Im besten Fall ist ein Festival wie eine andere Welt – eine temporäre alternative Gesellschaft, in der du so verrückt und schillernd sein kannst, wie du willst. So gesehen ist das holländische Mittelalter- und Fantasyfestival Castlefest die ultimative Erfahrung. Seit 2005 versammeln sich hier Menschen, um vier Tage lang in verschiedene historische Epochen und Fantasiewelten einzutauchen.
Es ist ein ziemlich einzigartiges Festival. Am Eingang müssen alle mitgebrachten Schwerter kurz aus der Scheide gezogen werden, um zu überprüfen, wie scharf sie sind, aber ansonsten scheint es kaum Regeln zu geben. Auf dem Gelände tummeln sich Wikingerinnen, viktorianische Dandys, Elfenprinzessinnen, Humanoide und viele mittelalterlich anmutende NPCs.
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Neben den vielseitigen musikalischen Darbietungen kann man sich unter den wachsamen Augen eines Mannes mit lila Bart auf einem Amboss ein eigenes Amulett schmieden, Beinlinge und Beutel kaufen, seine Fähigkeiten als Bogenschütze unter Beweis stellen oder selbstgebrauten Pfeffermet bei Obelix bestellen.
Zusammen mit dem Fotografenduo Chris und Marjan habe ich das Festival besucht und die Gäste zu ihren verrückten Outfits befragt.
Die letzten Male hat Eli das Castlefest in viktorianischer Garderobe besucht, aber dieses Jahr wollte er etwas Lustigeres ausprobieren: eine Verkleidung als Satyr. Diese mythologische Kreatur ist ein fröhlicher, ziegenähnlicher Waldgeist, der zum Gefolge von Dionysus gehört, dem griechischen Gott des Weines. “Ich habe selbstgemachten Wein mitgebracht, den ich an die Leute verteile, um ein bisschen Freude zu verbreiten.”
Marcellas Geisterbraut-Outfit geht auf die sogenannten Witte Wieven der niederländischen Mythologie zurück. Das sind weiße Geisterfrauen, die der Legende nach in Gruben und Mooren lauern. Das Kleid und den Schleier hat Marcella weitgehend selbst genäht. “Daran habe ich einige Monate lang in meiner Freizeit gearbeitet”, sagt sie.
Barry ist als viktorianischer Herzog verkleidet: “Leider habe ich meinen Zylinder vergessen.”
Ramona hat ihre Kopfbedeckung selbst aus einem Geweih gebastelt, Gina trägt einen selbstgenähten Umhang. In den vergangenen Monaten hat sich Ramona mit ihren afrikanischen Wurzeln beschäftigt und sich davon inspirieren lassen. “Es gibt einen Stamm, der mit Beeren beladene Äste auf dem Kopf trägt”, erzählt sie. “Ich trage mein Geweih auf die gleiche Weise. Ich versuche, solche Dinge mehr und mehr in meinen Style zu integrieren. Nach Castlefest denke ich immer: ‘Es ist so schön, so etwas tragen zu können, das sollte ich öfter machen.’”
Für Gina ist das Festival ein guter Ort, um sich auszuprobieren. “Du kannst 100 Prozent du selbst sein”, sagt sie. “Niemand hier verurteilt dich.”
Sjoerd wird schnell warm, deswegen trägt er gerne oberkörperfrei. “Hier ist das überhaupt kein Problem”, sagt er. “Niemand drückt mir Sprüche wie ‘Ist dir nicht kalt?’ oder ‘Zieh dich mal normal an.’”
Romys Inspiration waren die vielen Menschen, die letztes Jahr selbstgemachte Pilzhüte getragen haben.
Dragica Janeka’s Cyberpunk-Outfit wurde von futuristischen Geschichten wie Das fünfte Element inspiriert. “Ich wollte etwas anderes machen als die anderen”, sagt sie. “Und es ist toll, hier auf meinen Plateauschuhen rumzulaufen wie ein Killer Babe.”
Lua besucht das Festival normalerweise in vollem Cosplay, aber dieses Jahr entschied sie sich für ein entspannteres Outfit. “Das Kleid ist ein bisschen mittelalterlich und die pinken Katzenohren passen perfekt zu meinem kleinen Roller”, sagt sie. “Das Wetter ist dieses Jahr nicht so gut, aber das macht es irgendwie lustig und intim. Nur wirklich passionierte Leute sind da und viel weniger Tagesgäste, die nur zum Zuschauen kommen.”
Kenneths Vorlage waren Hauptmann Faramir und seine Waldläufer aus Herr der Ringe. Die können sich gut auf Bäumen verstecken und sind exzellente Bogenschützen. “Ich mag den Wald auch sehr, also passt das zu mir”, sagt Kenneth. “Es fühlt sich gut an, diese Klamotten zu tragen. Sie geben mir viel Selbstvertrauen.”
Mitchell hat sich bei seinem selbstgemachten Outfit von post-apokalyptischen Welten wie Fallout oder The Walking Dead inspirieren lassen. “Für das Ausrufezeichen über meinem Kopf habe ich so lange gebraucht”, sagt er. “Es zeigt an, dass ich Leuten einen Quest geben kann. Wenn sie meine Aufgabe erfüllen, gebe ich ihnen eine Münze, auf der steht: ‘I completed a silly quest, and all I got was this lousy coin.’ Ich habe dafür eine Menge gutes Feedback bekommen.”
Dion ist zum ersten Mal beim Castlefest und amüsiert sich prächtig. Er ist als Figur aus dem Spiel Genshin Impact verkleidet. “Dieser Charakter ist immer gut gelaunt, auch wenn etwas Schlimmes passiert”, sagt er. “Damit kann ich mich identifizieren.”
Gijs geht schon seit vielen Jahren als Busch auf das Festival, weil er Camouflage liebt. “Das Tolle ist, dass die Leute anfangen, dich wiederzuerkennen”, sagt er. Dieses Jahr ist zum ersten Mal seine Freundin Verena dabei.
Wenjun trägt ein Kleid, das von der Buchreihe Bridgerton inspiriert wurde, die sie gerade liest. Sie hat es auf AliExpress bestellt. “Ich habe mich in letzter Sekunde entschieden herzukommen, also hatte ich nicht viel Zeit”, sagt sie.
Koens Verkleidung basiert auf einem Insider zwischen ihm und seinen Freunden. Er sagte ihnen, er werde anfangen, ins Fitnessstudio zu gehen, damit er als Soldat aus 300 zum Castlefest gehen könne – die super muskulösen Spartaner, die für König Leonidas gegen Persien kämpften. “Ich habe das in letzter Zeit als Ausrede benutzt, um richtig hart zu trainieren”, sagt er. “Dann dachte ich mir: ‘Zeit, den Witz zu Ende zu bringen.’”
Peter ist als Musketier verkleidet, als Waffe trägt er ein Larp-Rapier, eine Schaumstoffwaffe für Live-Rollenspiele. “Eigentlich ist nur die Hälfte davon ein Kostüm. Den Mantel und den Hut trage ich auch im Alltag.”
Niek und sein Freund haben zusammen ein Witcher-Outfit gebastelt. Vor allem für die Jacke haben sie ewig gebraucht, wie er erzählt. Mit den farbigen Kontaktlinsen kann er übrigens sehr gut sehen. “Ich kann damit sogar Auto fahren”, sagt er.
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