesse ich im Chaos des Alltags und der Normalität manchmal. So erkenne ich das große Bild – warum meine Wahl auf ihn gefallen ist, und wie wir unser gemeinsames Leben aufgebaut haben. Das gesteigerte Bewusstsein und die Emotionen erinnern mich daran, wie es war, mich in ihn zu verlieben, an diese Phase, in der alles total schön und aufregend ist. Liebe und Drogen zu vermischen, hat unsere Beziehung gestärkt und zu den intensivsten gemeinsamen Erfahrungen sowie ehrlichen und tiefgründigen Unterhaltungen geführt. 

Bei den Trips müssen wir allerdings auf einige Dinge achtgeben. Das Setting ist extrem wichtig. Wir schauen, dass wir immer eher draußen in der Natur sind, uns aber auch nach drinnen in ein Zimmer verziehen können – etwa, um uns hinzulegen oder um intim zu werden. Außerdem achten wir darauf, dass wir während des Trips nicht mit fremden Personen oder der Polizei zu tun haben und viel Tageslicht abbekommen. Ich bin beim Thema Drogen etwas vorsichtiger als mein Partner, weswegen er immer für den Notfall an meiner Seite bleibt. Es gibt keinen Druck, irgendetwas zu tun, zu sagen oder irgendwo hinzugehen. Das besprechen wir aber auch immer vorher noch mal. Ich liebe es, während des Trips Sex zu haben, aber das heißt nicht, dass es immer dazu kommt. Wir schauen einfach, was passiert, und sind spontan. So hat niemand das Gefühl, unter Zugzwang zu stehen.
– Damini, 34, Autorin

"In dieser Nacht erzählte mir meine Freundin zum ersten Mal ausgiebig von der kaputten Ehe ihrer Eltern sowie von ihren Hoffnungen und Träumen"

Meine Freundin und ich waren schon zwei Jahre ein Paar, als wir zum ersten Mal zusammen Psychedelika nahmen. Wir gingen dafür in einem nahegelegenen Wald zelten. Unser Trip begann kurz vor Sonnenuntergang. Als wir dabei zuschauten, wie der Himmel in ein atemberaubendes Orange getaucht wurde, hatten wir das Gefühl, als würde das nur für uns passieren. Wir beobachteten anschließend die ganze Nacht lang die Sterne, und jedes Funkeln im Nachthimmel kam uns wie ein Zimmer voller Kerzen vor. Obwohl wir schon zwei Jahre zusammen waren, erzählte mir meine Freundin in dieser Nacht zum ersten Mal ausgiebig von der kaputten Ehe ihrer Eltern sowie von ihren Hoffnungen und Träumen. Noch nie zuvor hatte ich mich ihr so nahe gefühlt.

Sie ist meine erste Liebe. Und nach unserem Trip hoffe ich, dass sie auch meine letzte sein wird. Ich weiß, dass wir viel zu jung sind, um so etwas zu sagen. Aber es war einfach eine so surreale und zusammenschweißende Erfahrung, als ich sie während unseres Trips in meinen Armen hielt.
– Gary, 18, Student