Nuklearwaffentests, die drohende Klimakrise und Millionen Menschen, die vor bewaffneten Konflikten fliehen: Wer derzeit die Nachrichten liest, könnte wirklich glauben, das Ende unserer Zivilisation stehe kurz bevor.
Das ist natürlich übertrieben, aber nehmen wir mal an, es würde soweit kommen. Welche Menschen wären dann im Vorteil? Geht es nach Science Fiction-Filmen wären es jene, die mit veralteter Technologie umgehen können. Denn in der post-apokalyptischen Zukunft sind moderne elektronische Geräte unbrauchbar.
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Das glaubt auch der Software-Entwickler Virgil Dupras. Deshalb hat er Collapse OS entwickelt. Das Open-Source-Betriebssystem soll in düsteren Zeiten zum Einsatz kommen. Laut Dupras ist Collapse OS genau das, was die Menschen in Zukunft brauchen, um ihre zusammengebastelten Handys zu konfigurieren. Vorerst gibt es das Ganze nur auf der Entwickler-Plattform GitHub. Dupras sucht derzeit nach Kollegen und Kolleginnen, die ihm bei der weiteren Programmierung helfen.
“Ich mache das, um ein meiner Meinung nach sehr wahrscheinliches Risiko zu minimieren”, schreibt Dupras in einer E-Mail.
Wer alte Elektronik findet, ist klar im Vorteil
Wie auf der Collapse-OS-Website steht, stellt sich der Entwickler eine Welt vor, in der die globalen Versorgungsketten bis zum Jahr 2030 zusammenbrechen. In dieser Zukunftsvision – einer Art Mini-Apokalypse – ist niemand mehr in der Lage, elektronische Geräte auf Masse zu produzieren. Diese Geräte sind aber trotzdem weiterhin eine wichtige Grundlage für politische und gesellschaftliche Macht. Wer auch immer elektronische Geräte horten und neu programmieren kann, hat einen großen Vorteil.
Dupras geht davon aus, dass Mikrocontroller das größte Problem der technisch versierten Menschen in der post-apokalyptischen Welt sein werden. Dabei handelt es sich um Halbleiterchips, die in sich geschlossen einen Mini-Computer bilden und Betriebssysteme steuern können. Mikrocontroller sind in Smartphones und Spielkonsolen zu finden, aber auch in kleinsten elektronischen Geräten wie Radios oder Fernbedienungen.
“Computer sind nach mehreren Jahrzehnten nicht mehr zu reparieren. Dann ist es auch nicht mehr möglich, Mikrocontroller zu programmieren”, heißt es auf der Website von Collapse OS. “Um das zu vermeiden, brauchen wir ein System zur Programmierung von Mikrocontrollern, das mit zusammengesammelten Elektroteilen bedient werden kann.”
Collapse OS funktioniert mit Z80 8-Bit-Mikroprozessoren, die in den Siebziger Jahren entwickelt wurden. Obwohl heute eher 16- und 32-Bit-Bauteile verbreitet sind, findet man den 8-Bit-Z80 beispielsweise noch in den Komponenten vieler Desktop-PCs, in Kassen, in Musikinstrumenten oder in grafikfähigen Taschenrechnern. Bei einer Reddit-Fragerunde erklärte Dupras, dass er sich für den Z80 entschieden habe, weil der Mikroprozessor schon lange hergestellt werde und in so vielen Geräten verbaut sei. Deswegen hätten Elektronik-Jäger gute Chance, dieses Modell zu finden.
Dupras zufolge muss Collapse OS auf möglichst einfachen Geräten installiert werden. Zur Bedienung des Betriebssystems müssten dann behelfsmäßige Tastaturen, Bildschirme und Mäuse ausreichen. Mit Collapse OS solle es möglich sein, Textdateien zu bearbeiten, Assembler-Quelldateien für eine Vielzahl von Microcontroller-Einheiten und Zentralprozessoren zu übersetzen, eine ganze Reihe an Speichergeräten zu beschreiben sowie auszulesen und das System selbst zu reproduzieren.
Laut der Produktseite läuft Collapse OS derzeit auf einem selbst zusammengebauten Computer auf Z80-Basis. Und auf Reddit gab Dupras an, dass das Betriebssystem theoretisch auch auf einer Sega Genesis-Spielekonsole aus dem Jahr 1989 laufe.
Dupras ist zufrieden mit dem Fortschritt seines Projekts. “Ich glaube, ich könnte es auch selbst fertigstellen. Aber zusammen mit anderen Entwicklern und Entwicklerinnen macht es mehr Spaß”, schreibt er. “Um mitzumachen, braucht man bestimmte Voraussetzungen. Zum Beispiel die Überzeugung davon, dass die Welt kollabiert. Und Fähigkeiten im Bereich Elektronik und beim Zusammenbau eines Z80. Ich glaube, dass nur wenige Menschen in dieses Raster fallen. Aber genau diese Menschen will ich finden.”
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