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T2: Trainspotting

Wir waren beim ‘Trainspotting’ Boiler Room, um zu erfahren, was der Film nach 21 Jahren noch bedeutet

"Für mich ist es ein sehr persönlicher Film."

Sie sind wieder da … Foto von imago/United Archives

Sag Ja zum Leben, sag Ja zum Job, sag Ja zur Karriere, sag Ja zur Familie, sag Ja zu einem nostalgischen Boiler Room Event in Berlin… Bitte was?! Ja genau. Anlässlich des Kinostarts von  T2 Trainspottingam 16. Februar gab es letzten Freitag einen Oldschool-Rave vom Boiler Room. Mit dabei waren Modeselektor, Sasha, Goldie, Ellen Allien und Head High alias Shed.

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Konzipiert war das Event als eine Huldigung der 90er Jahre, als die elektronische Musik Europa eroberte.  Trainspottingwar dabei definitiv einer der Beschleuniger des Hypes um Clubs und Techno. "Born Slippy" von Underworld oder Bedrocks "For What You Dream Of" wurden zu Hymnen dieser Zeit. Neben Filmen wie  Pulp Fictionund  Fear And Loathing in Las Vegaswurde  Trainspottingzu einem Klassiker der heranwachsenden Generation. Das Eingangszitat von Mark Renton ist vermutlich eines der bekanntesten in der Geschichte von Bewegtbilder und drückt eine hedonistische Anti-Haltung gegen all die Zumutungen des Erwachsenwerdens aus.

Für uns war das Event und der Start des zweiten Teils Anlass, mit Künstlern und Gästen vor Ort in Erinnerungen zu schwelgen und Fragen zu beantworten, die du dir vermutlich auch schon gestellt hast: Wann hast du den Film das erste Mal gesehen? Welchen Eindruck hattest du danach? Welche Bedeutung hat er heute für dich? Neben Besuchern, die zum Großteil Ende 20 oder älter waren, haben uns Modeselektor und Ellen Allien Auskunft gegeben.

Modeselektor (Gernot Bronsert und Sebastian Szary), Berlin

Gernot, ganz kurz, nur eine Frage: Was bedeutet  Trainspotting euch?
Gernot: Ich bin ja Spitzenreiter in der Liste von Kultfilmen, die noch nie gesehen wurden. Also: Ich habe  Trainspotting noch nicht gesehen. Und ich werde ihn auch nie sehen. Genauso wie ich  Forrest Gump nicht schaue. Und  E.T.
Ein Freund von Gernot: Ich als dein Anwalt rate dir, keine weiteren Aussagen mehr zu machen.
Gernot: Ich hab so ein Hobby: Ich gucke mir bestimmte Filme nicht an, weil die alle gucken. Deswegen bin ich der denkbar schlechteste Antwortengeber. Aber ich glaub das ist für VICE genau richtig, oder?

Ja, schön edgy, wie ein Hipster aus dem Bilderbuch.
Gernot: Ich hab heute bei  Deutschlandradio Kultur eine Kritik zu dem Film gehört, und die war ungefähr genauso wie die für die neue Platte von Matthias Schweighöfer. Ich muss los!

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Noch ein Foto bitte.
Gernot: Von Szarys auch noch, oder? Szarys! Komm mal her! Foto machen!
Sebastian Szary: Geht es hier um ein Pressefoto?

Ja. Ich hab Gernot gefragt, was Trainspotting für ihn bedeutet. Wie siehst du das?
Sebastian: Ich fand den super, geile Mucke auf jeden Fall. Der Film kam genau zur richtigen Zeit. Ich bin ja auch schon ein alter Sack.

Laurie, 39 Jahre, London

Warum bist du heute hier?
Meine Frau hat es geschafft, mich auf die Gästeliste zu setzen. Sie hat jeden Tag beim Boiler Room angerufen. Irgendwann hieß es: OK, er kann kommen, wenn er früh da ist. Deshalb bin ich schon seit halb zehn hier. Ich war die erste Person im Club und warte jetzt auf Sasha, ich kann es kaum erwarten. Deshalb trinke ich jetzt Wasser, damit ich nicht zu betrunken bin. In der ersten Stunde gab es alle Drinks umsonst.

Bist du ein großer Fan von Trainspotting?
Das ist wahrscheinlich einer der Filme, der meine Jugend geprägt hat. Als er rauskam, war ich 20. Der zweite Teil löst in mir sehr viel Nostalgie aus. Es geht darum, was du alles hättest machen können oder machen sollen in deinem Leben. Für mich ist es ein sehr persönlicher Film.

Warst du ein richtiger Raver in den 90er Jahren?
Yeah Man! Ich bin ein Old School Raver. Aber wir sollten nicht nur nostalgisch sein. Diese Events ist sehr rar gesät. Wir sollten immer in die Zukunft blicken und nur ab und zu mal zurück. Ich bin jetzt zum Beispiel ein sehr verantwortungsvoller Mann mit einem Kind und führe die nächste Generation von Ravern an. Mein Sohn macht am liebsten den Robot Dance, das ist doch auch cool!

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Ellen Allien, Berlin

Ellen, was bedeutet Trainspotting für dich?
Trainspotting ist für mich ein absoluter Ausnahmefilm. Es ist der beste Drogenfilm, den ich bisher gesehen habe. Die Kameraführung und der Soundtrack, das fand ich cool. Nachdem ich ihn damals gesehen hatte, hatte ich richtig Bock auf Abfahrt.

Hat der Film auch ein gewisses Lebensgefühl von damals jungen Leuten wiedergegeben?
Für mich als Berlinerin war es natürlich was anderes als im UK, mich hat der Mauerfall sehr geprägt damals. Dadurch hatten viele aber auch Zukunftsangst und wollten sich wegballern.

Was hat sich sich seit den 90ern geändert?
Ich würde sagen, wir sind schon ein Stück aufgeklärter aber auch ganz schön abgefuckt. Vielleicht auch abgefuckter als damals. Es gibt momentan einfach so viele starke Drogen und viel Wahnsinn.

Ralf, 47 Jahre, Berlin

Was bedeutet  Trainspotting für dich?
Ich fand ihn total schön, auch die Kameraführung. Irgendwo hab ich sogar noch die VHS. Das erste Mal gesehen habe ich ihn gesehen, als er rauskam, da war ich 27. Sick Boy mochte ich am liebsten. Der ist so unbedarft aber trotzdem ein Guter.

Die Protagonisten im Film verweigern sich den Imperativen der Umwelt, zum Beispiel Karriere, Familie und Bausparkasse. Hat der Film auch ein gewisses Lebensgefühl ausgedrückt, eine hedonistische Anti-Haltung, die damals viele hatten?
Ja, schon. Ich wollte schon immer ausbrechen aus dem ganzen Kram. Der Film war jetzt nicht unbedingt der Anlass dazu. Aber ich komm vom Bodensee und bin dann Mitte der 90er Jahre nach Berlin gekommen. Hier hab ich auch Ellen Allien kennengelernt.

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Was hat sich seit den 90er Jahren denn in Sachen Clubs geändert?
Ich finde es nicht mehr so authentisch. Weil jeder heute feiern geht und vor allem nerven mich die ganzen Kameras. Wenn so viel fotografiert wird, wird die eigene Erfahrung im Prinzip verunmöglicht. Für wen hält man das denn fest? Eigentlich mag ich den Boiler Room auch deshalb nicht so gerne.

Keanne & Marie-Alice, 32 und 34 Jahre, Großbritannien

Wann habt ihr Trainspotting das erste Mal gesehen und wie fandet ihr ihn?
Keanne: Ich glaube, ich war ungefähr 11 Jahre als der Film rauskam. Ich hab ihn heimlich aus der Videothek mitgehen lassen. Eine Freundin hat dann bei mir übernachtet, aber meine Mutter hat uns dann erwischt. Sie fand den Film nicht angemessen für unser Alter und nahm in uns weg. Später als sie schlief, haben wir ihn uns zurückgeholt, etwas Wodka getrunken und den Film zu Ende geschaut. Trainspotting hat mir die Augen geöffnet, auf eine schockierenden Art und Weise. Besonders die Szene mit dem Baby, das an der Zimmerdecke krabbelt.
Marie-Alice: Ich weiß nicht mehr genau, wie alt ich war, als er rauskam. Aber ich erinnere mich wie geschockt und traumatisiert alle darüber waren. So ging es mir nie. Klar, er war trippy und hardcore. Vielleicht war ich auch zu jung, um das alles zu verstehen, aber ich fand ihn an sich sehr inspirierend.

Hat der Film eure Sicht auf Drogen geprägt?
Keanne: Ich glaube, ich habe meine eigene Perspektive auf Drogen entwickelt, sie nicht glorifiziert. Ich wollte auch nicht mit dem Konsum anfangen. Es war einfach eine sehr rohe Perspektive darauf, wie Menschen miteinander umgehen.

Wenn man sagt: Der erste Trainspotting war auf gewisse Art und Weise sozialkritisch, aus einer Perspektive und Erfahrung der 90er Jahre; gegen Arbeit, Versicherung, Rente und einen elenden Tod im Alter. Was würdet ihr euch dahingehend von einem zweiten Teil wünschen? Gegenwärtig kann man ja einen Gesundheitstrend unter jungen Leuten beobachten.
Keanne: Das wird sehr spannend sein. Sind sie alle klar gekommen? Sind sie in Familien, was ist aus ihnen geworden? Ich hoffe, der Film wird da keine platten Antworten geben und vielleicht uneindeutig bleiben am Ende.
Marie-Alice: Das mit dem Gesundheitstrend heutzutage ist mir auch aufgefallen. Wenn man sich die jüngeren Leute ansieht, dann sind viele von ihnen auf Yoga und vegane Ernährung fokussiert. Als wir aufgewachsen sind, war es cool, zu rauchen und sich kaputt zu machen. Jetzt ist es so, dass man so was wie der Außenseiter ist, wenn man nach etwas süchtig ist. Es ist cool, sich selbst total unter Kontrolle zu haben. Deshalb bin ich sehr neugierig wie die Generation derer reagiert, die den ersten Teil nicht auf unsere Art und Weise erlebt haben. Werden sie diese Selbstzerstörung verdammen oder cool finden?

Dieser Artikel ist vorab auf THUMP erschienen.

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