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Verhütung

Endlich muss angegeben werden, was die Pille mit deiner Psyche machen kann

Das zuständige Bundesinstitut warnt vor "Selbsttötungsgedanken" – und kündigt eine Aktualisierung der Beipackzettel an. Auch Ärztinnen und Apotheker sollen besser informieren.
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Collage: VICE || Pillenpackung: imago | imagebroker || Frau: imago | Photocase

Wir leben im Jahr 2019. Unsere Smartphones wissen mehr Dinge über uns als wir selbst, künstliche Intelligenzen wirken menschlicher als menschliche Rechtspopulisten, und trotzdem hängt die Verantwortung dafür, langfristig zu verhüten, immer noch an Frauen (oder ganz allgemein an Menschen, die theoretisch schwanger werden können). Wie selbstverständlich nehmen viele die Pille, seit sie Teenager sind. Darüber, was das hormonelle Verhütungsmittel mit ihrem Körper und ihrer Psyche machen kann, wissen sie aber oft zu wenig.

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Starke Stimmungsschwankungen, Libidoverlust, psychische Zusammenbrüche – über viele Nebenwirkungen der Antibabypille wird kaum gesprochen, geschweige denn aufgeklärt. Dabei ist sie in Deutschland das weitverbreitetste Verhütungsmittel.

Zumindest in Sachen Aufklärung soll sich aber nun etwas ändern. In Zukunft sollen Depressionen und Suizidgedanken als mögliche Nebenwirkungen der Antibabypille und anderer hormoneller Verhütungsmittel wie beispielsweise der Hormonspirale gelistet werden. Die durch hormonelle Verhütung auftretenden Depressionen könnten "schwerwiegend sein und gelegentlich zu Selbsttötungsgedanken führen" heißt es laut mehreren Medienberichten in einem aktuellen Schreiben des Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM). Das Institut wandte sich am Montag an Arztpraxen und Apotheken, um über die geplante Aktualisierung der Warnhinweise zu informieren.


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Schon 2016 wurde im Rahmen einer dänischen Studie herausgefunden, dass Personen, die die Pille einnahmen, deutlich häufiger Antidepressiva verschrieben bekamen. Das deckt sich mit den persönlichen Erfahrungen vieler Frauen, die die Pille wegen starker Stimmungsschwankungen bis hin zu suizidalen Gedanken absetzen mussten. Dieser Tatsache wird nun endlich Rechnung getragen: Gegenüber RP Online erklärte ein BfArM-Sprecher, dass die Beipackzettel derzeit aktualisiert würden.

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Damit dürfte auch die Wahrscheinlichkeit steigen, dass Frauenärztinnen und Frauenärzte bewusster über mögliche psychische Folgen der Pilleneinnahme informieren – und Personen, die psychologisch vorbelastet sind, gezielt auf Alternativen hinweisen. Das BfArM verkündete bereits im November 2018 auf seiner Website, die Warnhinweise für die Pille aktualisieren zu wollen. In seinem aktuellen Schreiben an Mediziner und Apotheken fordert es nun konkret dazu auf, "Patientinnen entsprechend aufzuklären, sowie die Patientin (zu) informieren, ihren Arzt aufzusuchen, sobald Stimmungsänderungen und depressive Symptome auftreten".

Der Diskurs um hormonelle Verhütung hat sich in den letzten Monaten und Jahren verändert. Auch Nebenwirkungen wie Libidoverlust oder Schlafstörungen werden endlich offen diskutiert. Die Bereitschaft, sich bewusst mit Alternativen zum Verhütungsklassiker Antibabypille auseinanderzusetzen, scheint zu steigen. Und das ist wichtig. Schließlich sind hormonelle Verhütungsmittel ein Eingriff in den Körper, der nicht unterschätzt werden darf. Egal wie selbstverständlich es vielen scheint, ab dem ersten gynäkologischen Termin die Pille zu nehmen.

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