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Menschenrechte

US-Todeskandidat kämpft gegen den zweiten Hinrichtungsversuch

Nach fast einer halben Stunde mussten die Henker aufgeben, weil sie bei dem chronisch Kranken keine Ader fanden.
Beispielfoto einer Hinrichtungszelle in Kalifornien | Foto: CACorrections/Jacek Halicki | Wikimedia Commons | Gemeinfrei

Er ist der dritte Gefangene, der in den vergangenen 70 Jahren in den USA seine eigene Hinrichtung überlebt hat. Am 21. November argumentierte er in einem Gnadenersuch, die Giftinjektion des Bundesstaats Ohio sei "grausame und ungewöhnliche Bestrafung" – und die ist laut US-Verfassung nie rechtmäßig.

Alva Campbell ist 69 Jahre alt und wurde 1998 zum Tode verurteilt, weil er den 18-jährigen Charles Dial im Zuge eines Raubüberfalls getötet hatte. Die zuständigen Beamten mussten seine Hinrichtung am 15. November nach 25 Minuten abbrechen. Sie konnten keine Vene für die tödliche Giftdosis finden, wie Associated Press berichtet.

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Campbells Anwalt hatte im Vorfeld vor genau dieser Situation gewarnt. Sein Mandant hat nämlich chronische Herz- und Lungenprobleme, die es erschweren, Adern ausfindig zu machen. Das Gefängnis hatte tatsächlich sogar solche Angst, dass Campbells Lungen versagen könnten und er auf der Exekutionsliege aufhören würde zu atmen, dass sie ihm ein keilförmiges Kissen unterlegten. Er sollte ruhig und am Leben bleiben, bis sie ihn hinrichten konnten.

Campbells Verteidiger haben sich ebenfalls auf die problematische Geschichte Ohios berufen, was Hinrichtungen angeht. Die erste fehlgeschlagene Exekution in der jüngeren US-Geschichte geschah 1946, als Louisiana es nicht schaffte, Willie Francis auf dem elektrischen Stuhl hinzurichten. Der letzte Fehlversuch ist noch nicht lange her: 2009 machte ein Hinrichtungsteam in Ohio 18 Versuche im Laufe von zwei Stunden, um bei Romell Broom eine Vene für die Giftspritze zu finden. Der damalige Gouverneur Ted Strickland befahl ihnen irgendwann aufzugeben. Broom sitzt weiterhin in der Todeszelle und versucht derweil, das Gericht zu überzeugen, dass es verfassungswidrig wäre, eine zweite Hinrichtung zu versuchen.

Alva Campbell | Foto: Ohio Department of Rehabilitation and Correction

Campbells neues Gnadengesuch dreht sich aber theoretisch um ein anderes Thema: den Einsatz von Midazolam, einem Beruhigungsmittel, das den Häftling bewusstlos machen soll.

Midazolam ist bisher in mehreren fehlgeschlagenen Hinrichtungen zum Einsatz gekommen, darunter auch bei Fällen in Ohio. 2014 exekutierte der Bundesstaat den Mörder und Vergewaltiger Dennis McGuire, obwohl McGuire Berichten zufolge noch Minuten, nachdem er hätte bewusstlos werden sollen, nach Luft schnappte, schniefte und schnarchte. Ein Gericht erklärte Ohios Giftspritze für verfassungswidrig, weshalb der Staat jahrelang alle Hinrichtungen aussetzte – bis vor wenigen Monaten.

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Pharma-Unternehmen sträuben sich immer mehr, ihre Mittel für Hinrichtungen bereitzustellen. Dadurch läuft in den US-Staaten, in denen es die Todesstrafe gibt, eine Suche nach geeigneten Mitteln, und Midalozam gehört zu den beliebtesten.

Beweise von "Exekutionen aus der jüngsten Zeit zeigen verstörende Anzeichen dafür, dass Gefangene auch nach Verabreichung von 500 mg Midalozam oder mehr starke Schmerzen spüren und bei Bewusstsein bleiben", schreiben Campbells Verteidiger in dem neuen Gnadengesuch. Das sei auch nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Campbells voraussichtliches neues Hinrichtungsdatum ist der 6. Juni 2019.

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