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Nein, dieses virale Bild eines religiösen Fanatikers hatte nichts mit dem Kirchentag zu tun

Wie ein aus dem Kontext gerissenes Foto eines Einzelgängers eine ganze Gruppe in Misskredit bringen kann.
Bild: Instagram, Mathias Richel

Wer kann dieser Provokation schon widerstehen? Als am Wochenende das virale Bild eines religiösen Hardliners mit mittelalterlichen Ansichten durch unsere Timelines gespült wurde, lagen Empörung und ein Klick auf den Teilen-Button gleichermaßen nah. Dem Foto fehlte es allerdings, wie vielen im Internet, an einer validen Quellenangabe. Niemand wusste so recht, wo die Szene aufgenommen wurde. Der vermeintliche Zusammenhang wurde indes schnell hergestellt: Ein religiöser Spinner? Kann sich nur um einen Besucher des Kirchentags handeln, typisch Christen halt; #atheismus. Nun hat sich allerdings der Urheber des Schnappschusses zu Wort gemeldet und konstatiert: Mit dem Kirchentag hatte der Kerl überhaupt nichts zu tun.

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Wie Mathias Richel in seinem Facebook-Beitrag am Montagabend klarstellt, nahm er das Bild am Samstag um 19:14 Uhr vor dem Berliner Olympiastadion auf, wo in weniger als zwei Stunden das diesjährige DFB-Pokalfinale angepfiffen werden sollte. In seinem ursprünglichen Instagram-Post war dieses entscheidende Detail noch enthalten. In den darauffolgenden Re-Postings diverser Social-Media-Nutzer, die den Netzfund mit ihren Followern teilten, fehlte dieser Hinweis schließlich – und erzeugte damit ein Kontextvakuum, das mit mutmaßlicher Bedeutung gefüllt wurde.

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Dies geschah entweder aus Gleichgültigkeit oder gar Mutwilligkeit, um das Bild mit dem gewünschten Subtext aufzuladen. Spekulationen um den Aufnahmeort verfälschten den Ursprung weiterhin.

Auf diesen Umstand verweist auch Richel, der die quellenlose Weiterverbreitung seines Uploads bereits einkalkuliert hatte. "Damit muss man halt rechnen", schreibt er, "Ist lustig, bringt Likes." Weniger lustig sei jedoch, "dass erzählt wird, dass dieses Foto auf dem Kirchentag in Berlin entstanden ist und damit ein unzutreffender Kontext hergestellt wird."

Tatsächlich könnte es sich bei der gezeigten Person schlicht um einen dezent übermotivierten Wanderprediger handeln. Zu diesem Schluss kommen mehrere Twitter-Nutzer, die den Gottesfürchtigen bereits in Zürich und am Leipziger Hauptbahnhof gesehen haben wollen.

Für die Bedeutung des Fotos ist dies ohnehin von geringer Bedeutung. Klar ist nur: Entgegen der allgemeinen Annahme besteht keine unmittelbare Verbindung zwischen dem religiösen Mann und dem parallel stattfindenden Kirchentag. Und der Herr sprach: Du sollst die Quelle eines viralen Hits künftig zweimal überprüfen, bevor du ihn kichernd weiterverbreitest!