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Mall Grab, der Hype der Stunde und die hohe Schule des Crowdpleasings

Kein House-Produzent wird gerade so gehypt wie der Australier Mall Grab. Zu Recht? Wir haben eine Nacht mit ihm gefeiert.
Der Mann der Stunde: Jordon Alexander alias Mall Grab nach einem Gig 2016. Foto von Tereza Mundilova

Zwei Stunden habe sie in der Kälte vor der Tür angestanden, erzählt ein Mädchen in der Kloschlange. Ihre silberglänzende Daunenjacke kann sie nicht an der Garderobe abgeben, dort ist kein Platz mehr. Aber egal, weil: "Alles für Mall Grab!"

Die Partyreihe Luvthang hat den australischen Mittzwanziger als Headliner ins Prince Charles eingeladen, es ist sein zweiter Gig in Berlin nach der Premiere letzten Sommer im ://about blank. Der Hype um seine Person und seine Musik hat sich in der Zwischenzeit potenziert. Jordon Alexander, genannt Mall Grab, kam aus dem Nichts, als er 2015 die erste Platte veröffentlicht hat. Heute sind seine Veröffentlichungen, zum Teil vinyl only, in der Regel schnell ausverkauft. Auf melancholisch anmutende Deephouse-Tracks ließ er dreckige Peaktime-Kracher folgen, die meist einem recht einfachen Rezept mit trockener Bassdrum und eingängigen Samples von Disco-, R'n'B- oder Hiphop-Platten folgen. Einfach, aber es funktioniert.

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Allerdings muss ein guter Produzent längst kein guter DJ sein. Und so werden sicherlich einige Besucher Mall Grab an diesem Abend kritisch auf die Finger schauen und sich fragen: Ist der ganz Hype berechtigt?

Doch zunächst wärmt TRP die erwartungsvolle Menge auf. Er spielt dubbigen Techno und verschrobenen House, ganz in der Art seiner eigenen Produktionen. Mit Mall Grab hat der 28-Jährige einige Gemeinsamkeiten. Beide kommen aus relativ unbedeutenden, mittelgroßen Städten – TRP aus Heilbronn, Mall Grab aus dem australischen Newcastle – und haben es innerhalb kurzer Zeit zu internationaler Relevanz geschafft. Vehikel dafür waren vor allem Releases, die zur richtigen Zeit den richtigen Sound bieten und auf international beachteten Labels wie Lobster Theremin (TRP), Hot Haus Records (Mall Grab) und Shall Not Fade (beide) erschienen sind. Next Step: Radiosendungen und Mixe, die Promotern auf der ganzen Welt ihr Talent als DJs zugänglich machen. Und so spielen sich beide gerade Woche für Woche durch die besten Clubs Europas.

Zumindest an diesem Abend muss TRP jedoch unter der Berühmtheit des Headliners leiden: Das Publikum checkt immer öfter die Uhrzeit und sehnt ungeduldig Mall Grabs Auftritt herbei. Um 3.30 Uhr packt dieser dann endlich seine USB-Sticks aus, sortiert noch einige Platten und es geht los.

Warte nur, bis er in der Panorama Bar gespielt hat.

Während der ersten Nummern steht Mall Grab dem rammelvollen Club noch mit etwas angespannter Mine gegenüber. Doch er findet bald den richtigen Flow und dann wird auch dem letzten Skeptiker klar: Der Typ hat richtig Spaß an dem, was er tut. Und er kann es richtig gut.

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Jeder Übergang sitzt, doch es ist vor allem die Selektion, die sein dreistündiges Set herausragend machen. Es gibt den breiten Musikgeschmack des DJs wieder: Gnadenlos mixt er 90er-Jahre-Pianohouse, Acid, Disco, Breakbeat, R'n'B und spielt fleißig mit den Filtern des Mischpults, so dass keine Sekunde Monotonie aufkommt. Simple Vocals machen es sehr einfach, mitzusingen, selbst wenn man das Lied noch nie gehört hat. Super bekannte Hits wie "Everybody Dance" von Chic oder ein Edit von Sister Sledges "Lost in Music" kommen sparsam zum Einsatz, platziert zwischen aktuellen Produktionen und viel zu lange nicht mehr gehörten Klassikern wie "Don't Go" von Puzique oder "Balmes" von Ian Pooley. Natürlich dürfen auch Tracks von Mall Grab selbst und seinem Umfeld nicht fehlen. Ein Break dann und wann, und wenn der Beat wieder einsetzt, gehen alle Arme in die Luft. Es ist Crowdpleasing wie aus dem Lehrbuch, die Erwartungen werden übererfüllt.

Schon jetzt ist Mall Grab Profi. Kalkuliert wirkt sein Set jedoch nicht, dafür feiert er jede Platte selbst viel zu sehr. Am Anfang nickt er noch verhalten und konzentriert zum Beat, später springt er auf und ab und tanzt mindestens genauso energisch wie die Fans in der ersten Reihe. Der Kontakt zum Publikum ist eng im Prince Charles, denn der DJ steht nicht erhöht, sondern auf derselben Ebene wie die Tanzfläche. Das mag nicht jeder Musiker, doch Mall Grab genießt es sichtlich, der Mittelpunkt der Party zu sein. Er erwidert grinsend High-Fives und Faustchecks, stößt mit Gästen an und freut sich über gelegentliche Nachfragen zu seinen Tracks. Auf dem Höhepunkt steckt er den Kopfhörer in die Mikrofonbuchse des Mischpults, dreht die Musik etwas leiser und dankt allen für den Abend. Es kommt von Herzen.

Zwischendurch fallen Sätze im Publikum wie: "Warte nur, bis er in der Panorama Bar gespielt hat. Der wird noch ganz groß!" Und es stimmt. Mall Grab wird sicher bald ganz oben mitspielen.

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