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Chilenische Forscher lassen einem Huhn Dino-Beine wachsen

In Jurassic Park war es die DNA aus einem in Bernstein eingeschlossenen Urzeit-Insekt, mit der Dinosaurier wieder zum Leben erweckte. Was im Film noch irgendwie nach einem guten Plot klingt, ist in Wirklichkeit ein wenig erfolgsversprechendes Verfahren: Der Paläontologe Hans Larsson von der McGill University in Montreal sagt, dass eine 66 Millionen Jahre alte DNA viel zu stark zerfallen wäre, als dass sie noch für Experimente nutzbar wäre.

Larsson und andere Forscherkollegen verfolgen eine andere Strategie, um einer „Wiedergeburt” des Dinosauriers näher zu kommen: Sie arbeiten mit den lebenden Nachfahren von Dinosauriern. Mit Hilfe von Hühnern, die von allen lebenden Vögeln genetisch erstaunlicherweise mit die größten Überschneidungen mit dem vor 68 Millionen Jahren lebenden T.Rex aufweisen, versuchen die Wissenschaftler, bestimmte Merkmale des ausgestorbenen Tieres wieder zum Leben zu erwecken.

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Das Konzept wurde auch von dem Paläontologen Jack Horner—der übrigens die Vorlage für den Charakter des Alan Grant in Jurassic Park lieferte—bekannt gemacht. Horner spricht gerne und häufig von seinem Traum, eines Tages den „Hühnerosaurus” schlüpfen zu lassen. Chilenische Wissenschaftler haben jetzt verkündet, dass es ihnen in einem neuen Experiment gelungen ist, einem Huhn Dinosaurier-ähnliche Beine wachsen zu lassen.

Vogelembryos sehen in ihrem frühen Entwicklungsstadium den Dinosauriern ziemlich ähnlich. Die Fibula, also das Wadenbein, reicht bis zum Knöchel und ist genauso lang wie die Tibia, das Schienbein. Bei ausgewachsenen Vögeln hingegen ist die Fibula splitterförmig und kürzer als die Tibia. Durch die Ausschaltung eines bestimmten Gens, das normalerweise während der Entwicklung des Embryos für die Zurückbildung des Wadenbeins verantwortlich ist, hat das chilenische Team es geschafft, dem Huhn eine Dinosaurier-ähnliche Fibula wachsen zu lassen.

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In dem Experiment von Joâo Botelho, dem Verfasser der chilenischen Studie, wurden Vogelembryos mit Zehen versehen, die alle in die gleiche Richtung wachsen. Doch auch in Nordamerika arbeitet ein anderes Team von der Yale University an der Wiederbelebung von Hühner-Dinosauriern. Die Forscher haben vor einigen Monaten bereits ein Hühnerembryo mit Dinosaurier-ähnlichen Schnauze, wie sie auch der kleine Dinosaurier Velociraptor gehabt haben könnte, gezüchtet.

Die Fibula eines Dinosauriers (orange) ist genau so lang wie die Tibia. Bei erwachsenen Vögeln ist sie kürzer und splitterförmig. Bild: Universidad de Chile

Larsson, der den Canada Research Chair in Vertebrate Paleontology innehat, betreibt in seinem Labor in Montreal ganz ähnliche Forschung. „Wir kommen wirklich gut voran”, sagte er im Gespräch mit Motherboard. Zuerst müsse man die „grundlegende Entwicklungsbiologie” und die Vorgänge, die sich im Inneren des Embryos abspielen, verstehen. Dann können die Wissenschaftler „in der Zeit zurück reisen” um Stadien im frühen Entwicklungsprozess aufzuspüren, die auf andere Anatomien hinweisen—und damit auch auf Merkmale des Dinosauriers. „Wir wollen nachvollziehen, wie der Dinosaurier sich entwickelt hat”.

Die Wiederbelebung ist ein Science-Fiction-Szenario, dass wohl jeder von uns schon vor sich gesehen hat. Der von Horner erträumte „Hühnerosaurus” könnte sogar tatsächlich das Endziel sein”, sinnierte Larsson, aber der Weg bis dahin ist noch mehr als lang. Zwar betonen sowohl die chilenischen Wissenschaftler als auch die Forscher aus Yale, dass es ihr eigentliches Forschungsziel sei, die Entwicklung des Vogels vom Dinosaurier besser zu verstehen. Larsson gibt allerdings auch zu, dass die Geburt eines lebenden „Hühnerosaurus” die ultimative Verwirklichung dieses Prozesses seien würde.

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„Man müsste eine Menge unterschiedlicher Experimente durchführen”, um alle notwendigen Änderungen zu verstehen, die vorgenommen werden müssten, um einen Dinosaurier entstehen zu lassen, so Larsson. Und alle Änderungen auf einmal an dem gleichen Hühnerembryo erforschen zu wollen, übertrifft zurzeit die kühnsten Wissenschafts-Träume bei Weitem. Doch vielleicht sind solche evolutionsbiologischen Quantensprünge dank neuer Gen-Bearbeitungstools wie CRISPR/cas9 schon bald nicht mehr ganz so unmöglich.