Celo&Abdi finden #YOLO fürn Arsch

Sonntag, Kreuzberg, ein türkisches Restaurant und ein Abdi, an dessen Stimme man erkennt, dass die Nacht davor wahrscheinlich etwas länger ging. Falls jemand noch daran zweifeln sollte, der Kontakt mit den Azzlackz ist immer sehr herzlich. Sofort werde ich an den Tisch gebeten und habe einen Teller vor mir stehen. Wir sitzen zusammen wie alte Freunde und lassen den Abend Revue passieren.

Celo und Abdi sind 2012 mit ihrem Album Hinterhofjargon auf Platz acht der deutschen Albumcharts gelandet und haben damit sogar die bis zu diesem Zeitpunkt beste Platzierung ihres Labelbosses Haftbefehl getoppt. Wer Haftbefehl kennt und das erste Mal auf Celo und Abdi stößt, könnte vielleicht Gefahr laufen sie als Kopie abzustempeln. Doch wer den beiden ein bisschen Aufmerksamkeit schenkt und mehr als zwei Minuten zuhört, wird merken, dass es sich hier um vollkommen eigenständige Charaktere handelt, die den Azzlack-Sound auf ein nächstes Level gebracht haben und ihrem Chef in Sachen Rap in Nichts nachstehen.

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Noisey: Glaubt ihr, dass eure Musik eine positive Wirkung auf Jugendliche hat?
Celo: Das ist Ansichtssache, kommt drauf an, in was für einer Situation man sich befindet. Wenn du gute Laune hast und einen Track hörst, der dir gute Laune macht, dann steigert sich deine gute Laune. Wenn du depressiv bist und einen depressiven Text hörst, dann hast du Bock ein Auto anzuzünden.
Abdi: Es liegt immer im Ohr des Betrachters.

Wollt ihr eine positive Wirkung auf Jugendliche haben?
Celo: Als wir das Mietwagen-Tape geschrieben haben, haben wir nicht gedacht, dass wir irgendwann hier mit dir in Berlin sitzen und ein Interview führen. Langsam sind wir uns unserer Vorbildsfunktion bewusst und versuchen auch, den Jugendlichen einen guten Rat mit auf den Weg zu geben.

Denkt ihr also auch beim Schreiben an diese Vorbildsfunktion?
Abdi: Es gibt Sachen, die ich gerne sagen würde, aber nicht sagen kann, weil ich genau weiß, dass die Kinder das dann nachahmen. Ich verzichte dann lieber auf meine eigenen Gefühle und sage lieber was anderes oder enthalte mich komplett.

Schränkt man sich dadurch künstlerisch nicht ein?
Abdi: Überhaupt nicht. Wird sind ja so kreativ und facettenreich, dass wir das dann einfach anders aufschreiben können.

Also kommt es auch vor, dass Zeilen gestrichen werden?
Abdi: Ach ich bitte dich, das kommt sogar öfter vor.

Ihr habt dieses Jahr auch bei dem Remix von MC Fittis „#YOLO” mitgemacht. Habt ihr lange nachgedacht, als ihr die Anfrage bekommen habt?
Celo: Ich sag dir wie das aussah, mittwochs hat mir mein Manager gesagt, ihr habt am Freitag einen Videodreh in Berlin. Ich hab dann Mittwochabend geschrieben, donnerstags habe ich aufgenommen und am Freitag haben wir das Video gedreht. War also ziemlich spontan. Die Message ist auch nicht unbedingt so unser Ding. Darum haben wir den Anti-Part gemacht Fuck YOLO. Das ist nicht unsere Lebenseinstellung dieses YOLO, du lebst nur einmal mach was du willst. Das ist fürn Arsch, sowas will ich Jugendlichen auf gar keinen Fall mitgeben.
Abdi: Nach dem Motto, ich ficke Transen – YOLO.

Trotzdem habt ihr euch keine Gedanken gemacht da mitzumachen?
Abdi: Überhaupt nicht. Das eine ist ja der Inhalt und das andere ist der Künstler und der Künstler Fitti ist ja für uns ein Gegenpol, Straßenrapper – Hipster und das ist für uns immer interessant.

Es gibt doch aber sicher viele Fans von euch, die dieses Fitti-Phänomen nicht verstehen oder sogar scheiße finden. Ihr sagt trotzdem ist uns egal…
Abdi: … Es gibt aber genau so Fitti Fans, die uns nicht verstehen und sagen: „Oh mein Gott, die asozialen Unterdrücker.”
Celo: Ich denke nicht, dass unsere Fanbase so Fitti-Musik hört, aber das ist ja das Interessante. Vielleicht fucken sich manche ab und sagen: „Wieso machen die Jungs mit solchen Künstlern Musik.” Aber wir haben 2013 und man muss umfangreich sein. Wenn man ein guter Künstler ist, kann man mit jedem Musik machen.

Es wird aber auch jetzt in 2013 nicht jeder verstehen.
Abdi: Darum machen wir ja damit den ersten Schritt
Celo: Schau mal, wir sind ja jetzt nicht so, das wir sagen: „ Ach die sind so und so deswegen machen wir mit denen keine Musik.” Das wäre ja vorurteilhaft, so sind wir nicht. Was jeder privat macht ist seine Sache, bockt mich nicht. Wir machen zusammen Musik, ich habe meinen Part geliefert, fertig.

Ihr habt auf Ibiza zusammen an einem Azzlack-Sampler gearbeitet…
Celo: Sampler ist nicht der richtige Begriff.
Abdi: Bei einem Sampler ist ja mal der mit dem auf einem Song oder nur der andere Künstler auf einem Song. Bei uns ist jeder auf jedem Track dabei.
Celo: Genau, das ist ein Album. Ein Azzlack-Album. Es sind immer Celo, Abdi, Veysel und Haft auf allen Tracks. So einen normalen Sampler hätten wir auch in Frankfurt machen können. Deswegen sind wir nach Ibiza geflogen, wir wollten zusammen Zeit verbringen, Gefühle und Ideen austauschen. Die Fans können sich im Winter auf das Ergebnis freuen, wir haben Gas gegeben vor allem Abdi. Abdi hat sich krass gesteigert.

Was passiert im Moment bei eurem eigenen Label 385i, gibt es da Neuerungen?
Celo: Olexesh arbeitet an seinem Album, wir haben Chaker rekrutiert, der arbeitet an einem Album und wird über uns veröffentlichen. Aus dem Frankfurter-Raum haben wir noch zwei Talente Azro und Crex. Die Jungs arbeiten alle an ihren Mixtapes, ich würde jetzt bei keinem von denen 10.000 Alben pressen und das in die Regale stellen. Die sollen sich erstmal beweisen und wir geben ihnen die Möglichkeit. Wir wollen einfach unserer Stadt Frankfurt etwas zurückgeben, in dem wir die Talente unterstützen.

Ihr habt euch jetzt auch ein eigenes Studio aufgebaut, ist das auch für eure Künstler?
Celo: Ja da nehmen wir unser Album auf und geben unseren Künstlern die Möglichkeit aufzunehmen. Aber es steht natürlich auch den Azzlack-Künstlern offen.
Abdi: Das Studio sieht aus wie der neue Audi A8 von innen mit LEDs.
Celo: Das sind eigentlich zwei Studios und wir teilen uns das mit unserem Bruder Aslan Sound, der bekannt ist vom Mietwagen-Tape.

Wie sieht es denn mit dem nächsten Celo und Abdi Album aus?
Abdi:
Das Gerüst steht.
Celo: Die Fans können sich auf was freuen. Wir haben da schon was im Kopf und im Auge. Das wird wieder mal den Rahmen sprengen.

Der Titel Akupunktur steht weiterhin?
Abdi: Definitiv!

Habt ihr euch das letzte Album noch mal angehört, um zu gucken, was ihr anders machen wollt?
Celo: Kapitel abgeschlossen, nächstes Kapitel.
Abdi: Nie zurückblättern.

Abdi, von dir habe ich jetzt schon öfter den Spruch „Fuck where you from look where you at” gehört. Was bedeutet dieser Spruch für dich?
Abdi: Das heißt für mich, dass ich aus Frankfurt bin und in die weite Welt hinausziehen möchte wie Feivel der Mauswanderer. Berlin ist doch das beste Beispiel. Die meisten Leute, die ich kennenlerne sind nicht wirklich gebürtige Berliner, aber das spielt gar keine Rolle. Es ist viel wichtiger, was für einen Charakter man hat. Das ist halt für mich ein Lebensmotto im Rahmen meines Globetrotter-Daseins, einfach raus und die Welt erkunden und es ist scheißegal wo ich herkomme. Es kommt drauf an wer ich bin.
Celo: Unsere Väter haben es vorgemacht, die sind in ein anderes Land gezogen.

Aber in Berlin zum Beispiel, erntet man ja ab und zu einen gewissen Hass als Zugezogener.
Abdi: Alles Proleten.
Celo: Aber das ist ja normal, das ist in jeder Stadt ein bisschen so.
Abdi: Patriotismus gehört natürlich dazu.
Celo: Das beste Beispiel in Berlin ist doch Massiv. Der ist aus irgendeiner Stadt in der Pfalz gekommen, hat hier ein Video gedreht und hat den Rahmen gesprengt. Ich denk mal, jeder Berliner war stolz auf dieses „Ghettolied”.

Zum Abschluss, Fifa spielen oder Fussball gucken?
Abdi: Fifa spielen.
Celo: Fifa spielen.

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