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Das stinkt

23 Berliner Polizisten beschäftigten sich mit einem Furz

Ein Politiker rechnete nun aus, wie teuer das windige Verfahren für den Steuerzahler war.
Polizist: imago | Eibner || Schild: Scott Wilcoxson | FlickrCC BY 2.0 

Februar 2016, Rigaer Straße in Berlin. Es ist eisig in der Berliner Linken-Hochburg, als eine Gruppe über eine Viertelstunde lang von Polizisten kontrolliert wird. Ein Beamter will dabei zwei Fürze gehört haben – in der Nähe seiner Kollegin. Alles nur heiße Luft? Denkste. Der gekränkte Gruppenführer der Polizeieinheit sah die Ehre seiner Kollegin verletzt und drohte mit einer Anzeige wegen Beleidigung. Zwölf Monate später flatterte ein Strafbefehl über 900 Euro in den Briefkasten des beschuldigten Furzers.

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Das Gerichtsverfahren löste sich jedoch vor fünf Wochen schnell in Luft auf. Die Richterin beendete das windige Verfahren schon nach wenigen Minuten. Die Kosten musste der Steuerzahler übernehmen. "Es gab keine Auflagen, und das Gericht übernimmt auch sämtliche Kosten, was sehr selten ist", so der Anwalt des Beschuldigten gegenüber der taz. Für Linken-Politiker Sebastian Schlüsselburg stank das gewaltig – also wollte er die genauen Kosten ermitteln und stellte eine schriftliche Anfrage an den Senat.


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"Wie viele Personen mit jeweils welcher Besoldungsstufe haben jeweils beim Amtsgericht und in der Berliner Staatsanwaltschaft sowie der Berliner Polizei wie viel Arbeitszeit für das Verfahren aufgewandt", fragte der Berliner Abgeordnete. Und ja, auch ein Furz wird mit gewissenhafter deutscher Bürokratie-Arbeit behandelt, wie die Antwort der Senatsverwaltung für Justiz offenbart. Alleine bei der Polizei hatten sich 23 Polizisten in 17 Stunden und 13 Minuten um das heiße Lüftchen gekümmert. Diese Zeit ergab sich "aus den polizeilichen Maßnahmen vor Ort, der späteren Sachbearbeitung und dem zeitlichen Aufwand für die richterliche Vorladung." Über den Zeitaufwand von Oberamtsanwältin, mehreren Mitarbeitern der Geschäftsstelle und der Justizbediensteten konnten "keine zuverlässigen Angaben" gemacht werden.

Die Kosten lagen für den Steuerzahler bei mindestens 87,25 Euro, wie Schlüsselburg und sein Team "konservativ" ausrechneten. Klingt nach ziemlich wenig Geld für 17 Stunden Arbeitszeit. Aber in der Rechnung wurde etwa die Streifenpolizei herausgerechnet, weil die Beamten sowieso in der "No-go-Area" Rigaer Straße auf Patrouille waren. Auch bei den Justizbeamten berechnete man "niedrige" Bearbeitungszeiten, wie etwa nur zehn Minuten bei der Richterin. "Wir haben bei den Sachbearbeitern, von denen wir keine Zeitangaben hatten, etwa jeweils eine halbe Stunde Arbeitszeit berechnet", heißt es aus dem Büro von Schlüsselburg über die eigene Rechnung, die VICE vorliegt. "Dann haben wir mittels der Gehaltsstufe den Stundenlohn verrechnet." Beim nächsten Mal sollte sich aber der Polizist selbst genauer überlegen, ob er jeden Furz wirklich anzeigen muss. Seine Kollegen werden es ihm danken. Und so zimperlich ist der besagte Gruppenführer der 32. Einheit ja auch sonst nicht. Laut taz-Informationen gehörte seine Einheit zu den Berliner Hundertschaften, die in diesem Jahr vom G20-Gipfel in Hamburg frühzeitig nach Hause geschickt wurden. In einem Containerdorf kam es zu öffentlichem Sex, Beamte pinkelten an Zäune oder tanzten mit gezückten Waffen auf den Tischen.

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