Was ich als Chinese beim bayerischen Chinesenfasching über Rassismus gelernt habe

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Sie sind einfach überall. Am Wirtshaus Scheippl grinsen mich Strichmännchen an. Im “Zum Lukas” kleben sie an der Getränkekarte. Bei Optiker Röhlich stehen kleine gelbe Luftballons neben Ray-Ban-Brillen. Die Metzgerei heißt nun “China-Metzgerei”, die Bäckerei verwandelt sich in “China Bäckerei Spitzer”. Es gibt “China Krapfen” und “China Brezen”. Überall falsche Chinesen. Was zur Hölle ist hier los?

Ich flüchte in den Gasthof, in dem ich übernachte. Helles Bier, dunkle Eichenmöbel, rote chinesische Lampions. “Ja servus! Ni hao!” Der Wirt: ein uriger Bayer in Lederhose und blauem Karohemd. Der Gast: ich, ein fassungsloser Chinese, gefangen in einer bayerisch-chinesischen Parodie.

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“Chinesen aus Bayern, wir wollen immer feiern” lautet der Refrain der “Chinesenhymne”

Die Wurzel meiner Verwirrung liegt in der Oberpfalz: Dietfurt an der Altmühl. Zum Unsinnigen Donnerstag, dem Donnerstag vor Aschermittwoch, verwandelt sich die Stadt zu “Bayerisch-China” und ihre Einwohnenden zu “Chinesen”. Oder das, was sie dafür halten.

Jedes Jahr strömen bis zu 20.000 Menschen nach Dietfurt, um das Ganze auch noch zu feiern. Ich bin als Kind chinesischer Einwanderer in Nordhessen aufgewachsen. Rassismus kannte ich schon im Kindergarten, bevor ich wusste, was das eigentlich ist. Fasching eher nicht. In Dietfurt will ich deshalb nicht nur die Tradition, sondern auch die Menschen dahinter kennenlernen. Was bewegt die Dietfurter, immer wieder diesen scheinbar rassistischen Brauch zu feiern? Weil er “schon immer so war”?

Der Weckruf

Die Nacht zum Fasching ist kühl und sternenklar, es ist 1 Uhr, als sich im China-Restaurant am Stadtrand 30 Gestalten sammeln. Sie tragen gescheckte Westen und grüne Anzüge, rote Perücken und bunt geschminkte Gesichter. Drinnen ist es laut, die meisten singen, als würden sie schon jetzt in den Fasching reinfeiern. Es ist der “Weckruf” von Dietfurt. Eine Gruppe Clowns, die lärmend durch die Stadt zieht, um den Chinesenfasching einzuweihen.


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Einer von ihnen ist Franz. Ein bauchiger Dietfurter, tätowierte Arme, metallene Halskette. Im normalen Leben sei er Präsident der “Biker-Friends” Dietfurt. Jetzt trägt Franz einen gelben mit Blumen bestickten Bademantel und eine aufgebauschte Perücke, die aussieht wie ein riesiges Stück Popcorn. Sein Vollbart ist zu zwei Zöpfen mit bunten Ringen geflochten. Franz ist 56 Jahre alt, 38 davon laufe er schon beim Weckruf mit, Jahr für Jahr, selbst als er am Knie operiert wurde. Franz lebt länger mit dem Fasching als ohne. “Früher san ma über 24 Kilometer glofa”, sagt er in derbem Oberpfälzisch. “Mia hom scho Blitzeis ghappt oder über 15 Zantimeter Schnee.” Einmal, kurz nach seiner Knie-OP, stürzte er schwer und stand am Nachmittag wieder beim Umzug. “Weckruf ist Weckruf. Des zieagn ma durch.”

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Normalerweise läuft Franz in Lederkutte rum, erzählen die Anderen

“Früher, als Kind, wurdest du einfach auf den Wagen hochgeworfen”, sagt Franz. Über 50 Jahre sei das her. Seitdem schlafe er jede Nacht vor dem Unsinnigen Donnerstag schlecht. Die Aufregung ist geblieben. Statt den von mir erwarteten Chinesenwitzen gibt es Pekingsuppe und Graubrot. Franz winkt dem chinesischen Chef, Yuen, zu und bestellt noch eine Schüssel für mich. “Mogst no a Brot hom?”, fragt er. Obwohl ich keine halbe Stunde mit Franz am Tisch sitze, fühle ich mich, als würde ich dazugehören.

Um 2 Uhr machen wir uns los, um die örtliche Prominenz aufzuwecken: die Bürgermeisterin, den Zahnarzt, vergangene Kaiser. Einige tragen Trompeten und Posaunen, zwei Männer lenken einen mannshohen Kanonenwagen mit zwei Rohren, eine Art Hobby-Artillerie. “Wenn mer die abschießn, steht der Nachbarort stramm”, sagt Franz. Wir marschieren Richtung Innenstadt. Eigentlich hat Dietfurt 6.000 Einwohner, wirkt aber deutlich kleiner. In Dietfurt gibt es mehr Metzgereien als Supermärkte, mehr Gasthöfe als Dönerbuden. Es gibt eine Hauptstraße, die “Hauptstraße” heißt. Eine Bahnhofsstraße, aber keinen Bahnhof mehr. Fünf Mal am Tag fährt ein Bus, die Bewohner sagen: “Man kommt leichter raus als rein nach Dietfurt.” Wie verirrte sich China ausgerechnet hierhin, in die Oberpfalz?

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Eigentlich ist Dietfurt eine Stadt, wirkt aber dörflicher

Der Legende nach schickte der Fürstbischof von Eichstätt seinen Kämmerer nach Dietfurt, um Steuern einzutreiben. Die Dietfurter bekamen Wind davon, verbarrikadierten die Stadttore und ließen den Kämmerer draußen. Der stapfte wutentbrannt zurück und beschwerte sich, die Dietfurter seien hinter ihrer Mauer “wie die Chinesen“. Seitdem nennen sich die Dietfurter so. Ob und wann das genau passiert ist, weiß man nicht so genau. Tatsache ist aber, dass sich die Dietfurter Stadtkapelle 1928 zum ersten Mal als “Chinesen” verkleidete: 16 Männer und Frauen mit Reishut, chinesischem Zopf und Gewand. 1954 wählte Dietfurt seinen ersten Kaiser “Ma-Ler-Gie”. Spoiler: Der Mann war Maler.

Der Kaiser

65 Jahre später schaut Manfred Koller in seinen Badezimmerspiegel und zieht einen Lidstrich. Er trägt Jeans und Ohrring, ein weißes T-Shirt spannt sich über den Bauch. Manfred, 51, ist gelernter Maurer, eher kräftig als rund. Eher jemand, den man auf dem Bau sieht als jetzt am Waschbecken, vor ihm ein Eierbecher mit goldenem Glitzer, Kajal, Eyeliner. In wenigen Stunden wird er nicht mehr Manfred Koller sein, sondern Kaiser Fu-Gao-Di. Der Kaiser hat einen vollen Tagesplan: Kindergarten, Weißwurstessen, Presseempfang, Podiumsgaudi. Er nimmt den Kajal, knickt seinen Arm wie einen Flamingohals und tupft sich gekonnt Farbe in die Augenwinkel. Ich frage ihn, was er da macht. “Ich versuche, eine schlitzige Augnform herzubringa”, sagt er. Aha. Falls er es komisch findet, sich Schlitzaugen zu malen, während ein, nun ja, Schlitzauge neben ihm sitzt, lässt er es sich nicht anmerken.

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Seit er vor vier Jahren gekrönt wurde, schminkt der Kaiser sich jedes Mal selbst

“Hast du mal darüber nachgedacht, dass du jemanden damit beleidigen könntest?”, frage ich.

“Nah, eigentlich weniger. Weil das ist nur eine Art Hervorhebung von Gesichtskonturen. Des ist wahrscheinlich nicht so schlimm”, sagt er.

“Die Thematik” finde er “a bissl zu engstirnig”. Es sei ja nicht negativ gemeint, im Gegenteil. Der Kaiser lutscht ein Wattestäbchen an und zieht mit schwarzer Farbe seinen Bart nach, der bereits die Kontur eines Fu-Manchu-Barts hat. “Wir finden die chinesische Kultur hochinteressant”, sagt er. “Es gab noch keinen echten Chinesen, der ein Problem damit hatte.” Jeden zufriedenstellen könne man sowieso nicht.

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Auch sein Kostüm sei maßgeschneidert

Dabei krankt der Fasching an sich schon an diesem Prinzip: “Passt scho”. Man “borgt” sich eine Kultur aus, zieht sich stereotypisch an und hofft, dass es “scho passt”. Der Kaiser aber will sich Mühe geben. Seine Kostüme lasse er nach Originalen in fantasievolle Gewänder nachschneidern oder aus China importieren. Eins sei sogar eine Nachbildug aus der Qing-Dynastie. In seiner “Faschingsecke”, eine Art China-Schrein, steht eine Steinstatue von Guan Yu, einem antiken General, der heute ein Symbol von Stärke ist. “Ein Geschenk aus Kina.” Davor stehen drei Samuraischwerter. “Die san ja net aus Kina, aber schaung guad aus.” Auch sein Kaisername sollte nicht aus Pseudo-Chinesisch und Deutsch gezimmert sein (Ma-Ler-Gie!), er wollte etwas “Echtes”. Den Namen “Fu-Gao-Di” habe Manfred mit einer chinesischen Freundin recherchiert. “Zifix, dacht ich damals, des konnt i goa net osprecha!”, sagt der Kaiser lachend und hat dabei noch kleinere Augen als ich.

“Was bedeutet der Name eigentlich?”, frage ich unschuldig. Der Kaiser schaut mich an, als hätte ich gefragt, ob das Reinheitsgebot Spülmittel im Bier vorschreibt. “Äh, Sie sind mit dem Kinesischen vertraut?”, fragt er. Klar, kenne ich als Chinese die Antwort. Die kennt aber auch jeder, der in die Pressemappe für das Fest geschaut hat. “‘Fu’ heißt ja sowas wie Glück”, sagt der Kaiser. “Gao” bedeute “groß” und “Di” steht für den Kaiser. “Mit Pfui Gaudi hot des aber nix zu tun!”

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Bereits im Kindergarten lernt man die “Chinesenhymne”

Zwei Stunden später dröhnt der Name durch die Turnhalle des Kindergartens. “Fu-Gao-Di! Fu-Gao-Di!”. An den Seiten der Sporthalle sitzen Hulks, Clowns und Prinzessin Elsas. “Ich grüße euch, meine Nachwuchskinesen!”, donnert der Kaiser in ein Mikrofon. Die Kinder kreischen, trampeln auf den Fußboden, “Fu-Gao-Di! Fu-Gao-Di!”, ein Bootcamp für die nächste Generation indoktrinierter Faschingnistas. An der Eingangstür stehen zwei chinesische Kamerateams, sie zoomen hin und her, um jede Ekstase einzufangen. Aber niemand interessiert sich für die “echten Chinesen”, alle haben nur Augen für den Kaiser. Ob der chinesische Hype um den großen Vorsitzenden Mao je so groß war?

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Zwei chinesische Fernsehteams sind eingereist. Für die “echten Chinesen” interessiert sich aber keiner

Das haushohe Kaiserpodium steht an der Fassade des Rathauses. Dicke rote Holzbalken, chinesische Schriftzeichen, geschwungenes Dach, es wirkt wie ein Belagerungsturm der Faschings-Befreiungsarmee. Darüber prangt das riesige Gesicht eines Pappchinesen: gelbe Haut, Reishut und, klar, Schlitzaugen. Darunter: Deutsche in chinesischen Gewändern, Chinesen in Bluejeans. Es ist 11 Uhr. Eine Journalistin des Bayerischen Rundfunks belagert jeden, der asiatisch aussieht und fragt, wie sie “das hier denn so finden”. Wahrscheinlich geiert sie auf jemanden, der das alles so richtig scheiße findet.

Als Nächstes lädt der Kaiser zum Frühschoppen. Das Wirtshaus Scheippl quillt fast über, Piraten sitzen neben Scheichs, es riecht nach Bier und frischen Brezen. Ich quetsche mich an den Tisch des Kaisergefolges. “Ni hao!”, begrüßt mich der Kaiser. Er trägt ein goldenes Gewand, einen länglichen Hut mit Perlenvorhang und sieht ein bisschen aus wie die bayerische Version des Kaisers aus Mulan. “Äh, servus”, sage ich automatisch. Der Kaiser bestellt Weißwurst mit süßem Senf. Die weißeste Wurst bin definitiv ich: Links von mir sitzt ein buddhistischer Mönch, rechts der Kaiser und sein Zeremonienmeister. Wahnsinn. Da sitzt ein Chinese mit einer Horde Bayern in einer oberpfälzischen Bierstube, die Bayern verkleiden sich als Chinesen, und der Chinese beißt in eine Weißwurst. Wer integriert hier wen?

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Drei Chinesen mit der Weißwurst

Ganz richtig fühlt es sich nicht an. Ganz falsch aber auch nicht. Klar, auf der Straße sind Besucher, die sich ihre Gesichter gelb anmalen und Kostüme mit “Schriftzeichen” anziehen, die aussehen, als sei eine Hühnermeute über den Stoff gehetzt. Das ist Blödsinn und die Rechtfertigungen “Ist ja nicht bös’ gemeint” unterkomplex. Gleichzeitig gibt es Dietfurter, die sich wirklich Mühe geben. Da ist Horst, der ein traditionelles Männergewand, Changshan, trägt, das er 1996 in Peking kaufte. Da ist Pia, die im Tourismusbüro arbeitet und chinesische Redner nach Dietfurt holt. Da ist Max, der 110 Stunden lang die Drachenkrone für den Kaiser schnitzte. Dietfurt hält eine Kulturpartnerschaft mit der Stadt Nanjing, veranstaltet jeden Sommer ein bayerisch-chinesisches Freundschaftsfest und lädt zum Chinesenfasching den chinesischen Generalkonsul ein. Ein Freifahrtschein für Yellow-Facing ist das trotzdem nicht. Aber ein Zeichen der Wertschätzung. Und vielleicht ist diese Wertschätzung eine Lösung gegen Rassismus.

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Eigentlich schmeckt China Krapfen wie Krapfen. Und China Breze wie Breze

Der Umzug

Um 13 Uhr hat China die Oberpfalz ganz verdrängt. Die Dietfurter grüßen sich mit “Ni hao” statt “Servus”. Ich kneife die Augen zusammen, zu viel Sonne, zu viel Schlager. Neben mir staunt und fotografiert eine Gruppe Chinesen aus München. “Wie kann es sein, dass das ganze Dorf hier Chinesen liebt?”, fragt mich einer von ihnen. Als der Umzug beginnt, ist es so voll, dass man sich kaum umdrehen kann. Wagen mit Clowns, Hexen, Piraten. Als Franz mit seinen “Biker Friends” vorbeizieht, strahlt er mich an, nimmt eine Handvoll Bonbons und brüllt: “KILLE WAU!” Ich bekomme steinhartes Karamell an den Kopf, aber mein euphoriegetränkter Körper spürt es kaum, ich brülle zurück: “FU-GAO-DI!” Dann kommt der Kaiser.

Als er von seinem Drachenwagen steigt und zum Thron hoch schreitet, rastet Dietfurt aus. Fotografen prügeln sich um die beste Sicht. Der Kaiser liest aus einem goldenen Buch, spricht von ewiger Freundschaft zwischen China und Deutschland. Die Menge kreischt und ich kreische mit.

Ist das die Magie des Chinesenfaschings? Haben sie mich bekehrt? Dietfurt wurde chinesiert. Wurde ich verdietfurtet?

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“Das Gefühl, wenn man oben vor 20.000 Menschen steht, ist Bombe. Das muss man erlebt haben.”

Am nächsten Tag erholt sich Dietfurt von seinem eigenen Kater. Zerbrochene Glasflaschen neben erbrochenen Asia-Nudeln. Mit dem Alltag kehrt auch die Realität zurück. Ich gehe in eine Metzgerei und treffe sechs Männer. Sie seien zum Feiern aus der Nähe von Dietfurt angereist. Zahlreiche Pils vor ihnen auf dem Tisch, wahrscheinlich noch mehr in ihnen drin.

“Konnichiwaaa!”

“Zifix, ein echter Kinese, wo kimmt’n der her?”

“Du weißt scho, Kinese sein ist keine gute Verkleidung, ne?”

Wirklich wütend macht mich das nicht mehr. Leider. Dafür kenne ich das schon zu gut. Und das ist das Problem mit dem Rassismus. Er ist wie eine Wunde, die einem zugefügt wird. Wann und wie, das merkt man vielleicht gar nicht. Mal schmerzt sie, mal pocht sie nur. Und irgendwann wird sie zur Narbe. Die kann man wegschminken, vielleicht verblasst sie auch etwas. Ganz weg geht sie aber nie. Und das ist der Teufelskreis: Wenn du anders aussiehst, bleibt Rassismus ein Teil deines Lebens. Die Frage ist, wie man mit ihm lebt.

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Der “Drache” ist eigentlich ein umgebauter Hopfentraktor

Rassismus bedeutet für mich, Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe abzuwerten. Wenn man denkt, ein “Chinesenkostüm” bestehe aus Kimono und Esstäbchen, “weil ist doch eh alles asiatisch”. Aber wie abwertend ist es, wenn eine ganze Stadt Chinesen feiert? Sich selbst Chinesen nennt, ein chinesisches Wahrzeichen hat und regelmäßig Gäste aus China empfängt? Wie rassistisch ist es, wenn Dietfurt China eigentlich aufwerten will?

In Dietfurt habe ich gelernt, dass Wertschätzung eine Lösung gegen Rassismus ist. Damit meine ich nicht Yellow-Facing oder plumpe Verkleidungen, sondern Menschen, die sich ernsthaft mit der Kultur beschäftigen. Die Qipaos und Changshans, chinesische Gewänder, tragen oder abwandeln, die im modernen China fast ausgestorben sind. Kulturelle Aneignung? Vielleicht. Aber es rührt mich auch irgendwie, Dietfurter zu sehen, die sich mehr mit “meiner” Kultur beschäftigen als ich selbst. Auf Social Media plädieren einige Asiaten, den Chinesenfasching abzuschaffen. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Wie kann ich mich erst beschweren, dass sie “meine” Traditionen klauen, um dann anschließend ihre zu verbieten?

Ja, beim Chinesenfasching gibt es Rassismus. Das heißt aber nicht, dass alle Dietfurter Rassisten sind. Im Gegenteil: Sie empfingen mich herzlich. Rassismus kam nicht von den “falschen Chinesen”, sondern von denen, die weder falsche noch echte Chinesen unterscheiden konnten oder wollten. Meistens waren das Besucher von außerhalb. Auch wenn sie bei manchen Klischees eher unbeholfen als ignorant sind, fühlte ich mich in Dietfurt wertgeschätzt. Als Chinese und als Mensch.

Beim Auschecken pfeife ich die “Chinesenhymne” der Dietfurter: “Chinesen aus Bayern, wir wollen immer feiern!“. Unten im Gasthaus schrubbt der Wirt fluchend die hässliche Seite des Faschings vom Boden. Glasscherben kann man einfach wegfegen, denke ich. Schade, dass das nicht auch mit Rassismus geht.

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Der Autor auf seinem natürlichen Terrain

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