Coldplay haben mich zum Heulen gebracht und das ist okay

Wenn du auf eine Uni gehst, die in einem anderen Bundesland liegt und du das Glück hast, Eltern zu haben, die dich sehr lieben, dann kennst du wahrscheinlich auch die komplizierten Gefühle, die dir durch deine Psyche sprudeln, wenn du kurz bevor du ausziehst, in dem Haus stehst, in dem du aufgewachsen bist, während du dich also darauf vorbereitest, dein Zuhause zu verlassen und in deine Wahlheimat zu ziehen. Das sind sehr verletzliche Momente und es ist nichts, das durch Wiederholung leichter wird. Mein Flug ging um drei Uhr am Nachmittag. Ich war total bepackt. Die verbleibenden, leeren Stunden habe ich damit verbracht, all das bisschen aus meiner Heimat aufzunehmen, was ich konnte.

Mein Vater ließ einen Stream laufen, der sich durch Dutzende 00er Alternative-Rock tapste—Snow Patrol, Five For Fighting, Switchfoot, Zeug, das die Hintergründe unseres Lebens gefärbt hat. Du kannst über diese Bands sagen was du willst, aber sie haben niemals davor zurückgeschreckt, mitten ins Herz zu zielen. Und es ist irgendwie etwas Trauriges, auf deinem alten Bett zu sitzen und alte Songs zu hören—Stunden, bevor du unverblümt daran erinnert wirst, wie erwachsen du doch geworden bist.

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30 Minuten bevor ich los bin, stand ich in der Küche, mein Dad war draußen mit irgendeinem Kram beschäftigt. Im Radio lief „Fix You”, von Coldplay. Na ja, du weißt schon, dieser Song, der ziemlich leise beginnt und dann wirklich laut wird, der etwas wie Bad Religion klingt und auf dem alle zeigen, wenn sie sich über Coldplay lustig machen wollen—es wie das ultimative Beispiel für ein aufgeblasenes Pop-Rock Fegefeuer—der schwächste Song überhaupt, er täuscht den Leuten vor, zu denken, tatsächlich von ihm ergriffen zu sein. „When you get what you want, but not what you need”, die Witze lassen sich praktisch von selbst schreiben. Ich verdrehte meine Augen und schenkte mir ein Glas Wasser ein, aber als die Klaviere einsetzten, fühlte ich tief in mir, einen Kribbeln. Ich spürte, wie mein Kopf heiß wurde. Ich schloss meine Augen—„Oh mein Gott, das kann doch eigentlich nicht wahr sein.” Ja, das war es. Ich nahm einen tiefen Atemzug, aber ich hatte keine Chance zu entkommen. In der zweiten Strophe hat mich „Fix You” herumgekriegt. Ich war zweifellos vollkommen unterlegen.

Damit das klar ist: Coldplay haben mich zum Weinen gebracht. Na ja, also nicht so zum heeeulen, aber sie haben es geschafft, mir meine feuchten Augen abzuwischen. Am 14. August 2012, haben Coldplay mich dazu getrieben, mich in mein Kinderbett zu legen, sodass ich die Kurve kriegen konnte, bevor ich gezwungen war, der Welt wieder gegenüberzutreten. „Fix You”, ein Song, dem ich mich mein Leben lang überlegen gefühlt habe, hat mich rücksichtslos auf die Knie gebracht. Um es gelinde auszudrücken—es war eine demütigende Erfahrung. Plötzlich war ich auf der gleichen Seite, wie Millionen andere Menschen, die kein Sternchen brauchen, um Coldplay zu mögen. Sie haben gewonnen, ich habe verloren. Mein hohes Ross wurde bei einer Dave Matthews Show getötet und begraben.

Um fair zu sein, ich war in dem Moment nicht besonders gut gewappnet. Es ist hart, sich am Riemen zu reißen, wenn du kurz davor bist, einen grenzlosen Brunnen der Liebe zurückzulassen, Akzeptanz und die kristallisierte Kulissen jugendlicher Doppeldeutigkeiten. Ja, ich projiziere hier, aber es ist nicht wirklich eine alltägliche Geschichte. Ich kann ganz ehrlich sagen, dass ich „Fix You” nie wieder in gleicher Art hören werde, vielleicht, weil dieser Song jetzt unwiderruflich an die idiotischste Musikerfahrung meines Lebens gebunden ist. Aber es lässt mich auch auf eine komplett andere Weise an Coldplay denken, sowohl als Band und Philosophie. Wenn die unendliche Weite, die ich zwischen mir und dem überreizten Indie-Rock gesetzt habe, von einem Song in einer besonderen, emotionalen Stimmung zerstört werden kann, dann ist es unmöglich, dass es belanglose Kunst ist. Normalerweise behalte ich meine hochnäsige Haltung, aber dieser eine Moment, indem ich unvorbereitet war, terrorisierten Coldplay mein Gehirn.

Etwas daran scheint ungewöhnlich bedeutend für mich zu sein. Warum hatte ich bis dahin das Gefühl, „Fix You” hätte es verdient, von mir und meinen Emotionen ferngehalten zu werden? Es ist eine Richtung des Denkens, die zu ethischen Dilemmata führen kann; warum versuche ich mein Bestes, den Song nicht auf diese Weise fühlen, wenn die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht einmal eine bedeutungslose Überlegung in den Sinn kommt? Der Mainstream folgt ihrem Herz, während ich darauf trainiert war, meinem Gehirn zu folgen und das scheint manchmal eine ziemlich dumme Idee zu sein.

Ich sage nicht, dass „Fix You” ein großartiger Song oder so ist, aber es ist etwas seltsam, wie wir drauf scheißen, nur, um ein riesiges, schwafelndes, emotionales Statement darzustellen. Müssen wir zu cool sein? Wir haben dieses Stigma, dass wenn wir an eine Band wie Coldplay glauben, irgendwie darauf reingefallen sind und das kann ziemlich kindisch aussehen. Ich meine, Funeral scheint für uns alle eine ziemlich gute Platte zu sein; fallen wir darauf auch rein? Vielleicht ist „Rebellion (Lies)” eleganter, aber die Idee, die „Echtheit” von grandiosem stimmungsvollem Material zu erwägen, ist ein ziemlich dunkler Pfad. Wer weiß, vielleicht hat „Fix You” etwas unterlegenes an sich, aber das ändert nichts daran, wie uns etwas so bedauerlich uncooles, von Zeit zu Zeit umhauen kann.

Wenn wir, die Zuhörer, zulassen, die Hindernisse unseres emotionalen Echos in die Quere zu kommen, dann müssten wir wahrscheinlich unsere Haltung ändern. Und das würde uns sicherlich zu glücklicheren Menschen machen.

@luke_winkie